Das Halsband der Koenigin 2
Deutsche! eine Deutsche!« wiederholte er beständig.
»Ja, eine Deutsche, wir wissen das, auf dem Wege nach Versailles,« sagte Louis.
»Königin von Frankreich!« rief er plötzlich.
»He!« machte der Doctor, in das Zimmer der Königin schauend. »Weiter Nichts? Was sagen Sie dazu, Madame?«
»Oh! das ist gräßlich,« murmelte Charny; »einen Engel lieben, eine Frau wahnsinnig lieben, sein Leben für sie geben, und, wenn man sich ihr nähert, nichts Anderes mehr vor sich haben, als eine Königin von Sammet und Gold, ein Metall oder einen Stoff, kein Herz!«
»Oh!« rief der Doctor mit einem gezwungenen Gelächter.
Charny achtete nicht auf die Unterbrechung.
»Ich würde eine verheirathete Frau lieben,« sagte er. »Ich würde sie mit der heftigen Liebe lieben, welche macht, daß man Alles vergißt. Ich würde zu dieser Frau sagen: Es bleiben uns einige schöne Tage auf dieser Erde; werden diejenigen, welche uns außerhalb der Liebe erwarten, so viel werth sein als diese Tage? Komm, meine Heißgeliebte, so lange Du mich liebst und ich Dich liebe, wird es das Leben der Auserwählten sein. Hernach, nun! hernach wird es der Tod sein, das heißt das Leben, das wir in diesem Augenblick haben. Gewinnen wir also die Vortheile der Liebe.«
»Nicht schlecht geurtheilt für einen Fieberkranken,« murmelte der Doctor, »obgleich die Moral nicht ganz stichhaltig ist.«
»Aber ihre Kinder!« rief plötzlich Charny voll Wuth; »sie wird ihre zwei Kinder nicht zurücklassen!«
»Das ist das Hinderniß, hic nodus sagte, während er den Schweiß auf Charny's Stirne trocknete, der Doctor Louis mit einer Mischung von Spott und Gutherzigkeit.
»Oh!« fuhr der junge Mann, unempfindlich gegen Alles, fort, »Kinder würde man im Flügel eines Reisemantels mitnehmen.«
»Sage, Charny. da Du die Mutter, sie, die leichter ist, als eine Grasmückenfeder, in Deinen Armen fortträgst, da Du sie aufhebst, ohne etwas Anderes zu fühlen, als einen Liebesschauer statt einer Last, würdest Du nicht auch die Kinder von Marie forttragen? ... Ah!«
Er stieß einen furchtbaren Schrei aus.
»Die Kinder eines Königs, das ist so schwer, daß man die Leere in der Hälfte der Welt fühlen würde.«
Louis verließ seinen Kranken und näherte sich der Königin.
Sie stand kalt und zitternd da; er ergriff ihre Hand, sie schauerte auch.
»Sie hatten Recht,« sagte Marie Antoinette. »Das ist mehr als Delirium. Der junge Mann würde wirklich Gefahr laufen, wenn man ihn hörte.«
»Hören Sie! hören Sie!« fuhr der Doctor fort.
»Nein, kein Wort mehr.«
»Er besänftigt sich. Hören Sie, nun betet er.«
Charny hatte sich wirklich erhoben und faltete die Hände: er heftete die Augen weit aufgesperrt und erstaunt auf das unbestimmte, chimärische Unendliche.
»Marie,« sagte er mit vibrirender, sanfter Stimme, »Marie, ich habe wohl gefühlt, daß Sie mich liebten. Oh! ich werde nichts davon sagen. Ihr Fuß hat sich im Fiaker dem meinigen genähert, und es war mir, als müßte ich sterben, Ihre Hand ist auf die meinige herabgesunken ... stille ... stille ... ich werde nichts davon sagen, das ist das Geheimniß meines Lebens. Marie, das Blut mag immerhin aus meiner Wunde fließen, das Geheimniß wird nicht mit ihm hinausgehen ...
»Mein Feind hat seinen Degen in mein Blut getaucht; hat er aber ein wenig von meinem Geheimniß, so hat er doch nichts von dem Ihrigen . Seien Sie also unbesorgt, Marie; sagen Sie mir nicht einmal, daß Sie mich lieben: das ist unnöthig; da Sie erröthen, so haben Sie mir nichts mitzutheilen.«
»Ho! ho!« sagte der Doctor, »das ist nicht mehr allein Fieber, sehen Sie, wie ruhig er ist ... es ist ...«
»Es ist? ...« fragte die Königin ängstlich.
»Es ist eine Entzückung, Madame; die Entzückung gleicht der Erinnerung. Das ist in der That das Gedächtniß einer Seele, wenn sie sich des Himmels erinnert.«
»Ich habe genug gehört,« murmelte die Königin, so beunruhigt, daß sie zu entfliehen versuchte.
Der Doctor hielt sie mit Gewalt bei der Hand zurück und sagte:
»Madame, Madame, was wollen Sie?«
»Nichts, Doctor, nichts.«
»Doch wenn der König seinen Schützling sehen will?«
»Ah! ja. Oh! das wäre ein Unglück.«
»Was werde ich sagen?«
»Doctor, ich habe keinen Gedanken, ich habe kein Wort mehr, dieses gräßliche Schauspiel hat mir das Herz zermartert.«
»Und Sie haben ihm sein Fieber genommen, diesem Entzückten,« sagte leise der Doctor; »es sind hundert Pulsschläge
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