das gutenberg-komplott
ist er momentan.«
Bologna nickte. »Einer von euch soll sich dem Baumeister an die Fersen heften. Ich will alles wissen: Was er macht, w o hin er geht, mit wem er sich trifft! Du kümmerst dich weiter um den Richter. Wechselt euch ab, damit er keinen Verdacht schöpft.«
»In Ordnung!«
»Und jetzt verschwinde!« Bologna warf ihm ein Geldstück zu, und der Mann mit den schmutzigen Schuhen fing es g e schickt auf, ehe er kehrt machte und mit unbeholfenen Schritten das Zimmer verließ. Kopfschüttelnd betrachtete Bologna den verdreckten Kachelboden.
Er war Anfang vierzig, und manchmal warf er sich vor, im Leben nichts erreicht zu haben. Geboren in einem kleinen Ort in den Abruzzen, hatte er beide Eltern verloren, als er noch ein Kind war. Sein Onkel brachte ihn bei den Franziskanern unter. Er erhielt eine solide Ausbildung und wechselte mit sechzehn in ein großes Kloster nach Bologna. Aus dieser Zeit stammte sein Name, denn er hatte als Mönch eine neue Identität angeno m men. Er studierte die Septem Artes Liberales, die sieben freien Künste, danach Theologie und Jura. Seine schnelle Auffa s sungsgabe brachte ihn rasch voran, und sein Talent blieb den Ordensoberen nicht verborgen.
Bald wurde Rom auf ihn aufmerksam, man beorderte ihn zur Kurie. Bologna machte sich einen Namen als Mann, den man mit Sonderaufgaben betrauen konnte. Theologisch und kirche n rechtlich versiert, konnte er geschickt verhandeln und war zäh und ausdauernd. Auch sagte man ihm nach, dass er in der Wahl seiner Mittel nicht zimperlich sei und dass er schweigen könne.
Bologna dachte an die Ermordung Kardinal Martinis und an das Risiko, das er eingegangen war. So viel hätte dabei schief gehen und ihm das Genick brechen können! Er dachte an die schlaflosen Nächte und die Suche nach dem perfekten Plan, bis er einsah, dass es den perfekten Plan nicht gibt, weil alles von dem Mann abhängt, der den Mord ausführt. Es war eine Gra t wanderung gewesen, den Richtigen zu finden, sich umzuhören, ohne an den Falschen zu geraten, Gespräche zu führen, immer in der Angst, jemand könne es publik machen! So war er an S e bastiano geraten, einen jungen Familienvater. Er dachte an das konkrete Planen der Tat, immer überschattet von Zweifeln, und an den entscheidenden Tag, das bange Warten, die Angst d a nach, es könne doch noch alles ans Tageslicht kommen.
Und schließlich erinnerte er sich, wie er im Beichtstuhl saß und Kardinal Angelini – für dessen Gunst er alles riskiert hatte – ihn quälte, wie ihm der Schweiß übers Gesicht lief und sein Beichtvater die Situation auskostete, wahrscheinlich nur, um ihm eine Lektion zu erteilen darin, bei wem die Macht lag.
Dann die beschwerliche und gefahrvolle Reise über die A l pen und den Rhein entlang, bis er schließlich Mainz erreichte. Er war bereits zuvor mehrmals im Ausland gewesen, meistens in Deutschland; jedes Mal hatte er sich bewährt. Aber noch immer verweigerte man ihm ein Amt, das mit einer einträgl i chen Pfründe dotiert war.
In Mainz hielt er sich nicht zum ersten Mal auf und wohnte wie üblich im Franziskanerkloster. Er hatte es vermieden, den Abt in seine Mission einzuweihen. Dem Mainzer Kurfürsten hatte er einen kurzen Höflichkeitsbesuch abgestattet. Das Ve r hältnis der deutschen Bischöfe zu Rom war alles andere als herzlich.
Bologna beendete den Brief, an dem er gerade gearbeitet ha t te. Er berichtete Angelini über den aktuellen Stand der Dinge, deutete Schwierigkeiten an, ohne den Mord an Klara Roth zu e r wähnen und warb um Geduld und Vertrauen. Er versiegelte den Brief und adressierte ihn an den Kardinal. Der Papst war über die Hintergründe der Mission nicht informiert.
Bologna trat ans Fenster und schaute in den Klosterhof. Der Garten lag brach, und eine Gruppe junger Männer in Orden s tracht lief auf die Küche zu. Er beschloss, seinen wichtigsten Mitarbeiter aufzusuchen, bevor es dunkel wurde. Es gab keinen Grund, diesen Kontakt geheim zu halten.
Bologna verließ das Klostergelände und ging Richtung Rhein. Hinter dem Franziskanerkloster bog er nach links, vo r bei an St. Quintin und an der Synogoge, bei der drei gelb g e kleidete Juden mit spitzen Hüten im Gespräch standen. In di e sem Stadtteil fand man vorwiegend kleine Läden und Han d werksbetriebe. Trotz des miserablen Wetters waren die engen Gassen belebt, und mehrmals musste er Ochsen- und Pferdeka r ren ausweichen, die Waren transportierten. Die wenigen Stu n den, an denen dämmriges Licht
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