Das Halsband des Leoparden
hetzte durch den Korral, bäumte sich immer wieder auf, doch wie konnte sie dem Auserwählten ihres Pferdeherzens helfen?
»Ich sehe, Miss Callaghan, Ihre Sally hat das Geschirr schon abgeräumt«, sagte Fandorin, damit die nicht glaubten, ihm wäre die Zunge am Gaumen angetrocknet. »Grüß dich, Mel. Hast du dich auch nicht gestoßen, als du in den Abgrund fielst? Hattest du da ein Federbett hingelegt?«
Bravour ist ja ganz schön, aber um ihn stand es nicht besonders. Im hinteren Halfter steckte der Herstal, doch in der Trommel waren grade noch drei Patronen. Überdies wusste Fandorin, dass es sinnlos gewesen wäre, mit diesen Meistern in Schnelligkeit zu wetteifern. »Idiot!«, zischte Ashlean. »Hättest beinahe alles verpatzt.« Ted und Melvin kamen, weich auftretend, die Stufen herunter. Beide hatten den gleichen Katzengang und blickten den Gegner mit dem gleichen Ausdruck an: kalt und sehr aufmerksam.
Washington Reid holte die beiden ein.
»Wenn er verspricht zu schweigen«, sagte er hastig, »hält er sein Wort. Ich kenne ihn. Lasst mich mit ihm reden!«
»Nein!«, schnitt Rattler ihm das Wort ab.
Scott zuckte die Achseln.
»Wozu ein Risiko eingehen?«
Ashlean beendete die Diskussion.
»Genug geschwatzt! Macht Schluss mit ihm!«, schrie sie und wandte sich ab.
Ted und Mel zogen blitzschnell und eröffneten das Feuer mit drei Revolvern. Aber aus fünfzig Fuß Entfernung und noch dazu aus der Hüfte ist es nicht so einfach, ein Ziel zu treffen, zumal wenn es sich bewegt. Und es war ganz unvorstellbar beweglich. Das, Mr. Klapper-Theo, ist was anderes als auf einen gleichmäßig fliegenden Hut zu schießen.
Fandorin setzte nicht auf Schnelligkeit, sondern auf Treffsicherheit. Darum versuchte er, während er so verwirrende Bewegungen machte, dass es seinen Opponenten vor den Augen flimmerte, so gut wie möglich zu zielen. Zum ersten Mal in letzter Zeit kamen die Kampfqualitäten des Herstal – der weiche Abzug und der geringe Rückstoß – voll zur Geltung.
Ted verfehlte dreimal, der Pink sogar viermal das flirrende Ziel, bevor das ungleiche Duell vorüber war – durch zwei Schüsse aus dem kleinen Meisterwerk der belgischen Waffenschmiede.
Die erste Kugel, die Fandorin aus der Position »linke untere Terz« abfeuerte, durchschlug Teds rechten Ellbogen, denn es wäre unschön gewesen, einen Mann am Vorabend seiner Hochzeit zu töten. Die zweite (aus der oberen Terz rechts) traf Melvin Scott mitten in die Stirn. Gemeinheit zahlt sich schließlich nicht aus und beidhändiges Schießen auch nicht, und überhaupt: wenn tot, dann richtig.
Die dritte Kugel blieb in der Trommel, denn Washington Reid hatte seinen vielerfahrenen Colt im Halfter stecken lassen.
Miss Callaghan drehte sich auf den Lärm hin um.
»O my God!«, schrie sie.
Ihre Verblüffung war begreiflich.
Eben noch hatten vier Männer da gestanden: ein zum Tode Verurteilter und drei Vollstrecker. Jetzt war keiner mehr zu sehen außer dem unbeweglich daliegenden Scott, den seine Seele bereits verlassen hatte.
Ted Rattler war, den verletzten Ellbogen haltend, um die Hausecke geflohen, und Fandorin war ihm nach kurzem Zweifel, ob es dafür stand, gefolgt.
Reid hatte es ebenfalls für besser gehalten, das Weite zu suchen, und war in die andere Richtung gelaufen, wo vermutlich die treue Peggy auf ihn wartete.
Ach ja. In respektvoller Entfernung von der Schlacht standen wie angewurzelt die drei Cowboys und hatten für alle Fälle die Hände erhoben. Aber sie erklärten dem verstörten Fräulein nichts.
Ted Rattler einzuholen oder zumindest ihm die letzte Kugel zu geben wäre nicht schwer gewesen.
Ted lief schnell, brauchte aber ein Weilchen, bevor er im Sattel seines großen Hengstes saß. Das Pferd war weiß, hatte aber Rußspuren auf der Kruppe. Fandorin zielte, drückte jedoch nicht ab.Der ehemalige Schecke galoppierte davon und hinterließ eine Staubwolke sowie eine Kette charakteristischer Spuren – die Hufeisen hatten Nägel mit viereckigen Köpfen.
Ich hätte dem Reiter doch noch den Kopf abreißen sollen, seufzte Fandorin. Miss Callaghan konnte sich bedanken. Zwar hatte sie geschrien: »Macht Schluss mit ihm!«, sich dann aber abgewandt, war wohl noch nicht ganz verdorben.
Es wäre interessant, das Gespräch zu Ende zu bringen, doch das Fräulein würde sich kaum darauf einlassen.
Aber da irrte Fandorin.
Wenn an etwas – an Frechheit jedenfalls gebrach es der schönen Perle nicht. Sie dachte nicht daran, sich zu
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