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Das Habitat: Roman (German Edition)

Das Habitat: Roman (German Edition)

Titel: Das Habitat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Luzius
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der Kirche verborgen hielt, und das mich wiederum davon abhielt, Erlösung und innere Ruhe zu finden. Welcherart dieses Wissen sein sollte, wusste sie nicht. Es schien sie auch nicht wirklich zu interessieren. Sie war einzig besorgt um mein Seelenheil. Und das nahm ich ihr sogar ab. Sie war eine gütige Frau, die einzig ihrem Glauben verpflichtet war. Von den Machenschaften des Bischofs – und anderer kirchlicher Würdenträger – ahnte sie nichts.
    Ich dachte an meinen Besuch im bischöflichen Amtszimmer. Nichts hatte auch nur im entferntesten auf eines jener Geräte hingedeutet, mit denen er einst mit Pater O’Malley, über so viele Meilen Entfernung hinweg, gesprochen hatte. Und auch ansonsten war mir im Ordinariat nichts ungewöhnliches aufgefallen. Ganz offenbar schienen nur sehr wenige Angehörige der Kirche der Unverderbten Wahrheit wirklich zu wissen, was hinter den verschlossenen Türen einiger ihrer Vertreter geschah. Die meisten – wahrscheinlich sogar die überwiegende Mehrheit, wie ich annahm – waren aufrechte Diener der Kirche, die tief in ihrem Glauben verwurzelt waren, ehrlich darum bemüht, ein gottgefälliges Leben zu führen. So wie Schwester Agatha. Ich warf ihr ein verhaltenes Lächeln hinterher, als sie mich verließ. Sie erwiderte es mit sanftem Blick. Für einen Moment empfand ich sogar Reue, dass ich sie noch am selben Abend derart täuschen – und enttäuschen – musste. Doch dann dachte ich wieder an meine tote Mutter und an meinen gejagten Vater – von der Kirche gejagt – und meine Reue verflog.
    Die Zeit schien still zu stehen, als ich völlig angezogen auf meinem Bett lag und durch die Dunkelheit zur Decke starrte. Es schlug zur neunten Stunde, zur zehnten... Dann endlich war es soweit. Ich erhob mich und trat an die Tür. Ich klopfte, um mich dem Sorger bemerkbar zu machen, der an diesem Abend Nachtwache hielt. Als niemand reagierte, fing ich an, mit den Fäusten dagegen zu schlagen. Endlich näherten sich draußen Schritte. Ein Schlüssel drehte sich im Schloss und das mürrische Gesicht des Sorgers sah zu mir herein.
    „Ich möchte Schwester Agatha sprechen.“, sagte ich unsicher. Als der Mann aber keinerlei Anstalten machen wollte, meinem Wunsch nachzukommen, sagte ich fest:
    „Gehen sie zu ihr. Sagen sie ihr ich wäre in mich gekehrt. Sie hatte recht. Ich sehe nun ein, dass ich mich von meiner Last befreien muss. Ich habe dem Bischof etwas mitzuteilen.“
    Bei der Erwähnung des Bischofs wurden sein Blick aufmerksam. Also hatte auch er die Anweisung erhalten, unverzüglich bescheid zu geben, falls ich seiner Exzellenz etwas mitzuteilen hatte.
    Er brummte und verschloss die Tür wieder.
    Kurz darauf trat Schwester Agatha zu mir herein. Sie lächelte erfreut.
    „Ich wusste es.“, sagte sie mit sanftem Ton. „Ich wusste, dass Gott dir den wahren Weg weisen würde.“
    Es fiel mir nicht leicht, jene Art von tiefer Reumut vorzugeben, die sie von mir erwartete. Doch ich spielte meine Rolle offenbar gut genug, um ihr Misstrauen nicht zu erregen.
    „Sagen sie Pater Finn bescheid?“, hauchte ich mit gesenktem Blick.
    „Aber natürlich mein Junge. Ich mache mich Augenblicklich auf den Weg, hinüber ins Ordinariat. Er wird sehr erfreut sein, über deinen Sinneswandel. Er glaubte fest an dich.“
    Sie wollte sich bereits davon machen, da rief ich ihr schnell hinterher:
    „Aber ich gehe nicht alleine zum Bischof. Sagen sie das Pater Finn bitte.“
    Sie blieb stehen und drehte sich wieder zu mir um. Fragend sah sie mir entgegen.
    „Allen... und Ryan“, sagte ich schnell. „Die beiden Jungen, mit denen ich hierher gebracht wurde. Sie wissen genauso viel wie ich. Sie waren dabei...“
    Wenn ich auch einen kurzen Augenblick befürchtete, sie würde meine gestammelten Sätze hinterfragen, so nickte sie doch nur bedächtig und sagte:
    „Gut. Ich werde es Pater Finn ausrichten.“
    Dann verschwand sie durch die Tür.
     
     
    Als der Pater einige Zeit später erschien, war er in Begleitung der beiden Jungen – aber auch zweier Sorger. Ob er wirklich Wort gehalten hätte, Allen und Ryan ebenfalls zur Flucht zu verhelfen, wenn ich Schwester Agatha gegenüber nicht darauf beharrt hätte, sie ebenfalls mit zum Bischof zu nehmen, konnte ich nicht sagen. Er schien sich weitaus mehr Gedanken um die Sicherheit der Gemeinschaft der Suchenden zu machen, als um mich und meine Wünsche. Doch sie waren hier und nur das zählte für mich.
    Die beiden hatten natürlich keine Ahnung, was von

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