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Das Habitat: Roman (German Edition)

Das Habitat: Roman (German Edition)

Titel: Das Habitat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Luzius
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zuvor noch das zufriedene Grinsen eines Siegers zur Schau getragen hatte, starrte betrübt auf seinen Teller, nachdem ich berichtet hatte, was ich über Eileen erfahren hatte. Allens Gesicht war ausdruckslos wie zuvor. Mit keiner Regung ließ er erkennen, ob die Nachricht ihn überrascht hatte. Wie erwartet, reagierte er abweisend auf meine Fragen nach ihrer Vergangenheit:
    „Was geht’s dich an, Liam!“, sagte er kalt. Sein Blick barg alle Verachtung und alles Misstrauen in sich, die er bereits immer für mich gehabt hatte.
    „Du gehörst nicht wirklich zu uns! Und überhaupt, was hast du mit dem Bischof zu schaffen? Sollst du uns etwa ausspionieren! Von mir jedenfalls erfährst du nichts!“ Er sah mich durchdringend an. „Ja, es würde mich gar nicht einmal wundern, wenn du mit dem Bischof ein Abkommen getroffen hättest. Du lieferst Jamerson aus, und dafür darfst du wieder zurück in dein Dorf!“
    Dass dies nun wirklich der letzte Ort war, an den ich zu gelangen trachtete – ausgenommen die Klosterschule von Galway vielleicht –, das konnte er nicht ahnen.
    Ryan machte ein paar Versuche, zwischen uns zu vermitteln, doch Allen ging nicht darauf ein. Auch ich verschanzte mich mehr und mehr hinter meinem Trotz. Sollte er doch glauben was er wollte! Ich hatte allmählich wirklich genug von ihm. Er hatte mich nie gemocht – und ich ihn ebenso wenig.
    Schweigsam beendeten wir unser Mahl.
     
     
    Als ich wieder auf mein Zimmer geführt wurde, erwartete mich dort eine Überraschung.
    Pater Finn saß auf dem einzigen Stuhl und schien vertieft in den Katechismus, der auf dem Tisch lag. Als ich eintrat sah er hoch. Ein kurzes Nicken gab dem Sorger zu verstehen, dass er mit mir alleine zu sein wünschte. Missmutig schloss dieser die Tür von außen. Nicht jedoch, ohne mir noch einen grimmigen Blick zuzuwerfen. Pater Finn klappte den Band zu.
    „Dieses Buch ist wahrlich ein Quell der Erleuchtung“, sagte er gedehnt.
    Ich erwiderte nichts. Doch für einen kurzen Moment war es mir vorgekommen, als schwänge etwas in der Stimme des Paters mit, das so gar nicht zum ehrfurchtgebietenden Ton passte, in dem sonst alles, was mit den Unverderbten Wahrheiten in Zusammenhang stand, regelrecht zelebriert wurde.
    „Du stehst kurz vor deiner Freisprechung.“ Es war mehr eine Feststellung, denn eine Frage.
    „Es ist jedoch geplant, dich für wenigstens ein weiteres Jahr im Stande der Unwissenheit zu halten...“
    Ich stutzte. Natürlich hatte ich das gewusst. Ich hatte jedoch nicht damit gerechnet, dass ausgerechnet ein Handlanger und Vertrauter des Bischofs mir dies derart freimütig erklären würde.
    Ich tat überrascht. Allerdings glaubte ich zu erkennen, dass er sich dadurch nicht täuschen ließ. Er beobachtete genau meine Reaktion. Alle Naivität und Unsicherheit, die er zuvor so gerne zur Schau getragen hatte, hatte er mit einem Mal abgelegt, wie einen Mantel, den er nun achtlos zur Seite warf.
    „Du wusstest das bereits.“
    „Ich...“, setzte ich an.
    Er jedoch winkte nur ab.
    „Natürlich wusstest du es.“, sagte er sinnierend. „Ja, nun ergibt das alles Sinn. Dein Verschwinden aus Ballynakill. Dein Versteckt halten...“ Er sah mich neugierig an. „Wo hieltest du dich eigentlich verborgen?“
    Ich sah ihm nur stumm entgegen. Er aber schien sich nichts draus zu machen.
    „Es spielt keine Rolle, Liam. Ich war nur neugierig.“, sagte er mit der Andeutung eines Kopfschüttelns. „Es wäre für uns nur leichter gewesen, dich zu finden. Weißt du, dass wir nach dir gesucht haben?“ Sein Ton klang nun leicht vorwurfsvoll.
    „Ich wollte der Kirche keine Schwierigkeiten machen.“, versuchte ich den Reumütigen zu spielen. „Wenn ich den Bischof und Pater O’Malley Sorgen bereitet habe, so...“
    Weiter jedoch kam ich nicht. Ein amüsierter Blick umspielte seine Augenwinkel.
    „Ich spreche nicht von seiner Exzellenz. Und auch nicht von einem unbedeutendem Pfarrer einer kleinen Gemeinde.“ Eine lange Pause entstand, ehe er in leisem Ton hinzufügte: “Ich spreche vom Puppenspieler.“
    Mir klappte regelrecht die Kinnlade nach unten.
    „Marten.“, kam es halblaut aus meinem Mund, noch bevor ich meiner Überraschung Herr geworden war. Ich verwünschte mich und presste die Lippen fest aufeinander. Was wusste der Priester? War er etwa wirklich im Auftrag Martens hier? Dann hatte der Puppenspieler mich also erkannt, als wir im Regen aneinander vorbeigefahren waren.
    Vielleicht aber war es auch nur ein

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