Das Habitat: Roman (German Edition)
weiterer Versuch des Bischofs, mich auszuhorchen. Vermutete dieser doch ganz offenbar, dass ich etwas über den Aufenthaltsort meines Vaters wusste. Womöglich hatte er den Pater zu mir geschickt, der mir nun eine geschickte Falle stellte. Ich beschloss, auf der Hut zu sein.
„Er hatte den Auftrag, nach dir zu suchen.“, fuhr Pater Finn indes unbeirrt fort. „Er und noch weitere Vertraute.“
„Er wurde beauftragt, mich zu suchen?“, fragte ich leise. „Aber von wem?“
„Kannst du dir das nicht denken?“
„Von... von meinem Vater...“, stotterte ich fragend. Eine wilde Hoffnung bemächtigte sich plötzlich meiner, gepaart mit der gleichzeitigen Angst vor Enttäuschung.
Er nickte.
„Sie wissen wo er sich aufhält?“
Er schüttelte den Kopf.
„Nur wenige wissen dies. Manche Geheimnisse werden nur mit so vielen Leuten geteilt, wie unbedingt erforderlich.“
„Und Marten? Marten weiß es?“, drängte ich auf ihn ein.
Er lächelte.
„Er wird dich zu ihm bringen.“
Mein Herz schlug wild. Dennoch beschloss ich, mich zusammen zu nehmen. Es konnte noch immer eine Falle sein.
„Sie sagten, noch weitere hätten nach mir gesucht. Wen meinten sie damit?“
Er sah mich einen Augenblick überrascht an. Dann sagte er:
„Du weißt nur sehr wenig über deinen Vater? Und über uns?“
„Wer ist uns?“; fragte ich verwirrt.
„Die Gemeinschaft“, erwiderte er. „Die Gemeinschaft der Suchenden.“
Als er jedoch kein Begreifen in meinem Gesicht erkennen konnte, sagte er weiter:
“Dein Vater gehört einer verschwiegenen Gemeinschaft an, einer Gemeinschaft die hinter den Schleier der Unverderbten Wahrheit blickt. Nun, es zumindest versucht. Die Lügen der Kirche...“
Mir wurde schwindlig. Diese Worte, aus dem Munde eines Priesters zu hören, war für meine damaligen Begriffe einfach unvorstellbar.
„Diese Lügen versuchen wir aufzudecken, und den Schleier zu zerreißen. Auf dass die Wahrheit ans Tageslicht komme!“
„Die Wahrheit“, fragte ich. „Was ist die Wahrheit?“ Ein Gedanke kam mir in den Sinn. „Die Wahrheit über die Anderen?“
Seine Blicke durchbohrten mich förmlich.
„Was weißt du über die Anderen?“ Seine Stimme war schneidend und so durchdringend, wie der Ausdruck in seinen Augen.
„So gut wie nichts...“, stammelte ich. „Ich habe sie gesehen... Männer in seltsamen Anzügen und weißen Lichtern. In der Nacht als meine Mutter starb. In der Nacht des Feuers...“
„Ist das alles?“ Er drang intensiv auf mich ein. „Was weißt du noch?“
„Nichts.“, sagte ich mit belegter Stimme und hoffte, dass es einigermaßen glaubhaft klang.
Etwas riet mir, nicht alles preiszugeben, was ich wusste.
Noch immer durchbohrten mich seine Augen.
„Das Wissen über die Anderen ist gefährliches Wissen. Es ist Wissen, dass du eigentlich gar nicht haben solltest. Also behalte das was du weißt – oder zu wissen glaubst – für dich, hörst du. Am besten du vergisst es ganz.“
Sein Blick wurde etwas milder, als er schließlich energisch mit dem Kopf schüttelte.
„Es liegt nicht an mir, dich in diese Geheimnisse einzuweihen. Zu gegebener Zeit wird entschieden werden, was dir mir geteilt werden soll.“ Er sah mich durchdringend an. „Und was nicht!“
„Aber mein Vater kennt die Wahrheit?“, bohrte ich mit brüchiger Stimme nach.
Er wischte meine Frage mit einer Handbewegung beiseite. Ich aber ließ nicht locker.
„Deshalb ist der Bischof so begierig darauf, ihn in die Finger zu bekommen. Er will wissen, was mein Vater weiß. Was immer das auch sein mag.“
„Liam“, sagte Pater Finn scharf. „Ich bin nicht gekommen, mit dir über deinen Vater zu sprechen.“
„Aber Sie wissen, wo er ist.“
Er zögerte einen Moment, dann sagte er:
„Er ist bei einem Mann namens Douglas. Mehr darf ich dir nicht sagen.“
Douglas! Der Bischof hatte mich nach einem Mann dieses Namens gefragt.
„Dieser Douglas, ist das der Anführer dieser Gemeinschaft der Suchenden?“
„Er ist zumindest ein wichtiger Mann.“, antwortete er ausweichend. „Ich selbst bin ihm nie begegnet. Nur wenige wissen, wo er sich aufhält und wer er ist.“
„Sie und mein Vater – und auch Marten – sind seine Gefolgsleute?“
Pater Finn war offenbar nicht gewillt, weitere seiner Geheimnisse preis zu geben – so er denn Überhaupt in deren Besitz war.
Ich funkelte ihn herausfordernd an. Er aber ließ sich nicht irritieren.
„Wie ich bereits sagte, ist es nicht an mir, dich
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