Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
Vom Netzwerk:
schreiend. Lituma kämpfte sich zu den Musikanten durch, Don Anselmo meines Herzens, dieArme ausgebreitet, Alter, Freund, begleitet von den Leóns, erinnern Sie sich nicht mehr an mich?
    »Er sieht dich doch nicht, Vetter«, sagte José. »Sag ihm, wer du bist. Raten Sie, Don Anselmo.«
    »Was!« Die Chunga stand blitzschnell auf, und der Schaukelstuhl wackelte weiter. »Der Sargento? Hast du den mitgebracht?«
    »War nichts zu machen, Chunga«, sagte Josefino. »Er ist heut angekommen und hat stur darauf bestanden, wir haben ihn nicht gut anbinden können. Aber er weiß es schon, und es ist ihm scheißegal.«
    Lituma lag in den Armen Don Anselmos, der Jüngling und der Bulle gaben ihm Klapse auf den Rücken, alle drei redeten gleichzeitig, und man konnte sie von der Bar aus hören, aufgeregt, überrascht, gerührt. Der Affe hatte sich hinter die Tschinellen gesetzt und brachte sie zum Klingen, und José betrachtete die Arpa.
    »Sonst ruf ich die Polizei«, sagte die Chunga. »Bring ihn augenblicklich raus!«
    »Aber er ist doch völlig besoffen, Chunga, kann sich nur mit Müh und Not aufrecht halten, siehst du das nicht?« sagte Josefino. »Wir kümmern uns schon um ihn. Es gibt keinen Ärger, Ehrenwort.«
    »Ihr seid mein Unglück«, sagte die Chunga. »Vor allem du, Josefino. Aber das vom letztenmal wird sich nicht wiederholen, ich schwör, ich ruf die Polizei.«
    »Es passiert nichts, Chunguita«, sagte Josefino. »Ehrenwort. Ist die Selvática oben?«
    »Wo soll sie sonst sein?« sagte die Chunga. »Aber wenn’s Ärger gibt, mach ich dich zur Sau, das schwör ich dir.«

II
    »Hier fühl ich mich wohl, Don Adrián«, sagte der Sargento.
    »So sind die Nächte in meiner Heimat. Lau und ganz hell.«
    »Es gibt eben nichts Schöneres als die Montana«, sagte Nieves. »Paredes war voriges Jahr in der Sierra und ist zurückgekommen und hat gesagt, es sei traurig dort, kein einziger Baum, nur Steine und Wolken.«
    Der Mond stand sehr hoch und beleuchtete die Terrasse, und am Himmel auf dem Fluß glitzerten viele Sterne; hinter dem Urwald, einem Damm aus Schatten, waren die Vorgebirge der Kordillere veilchenblaue Massen. Zwischen den Binsen und Farnen am Fuß der Cabaña plätscherten die Frösche, und aus dem Innern war die Stimme Lalitas zu hören, das Knistern aus dem Herd. Von den Äckern her drang das wütende Bellen der Hunde: sie rauften um die Ratten, Sargento, wenn er sehen könnte, wie sie die jagten. Legten sich unter die Bananenstauden und taten, als schliefen sie, und sobald sich ihnen eine näherte, bum, ging’s ihr an den Kragen. Der Lotse hatte es ihnen beigebracht.
    »In Cajamarca essen die Leute Cuyes«, sagte derSargento. »Setzen sie einem mitsamt den Klauen, Äuglein und dem Schnurrbart vor. Sie sind ganz genau wie die Ratten.«
    »Einmal haben Lalita und ich eine sehr lange Reise durch den Urwald gemacht«, sagte Nieves. »Da haben wir Ratten essen müssen. Das Fleisch riecht schlecht, aber es ist ganz weich und weiß wie das von einem Fisch. Aquilino hat eine Magenvergiftung bekommen, wär uns beinahe gestorben.«
    »Mit Aquilino meinen Sie den Ältesten?« sagte der Sargento. »Den mit den Augen wie ein Chinese?«
    »Genau den, Sargento«, sagte Nieves. »Und gibt’s in Ihrer Heimat viele typische Gerichte?«
    Der Sargento legte den Kopf zurück, ah, Don Adrián, einige Sekunden verharrte er verzückt, wenn er in so eine Garküche der Mangaches gehen und ein Seco de chabelo kosten könnte. Er würde vergehen vor Entzücken, Ehrenwort, auf der ganzen Welt gab’s nichts, was so gut schmeckte, und der Lotse Nieves nickte: es gab nichts Schöneres als die Heimat. Hatte der Sargento nicht mitunter Lust, nach Piura zurückzukehren? Doch, jeden Tag, aber wenn man arm war, konnte man eben nicht tun, wozu man Lust hatte, Don Adrián: und er war hier geboren, in Santa María de Nieva?
    »Weiter unten«, sagte der Lotse. »Der Marañón ist dort sehr breit, und bei Nebel kann man das andere Ufer nicht sehen. Aber jetzt hab ich mich längst in Nieva eingewöhnt.«
    »Das Essen ist fertig«, sagte Lalita vom Fenster her. Ihre losen Haare fielen wie ein Wasserfall auf die Fensterbank und ihre robusten Arme schienen feucht zu sein. »Wollen Sie da draußen essen, Sargento?«
    »Wenn’s keine Mühe ist«, sagte der Sargento. »Hier bei Ihnen fühl ich mich so wohl wie in meiner Heimat, Señora. Nur daß unser Fluß viel kleiner ist und nicht einmal das ganze Jahr über Wasser führt. Und an Stelle von

Weitere Kostenlose Bücher