Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Habitat: Roman (German Edition)

Das Habitat: Roman (German Edition)

Titel: Das Habitat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Luzius
Vom Netzwerk:
aufzuklären. Ich bin gekommen, um dich hier herauszuholen. Das ist mein Auftrag.“
    „Sie bringen mich hier weg?“, fragte ich halb vorsichtig, halb hoffnungsvoll.
    „Ich werde dich zu dem Puppenspieler bringen.“
    „Zu Marten? Jetzt gleich?“
    Er machte eine beschwichtigende Geste.
    „Ganz so einfach ist das natürlich nicht. Aber wir haben einen Plan.“
    Ich lauschte aufmerksam jedem seiner Worte, als er mir sein Vorhaben schilderte.
    Der Plan sah vor, dass ich mich am Abend des folgenden Tages bei den Schwestern melden sollte. Ich sollte ihnen sagen, ich wäre in mich gegangen und sähe nun ein, dass ich seiner Exzellenz den Bischof nichts verheimlichen dürfe. Ich solle sagen, ich hätte einen womöglich wichtigen Hinweis, der helfen könne, meinen Vater zu finden. Ich würde mein Wissen allerdings nur dem Bischof persönlich vortragen.
    Pater Finn hatte bereits vorgebaut. Mit der Begründung, mir eindringlich ins Gewissen zu reden, hatte er bei seiner Exzellenz die Erlaubnis erwirkt, mich heute aufzusuchen. Die Schwestern und auch die Sorger würden Anweisung erhalten, unverzüglich im Ordinariat Meldung zu machen, falls ich dem Bischof etwas mitzuteilen hätte.
    Pater Finn selbst würde mich dann abholen kommen. Auf jeden Fall aber sollte ich warten, bis nach Einbruch der Dunkelheit. Zwar hatte ich keine Uhr – woher auch – doch vom Turm der Kathedrale her, konnte ich das Leuten jeder vollen Stunde vernehmen. Wir legten das Schlagen der elften Stunde fest.
    Pater Finn würde die Begleitung eines Sorgers ablehnen. Schließlich wollte er den reuigen Jungen Vertrauen einflößen. Zudem nähmen wir den Weg durch den Park, direkt durch die kleine Tür in der Mauer.
    Dort aber würde Marten uns bereits erwarten. Ein kleines Seitentor des Parks war unverschlossen, dafür hatte der Pater gesorgt. Marten würde den Priester fesseln und knebeln. Alsdann würden wir wohl höchstens eine viertel Stunde haben, so rechnete der Pater, bis man im Ordinariat nervös zu werden begann und nach uns schicken würde. Der Puppenspieler aber würde mit mir dann längst in den Straßen und Gassen der Stadt verschwunden sein.
    Der Plan war einfach und erfolgversprechend. Natürlich würde man sich im Ordinariat fragen, wie Mitglieder der Gemeinschaft hatten erfahren können, dass ich zu besagter Stunde beabsichtigen würde, den Bischof zu sprechen. Doch würde man vermutlich eher einen der Sorger der Schützenden Hand in Verdacht haben.
    Ich war sofort Feuer und Flamme für den Plan. Ich wollte zu meinem Vater. Ich wollte hier raus. Ich wusste, ich würde den folgenden Tag kaum abwarten können. Dann jedoch durchfuhr mich ein Gedanke.
    „Was ist mit Ryan?“, fragte ich. „Und mit Allen!“
    Pater Finn sah mich irritiert an.
    „Die beiden mit denen ich hier angekommen bin. Was ist mit ihnen? Sollen sie hier zurückbleiben?“
    „Wir können nichts für sie tun!“, sagte der Priester energisch. „Liam, es ist schon schwierig genug, dich hier herauszubekommen. Die beiden Jungen sind hier wohlbehütet.“
    Ich wusste selbst nicht, was plötzlich über mich gekommen war. Ja, Ryan war mein Freund. Ich wollte ihm helfen. Allen hingegen hatte mich nie ausstehen können. Dennoch wollte ich nicht so einfach verschwinden und ihn hier zurücklassen. Es ärgerte mich, dass offenbar weder der Pater noch der Puppenspieler auch nur einen Gedanken daran verschwendet hatten, dass ich schließlich nicht alleine gewesen war.
    „Wir werden sie mitnehmen!“, sagte ich bestimmt. Woher ich mit einem Mal die Sicherheit nahm, mich dem Priester gegenüber derart aufzulehnen, wusste ich nicht. Wahrscheinlich war es hauptsächlich die Wut über dessen Unbekümmertheit gegenüber meinen Freunden.
    „Liam“, sagte er scharf. „Liam, das geht nicht. Auf gar keinen Fall. Hörst du!“
    Ich aber stellte mich stur.
    „Ohne die beiden gehe ich nicht von hier fort!“
    Irgendetwas in meiner Stimme musste ihn davon überzeugt haben, dass ich wirklich ernst meinte, was ich sagte.
    Er maß mich eindringlich, mit eisigem Blick. Lange Sekunden des Schweigens. Schließlich nickte er kaum merklich mit dem Kopf.
    „Gut. Wir werden sie mitnehmen.“
    Ich sah ihm misstrauisch entgegen.
    „Du hast mein Wort, Liam.“ Dann fasste er mich hart an den Oberarmen, sodass es schmerzte.
    „Aber wir werden uns ihretwegen keiner Gefahr aussetzen. Sollte irgendetwas schief gehen, so geben wir die beiden auf, bevor wir die Gefolgsleute des Bischofs auf die Spur der

Weitere Kostenlose Bücher