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Das halbe Haus: Roman (German Edition)

Das halbe Haus: Roman (German Edition)

Titel: Das halbe Haus: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Cynybulk
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heimkehrenden Brüder und Schwestern. Wo fängt es an, dieses Deutschland, und wo hört es auf? Sie schliefen in Hangars, ein seufzender Volkskörper, sie wuschen Wäsche auf Holztischen, aber Anni hatte schon das Fleckfieber. Sie übergaben den Wagen und die beiden Orlower (Emir und Sultan). Anni musste an Bord des Donaudampfers getragen werden. Der Fluss ging zu den Wolken, die Wolken gingen zum Abendlicht, das Abendlicht ging zur Nacht. Die Maschinen stampften, und man roch den Diesel, den man tags nicht roch. Anni sang im Fieber: Polina, liebe Polina mein, wann werden wir wieder zusammen sein? Am Mo-hon-tag? Ach wenn es doch endlich schon Montag wär’ und ich bei meiner Polina wär’, am Mo-hon-tag. Ein hagerer Mann mit Schlapphut und im Lodenmantel hörte ihr lächelnd zu, er nahm ihre Seele mit. Anni wurde in einem Dorf flussaufwärts verscharrt, zur Stirn ein Katzenkreuz. Hin geht die Zeit, her kommt der Tod, und wer viele Kinder hat, kann eines entbehren. Eine liebste Schwester fehlt für immer. Im Warthegau, so erklärte man ihnen, erwarte sie eine neue Heimat. Aber Katja und Tati fürchteten, dass ihnen anderer Leute Würste und Wein im Hals stecken bleiben würden, und zogen weiter, heim ins Reich, wo sie es dann nicht mehr so genau nahmen. Im Frühjahr 1941 erreichten sie eine Fremde, die bisher die schönste war.
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    Einen Koffer nach dem anderen stellt der illegale Taxifahrer aufs Trottoir vor dem halben Haus. Sie gibt ihm zehn Mark West und er ihr eine Telefonnummer. Sie habe Glück gehabt, dass er zufällig am Bahnhof gewesen sei. Wenn sie in den nächsten Tagen die Stadt besichtigen wolle, die Kirchen, die Museen, die Denkmäler, den Zoo, solle sie ihn anrufen. Er könne sie auch einen Tag lang fahren und ihr alles zeigen. Es gebe viel zu sehen, er kenne die Stadt aus dem Effeff, und das Wetter werde fabelhaft sein am Wochenende, zum Heldenzeugen. – Warum er dann am Floßplatz nicht zur Karl-Liebknecht abgebogen sei, fragt sie und ergänzt: »Ich bin selber dreißig Jahre für die Post gefahren, kreuz und quer durch die ganze Stadt.« – »Man hört gar nicht, dass Sie von hier sind«, sagt der Mann. Er schlägt den Kofferraum zu, was keiner im Haus bemerkt.
    In der Einfahrt parkt ein Bus mit Berliner Kennzeichen. Er hat eine sonderbare Farbe, hochkant lehnen Bierbänke daran. Am offenen Garagentor kleben noch immer Fotos von Westautos und Westmiezen, im Inneren rumort es, und am Briefkasten stehen noch immer zwei Namen. Winter steht da und Friedrich.
    In den Beeten des Vorgartens wuchert der Giersch. Der große und der kleine Rhododendron haben Rost, die Cannas sind noch nicht beschnitten, und die Rosen treiben es wild. Sie haben überzählige Augen und Stängel mit sieben Blättern, die nicht knospen werden.
    Das bisschen Rasen zum Haus hin ist platt getreten. Im Fensterglas wiegt sich die Birke. Ob die Scheiben sauber sind, ist schwer zu sagen, ein Fensterladen steht ab. Der Fahnenhalter, der nie eine Fahne hielt, hält jetzt einen langen weißen Läufer mit Sonnenblumenemblem. Der Wind bewegt die Fahne, die Nachbarn heizen schon.
    Auf der Brüstung neben der Haustreppe stehen Backbleche zum Abkühlen. Ein Mädchen mit einem Stapel weißer Tücher kommt die Treppe herunter und sieht sie nicht. Hinter dem Haus gehen Leute hin und her. Eine schlanke Frau mit langem Haar nimmt dem Mädchen die Tischwäsche ab. Ein großer Mann spannt eine Leine, an der Lampions schaukeln werden. Jasper schichtet Holz auf das Rondell und sieht sie auch nicht.
    Das illegale Taxi legt vom Bordstein ab. Drüben auf der Wiese vor dem Berg wird ein großes Zelt errichtet. Ein Armeezelt wohl, dessen graue Stoffwände von ein paar Männern gespannt werden. Rechts daneben steht ein Anhänger in der Farbe des Busses, links daneben eine hohe Holzpyramide für ein weiteres Funken sprühendes Lagerfeuer. Der miesepetrige Bauer hat ihnen die Wiese und das Brennholz überlassen. Zwei Drachen kommen den hochgespannten Leitungen sehr nahe. Der Orgelflug der Vögel.
    Ein Motorrad mit Beiwagen knattert aufs Trottoir. Das ist doch Jaspers Maschine, aber unter dem Helm kommt ein fremdes Lachen zum Vorschein. Es gehört einer blonden Frau im Overall, die »Juten Tach« sagt. Aus dem Beiwagen sortiert sie eine Sonnenblume nach der anderen in ihre Armbeuge und sucht hinter einer Wolke aus Gelb und Braun den Weg am Bus vorbei.
    Das Haus ist viel schmaler als in ihrer Erinnerung und das Kind viel größer. Eigentlich ist ihr

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