das gutenberg-komplott
eine Sache der Ehre ist.«
Sie lachte. »Ehre?! Hab ich richtig gehört? Eine Sache der Ehre? Das ist mal ganz was Neues.«
Thomas fragte sich, ob sie nicht Recht hatte. Im Grunde w a ren es egoistische Motive, die ihn antrieben. Es ging ihm nicht um Ehre. Es ging um Rache!
»Ob Ehre oder nicht«, sagte er, »ich lasse das nicht auf mir sitzen.«
»Klingt schon ehrlicher.«
»Man hat mir übel mitgespielt. Und einer von Gutenbergs Leuten ist in die Sache verwickelt.«
»Woher wisst Ihr das?«
»Er hat das Geheimnis der Erfindung verraten. Ich habe Au f zeichnungen darüber gesehen.«
»Das glaube ich nicht.«
»Frag Gutenberg!«
»Ich weiß nichts. Ich kann Euch nicht helfen.«
»Aber vielleicht hast du einen Verdacht, eine Vermutung …«
Sie schüttelte den Kopf. »Darauf lasse ich mich nicht ein.«
»Wie heißt der Mann noch gleich, der die Presse bedient?«
»Hermann. Hermann Baum.«
»Wohnt er hier im Haus?«
»Nein, er wohnt zur Miete.«
»Wo?«
»Wenn Ihr die Gasse runtergeht und dann nach links, da kommt ein Haus mit einem Turm, oben schaut ein Aufzug raus für schwere Lasten, da wohnt er. Hat eine kleine Kammer g e mietet. Dabei haben die genug Geld. Er wohnt nämlich bei e i ner Kaufmannsfamilie. Manche kriegen nie genug.«
Im Treppenhaus knarrten Stufen. Gutenberg kam zur Tür herein, die Haare wirr und das Gesicht verquollen. Das Hemd hing ihm aus der Hose, und eine Strickjacke aus blauer Wolle trug er mit den Nähten nach außen. Er stutzte, als er Thomas sah, grüßte und setzte sich an den Tisch, der mehr als zehn Le u ten Platz bot.
»Ihr habt schon Freundschaft geschlossen?«, brummte er missmutig.
»Ich horche sie ein wenig aus«, sagte Thomas.
»Über Hermann«, ergänzte Maria.
»Ich würde nämlich gern mal mit ihm reden.«
»Warum ausgerechnet mit Hermann?«, fragte Gutenberg.
»Weiß selbst nicht. Ist nur so eine Idee.«
»Kein sehr überzeugender Grund. Er ist mein wichtigster Mann.«
Thomas konnte Gutenbergs Konflikt nachvollziehen. Er musste daran interessiert sein, den Verräter zu finden, andere r seits stand er zeitlich dermaßen unter Druck, dass er den A r beitsprozess nicht unterbrechen wollte. Und den Ausfall eines wichtigen Mitarbeiters konnte er kaum verkraften.
»Nur ein paar harmlose Fragen.«
»Na gut«, sagte Gutenberg, »später …«
33.
W
as soll ich hier?«, fragte Hermann Baum. »Warum so offiziell? Können wir uns nicht in der Werkstatt unte r halten?«
Sie standen zu dritt im Gesellschaftszimmer. Es war Vormi t tag, und draußen fiel Schnee.
»Wir möchten dir ein paar Fragen stellen«, sagte Gutenberg.
»Dann beeilt euch. Als hätten wir keine Arbeit. Sonst hetzt du immer.«
»Es dauert nicht lange«, sagte Thomas.
»Um was geht’s?«
»Ich möchte mit Euch über Euer Leben außerhalb der Wer k statt sprechen.«
»Was geht Euch das an?« Hermann Baum trug einen A r beitskittel, dessen ehemals blaue Farbe sich nur erahnen ließ vor lauter Dreck, Öl und Druckerschwärze. Eine Kappe hing ihm schräg auf den glatten, schwarzen Haaren, bedeckte die halbe Stirn und das rechte Ohr. Auch seine breiten Finger star r ten vor Schmutz, der sich unter den Nägeln sammelte. Die Handrücken bildeten muskulöse Hügel. Aus einem dun k len Gesicht leuchteten blau die Augen hervor. Seitlich der klob i gen Nase zogen sich tiefe Linien zu den Mundwinkeln und von dort zum trotzigen Kinn. Er war gut einen Kopf gr ö ßer als Thomas, der ihn auf Ende vierzig oder Anfang fün f zig schät z te.
»Mach keinen Arger«, sagte Gutenberg.
»Was geht ihn mein Privatleben an? – Davon abgesehen, dass ich keins habe, wie du sehr wohl weißt!«
»Wir befragen jeden, und du bist der Erste.«
»Sucht der Kerl immer noch den Mörder?«, fragte Hermann Baum, ohne Thomas anzuschauen. »Denkt er vielleicht, wir h a ben was mit der Sache zu tun? Und warum machst du das Spiel mit, Johannes? Ich verstehe das nicht!«
»Wo habt Ihr die Nacht verbracht, als Klara Roth ermordet wurde?«, fragte Thomas, während er mit dem rechten Fuß auf den Boden klopfte.
Baums Gesicht lief rot an. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen. »Das ist ein schlechter Witz.«
»Einer von uns ist ein Verräter!«, sagte Gutenberg. »Und j e der wird befragt.«
»Ich höre wohl schlecht?!« Er legte seine Hand ans rechte Ohr und bog es nach vorn.
»Es gibt Beweise. Ich bin davon überzeugt, dass du mit der Sache nichts zu tun hast …«
»Warum bin ich dann hier? Warum verhört ihr
Weitere Kostenlose Bücher