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Das Habitat: Roman (German Edition)

Das Habitat: Roman (German Edition)

Titel: Das Habitat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Luzius
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schien dieses Verhalten zu erheitern. Die Andeutung eines Lächelns umspielte seine Züge.
    „Du hast dich bei den Barmherzigen Schwestern ja bereits gut eingeführt.“, setzte er gedehnt an.
    Ich wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte. Doch er schien keinerlei Stellungnahme zu erwarten. Er lächelte mir zu, als er fortfuhr:
    „Nun, ich war schließlich auch einmal in deinem Alter. Ich weiß also durchaus, was es heißt, jung und heißspornig zu sein.“
    Ich war irritiert. Wollte er etwa über den Vorfall im Speisesaal mit mir sprechen? Hatte er mich deshalb zu sich kommen lassen? Das konnte ich mir nun beim besten Willen nicht vorstellen. Wahrscheinlich sollte diese Verständnis vorgebende Bemerkung nur dazu dienen, dass ich ihm gegenüber aufgeschlossener würde. Seine nächsten Worte bestätigten dies.
    „Pater O’Malley macht sich große Sorgen um dich.“
    Nun klang sein Ton schon weitaus weniger verbrüdernd.
    „Er hat sogar eigens berittene Boten ausgesandt, nach dir zu suchen. Selbst hierher sandte er einen.“
    Auch hierauf gab ich keine Antwort.
    „Wir alle haben uns um dich gesorgt, Liam, weißt du...“
    Väterlich ruhte sein Blick auf mir. „Aber letztendlich hat dich die göttliche Vorsehnung ja doch zurückgeführt, in den Schoss der Kirche. Als du und die anderen beiden verirrten Schäfchen bei den Schwestern angekommen wart, haben wir Dankgebete gesprochen. Wir waren glücklich, dich wohlbehalten wieder zu haben.“
    Die anderen Beiden? Er musste Ryan und Allen meinen. Aber wir waren zu viert gewesen. Was war mit Eileen. Sie war auch nicht im Speisesaal aufgetaucht.
    „Es waren drei Freunde bei mir.“, sagte ich leise. „Da war auch noch ein Mädchen. Eileen...“
    Sein Blick wurde verschlossen. Hart und fest war seine Stimme, als er sagte:
    „Ah ja. Das verwachsene Mädchen...“
    Ich zuckte unwillkürlich. Verwachsen? Eileen war also eine Mutantin. Eigentlich hatte ich es ahnen müssen.
    Der Blick des Bischofs, dem meine Reaktion nicht entgangen war, hellte sich auf.
    „Das wusstest du nicht? Nun, das ehrt dich. Ihre Verwachsungen sind auch auf den ersten Blick nicht zu erkennen. Unter ihrer Kleidung aber ist sie abscheulich entstellt. Ich bin erleichtert, zu erfahren, dass du ihr offenbar nicht so nahe gekommen bist. Du weißt, die Regeln der Unverderbten Wahrheit...“, setzte er belehrend an. Ich aber fuhr mit unsicherer Stimme dazwischen:
    „Was ist mit ihr? Wo wurde sie hingebracht?“
    Wieder verschloss sich die Miene des Mannes.
    „Dein Mitgefühl in allen Ehren, Liam, aber du brauchst dir um sie wirklich keine Sorgen zu machen. Es geht ihr gut. Sie ist jetzt wieder zu hause.“
    Zu hause... was meinte er damit? Sein Blick aber zeigte deutlich, dass er das Thema als beendet betrachtete. Mir war klar, dass ich keine weiteren Informationen mehr über Eileen aus ihm herausbekommen würde.
    „Aber wo sind eigentlich meine Manieren geblieben!“, erhob er plötzlich die Stimme. Er setzte ein entschuldigendes Lächeln auf. „Nimm doch zunächst erst einmal Platz. Im Sitzen plaudert es sich doch viel angenehmer.“
    Ich tat wie mir geheißen und nahm auf einem der stoffbezogenen Stühle Platz. Kurz darauf erschien auch schon der Sekretär wieder. Er brachte ein Tablett mit heißer, honiggesüßter Milch, sowie einen Teller mit Keksen. Beides stellte er vor mir ab, bevor er ebenso wortlos wieder verschwand, wie er gekommen war.
    Als ich keine Anstallten machte, von dem Dargebotenem zu nehmen, sagte der Bischof:
    „Greif zu, Liam! Ich verspreche dir, weder Milch noch Gebäck sind vergiftet.“
    Er lachte kurz vergnügt auf, über seinen vermeintlich gelungenen Scherz. Ich rang mir ein Lächeln ab und führte schließlich den Becher mit dem heißen Getränk an die Lippen.
    „Ich weiß warum du fortgelaufen bist.“, sagte er in sanftem Ton..
    Ich schrak unwillkürlich innerlich zusammen, versuchte jedoch, mir nichts anmerken zu lassen. Mein Verstand arbeitete fieberhaft. Wusste er etwa, was ich über ihn wusste – über ihn und seine Pläne, mich nach Galway in die Klosterschule zu bringen? Wusste er, dass ich sein Gespräch mit Pater O’Malley in jener Nacht belauscht hatte?  Aber was sollte dann das Theater mit dem angeblichen Boten? Bereits beim Hereinkommen, als ich an den großen Schreibtisch herangetreten war, hatte ich mich unauffällig nach einem Gegenstück zu dem seltsamen Buch umgesehen, das der Pater in dem Keller unter der Kapelle verwandt hatte, um mit dem

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