Das Halsband der Königin - 3 (German Edition)
mich.«
»Madame ...« murmelte Charny.
»Ich habe gethan,« fuhr sie fort, »was keine Frau an meiner Stelle gethan hätte. Ich spreche nicht von Königinnen. Oh! mein Herr, was ist eine Königin, wenn sie nicht einmal über ein Herz gebieten kann? Was ist eine Königin, wenn sie nicht einmal die Wertschätzung eines redlichen Mannes erlangt? Oh! mein Herr, helfen Sie mir wenigstens aufstehen, damit ich gehen kann; verachten Sie mich nicht so sehr, daß Sie mir Ihre Hand verweigern.«
Charny stürzte wie ein Wahnsinniger auf seine Kniee.
»Madame,« sagte er, während er mit seiner Stirne auf die Erde schlug, »nicht wahr, wenn ich nicht ein Unglücklicher wäre, der Sie liebt, Sie würden mir vergeben?«
»Sie!« rief die Königin mit einem bittern Gelächter, »Sie! Sie lieben mich, und Sie halten mich für schändlich! ...«
»Oh! ... Madame.«
»Sie! ... Sie, der Sie ein Gedächtniß haben müßten, Sie beschuldigen mich, ich habe hier eine Rose, dort einen Kuß, dort meine Liebe einem andern Mann geschenkt! ... Mein Herr, keine Lüge, Sie lieben mich nicht!«
»Madame, dieses Gespenst war da, dieses Gespenst einer verliebten Königin. Da auch, wo ich bin, war das Gespenst des Geliebten. Reißen Sie mir das Herz aus, da diese zwei höllischen Bilder in meinem heizen leben und es verzehren.«
Sie nahm seine Hand und zog ihn mit einer exaltirten Geberde zu sich.
»Sie haben gesehen ... Sie haben gehört ... Nicht wahr, ich war es sicherlich?« sprach sie mit erstickter Stimme ... »Oh! ich war es, suchen Sie nichts Anderes. Nun wohl! wenn ich auf eben diesem Platze, unter eben diesem Kastanienbaum sitzend wie ich saß, Sie zu meinen Füßen, wie der Andere war, wenn ich Ihnen die Hände drücke, wenn ich Sie an meine Brust ziehe, wenn ich Sie in meine Arme nehme, wenn ich Ihnen sage: Ich, die ich dieß Alles dem Andern gethan habe, nicht wahr? ich, die ich dasselbe dem Andern gesagt habe, nicht wahr? wenn ich Ihnen sage: Herr von Charny, nur ein einziges Wesen auf der Welt liebte, liebe und werde ich lieben ... und das sind Sie! ... Mein Gott! mein Gott! wird das genügen, um Sie zu überzeugen, daß von keiner Schande die Rede sein kann, wenn man im Herzen, neben dem Blute der Kaiserinnen, das göttliche Feuer einer Liebe wie diese hat?«
Charny stieß einen Seufzer aus, ähnlich dem eines Verscheidenden. Die Königin hatte ihn, indem sie so mit ihm sprach, mit ihrem Athem berauscht: er hatte sie sprechen gefühlt, ihre Hand hatte auf seiner Schulter gebrannt, ihre Brust hatte sein Herz versengt, ihr Athem hatte seine Lippen verzehrt.
»Lassen Sie mich Gott danken,« flüsterte er. »Oh! wenn ich nicht an Gott dächte, dächte ich zu viel an Sie.«
Sie erhob sich langsam; sie heftete auf ihn zwei Augen, deren Thränen die Flammen ertränkten.
»Wollen Sie mein Leben?« sagte er ganz verwirrt.
Sie schwieg einen Augenblick, ohne daß sie ihn anzuschauen aufhörte.
»Geben Sie mir Ihren Arm,« sagte sie, »und führen Sie mich überallhin, wohin die Anderen gegangen sind. Zuerst hier ... hier, wo eine Rose gegeben wurde ...«
Sie zog unter ihrem Kleide eine noch von dem Feuer, das ihre Brust versengte, warme Rose hervor und sprach:
»Nehmen Siel«
Er athmete den balsamischen Duft der Blume ein und verschloß sie in seiner Brust.
»Hier,« sagte sie, »hier hat die Andere ihre Hand zum Kusse gegeben.«
»Ihre beiden Hände!« sprach Charny schwankend und trunken in dem Augenblick, wo sich sein Gesicht in den brennenden Händen der Königin eingeschlossen fand.
»Das ist ein gereinigter Platz,« sagte die Königin mit einem anbetungswürdigen Lächeln» »Sind sie nun nicht in die Apollo-Bäder gegangen?«
Charny blieb, als wäre der Himmel auf seinen Kopf gefallen, erstaunt, halb todt stehen.
»Das ist ein Ort,« sagte die Königin heiter, »wo ich nie anders, als bei Tage eintrete. Sehen wir mit einander die Thüre, durch welche der Liebhaber der Königin entfloh.«
Freudig, leicht, am Arme des glücklichsten Mannes hängend, den Gott je gesegnet, schritt sie, beinahe laufend, über den Rasen hin, der das Gebüsch von der Rundmauer trennte. So kamen sie an die Thüre, vor welcher man die Spuren der Pferdehufe sah.
»Es ist hier, außen,« sagte Charny.
»Ich habe alle Schlüssel,« erwiderte die Königin. »Oeffnen Sie, Herr von Charny, wir wollen uns unterrichten.«
Sie gingen hinaus und bückten sich, um zu sehen; der Mond trat aus einer Wolke hervor, als wollte er sie in ihren
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