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Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels

Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels

Titel: Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald Ray Pollock
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heruntergekommen wirkte, obwohl sie ungefähr im selben Alter sein mussten. Manche Menschen waren einfach dazu geboren, begraben zu werden; seine Mutter war so ein Mensch, das war wohl auch der Grund gewesen, warum sein alter Herr abgehauen war, dachte Lee, dabei war er selbst auch nicht gerade ein Hauptgewinn gewesen. »Also, was gibt es denn diesmal?« fragte Bodecker. »Hoffentlich nicht wieder einer von diesen verdammten Fensterglotzern, wegen denen Sie andauernd anrufen.«
    Hank beugte sich vor und spuckte zu Boden. »Wäre mir lieber«, sagte er, »aber nein, es geht um den Vater dieses Jungen.«
    Bodecker leuchtete den dürren, dunkelhaarigen Burschen an. »Und, was gibt es, mein Sohn?« fragte er.
    »Er ist tot«, antwortete Arvin und legte sich eine Hand vor die Augen, um das Licht der Taschenlampe abzuschirmen.
    »Dabei haben sie gerade erst heute seine Mutter beerdigt«, fügte Hank hinzu. »Eine verdammte Schande, das Ganze.«
    »Dein Dad ist also tot?«
    »Jawohl, Sir.«
    »Ist das Blut auf deinem Gesicht?«
    »Nein«, entgegnete Arvin. »Jemand hat uns einen Kuchen gebacken.«
    »Das ist doch kein Scherz, oder? Du weißt, dass ich dich sonst ins Gefängnis sperre.«
    »Warum glauben alle, ich lüge?« fragte Arvin.
    Bodecker sah den Verkäufer an. Hank zuckte mit den Schultern, nahm sein Bier und leerte es. »Sie wohnen oben auf Baum Hill«, erklärte er. »Arvin hier kann Ihnen den Weg zeigen.« Dann stand er auf, rülpste und ging ums Haus.
    »Ich habe vielleicht später noch Fragen«, rief ihm Bodecker nach.
    »Eine gottverdammte Schande, so viel kann ich Ihnen jedenfalls sagen«, hörte er Hank noch sagen.
    Bodecker ließ Arvin auf dem Beifahrersitz des Streifenwagens Platz nehmen und fuhr Richtung Baum Hill. Oben bog er in einen schmalen, von Bäumen gesäumten Schotterweg ein, den ihm der Junge zeigte. Er fuhr im Schritttempo weiter. »So weit war ich noch nie«, sagte der Hilfssheriff. Er streckte die Hand nach unten und öffnete leise sein Holster.
    »Hier oben war schon lange niemand anderes mehr«, sagte Arvin. Er sah zum Seitenfenster hinaus in den dunklen Wald, und ihm fiel ein, dass er seine Taschenlampe im Laden vergessen hatte. Er hoffte, der Verkäufer würde sie nicht verscherbeln, bevor er wieder vorbeikam. Er sah auf das hell beleuchtete Armaturenbrett. »Machen Sie die Sirene an?«
    »Wozu jemanden aufschrecken?«
    »Hier ist sonst niemand, den Sie aufschrecken können«, sagte Arvin.
    »Hier wohnst du also?« fragte Bodecker, als sie neben dem kleinen, rechteckigen Haus hielten. Kein Licht, keine Anzeichen dafür, dass hier jemand lebte, mal abgesehen von dem Schaukelstuhl auf der Veranda. Das Gras auf dem Hof war mindestens dreißig Zentimeter hoch. Links stand eine alte Scheune. Bodecker hielt hinter einem rostzerfressenen Pick-up. Der übliche Schrott von Hinterwäldlern, dachte er. Schwer zu sagen, in welchen Schlamassel er sich da gebracht hatte. Sein leerer Magen gurgelte wie eine kaputte Kloschüssel.
    Arvin stieg aus, ohne zu antworten, stand vor dem Streifenwagen und wartete auf den Hilfssheriff. »Hier entlang«, sagte er. Er drehte sich um und ging ums Haus.
    »Wie weit?« fragte Bodecker.
    »Nicht sehr weit. Zehn Minuten vielleicht.«
    Bodecker schaltete seine Taschenlampe ein und folgte dem Jungen am Rand einer überwucherten Weide entlang. Sie kamen zum Wald und folgten ein paar Hundert Meter weit einem ausgetrampelten Pfad. Plötzlich blieb der Junge stehen und deutete nach vorn in die Dunkelheit. »Da ist er«, sagte Arvin.
    Der Hilfssheriff leuchtete auf einen Mann in weißem Hemd und Anzughose, der über einem Baumstumpf zusammengesunken war. Er trat ein paar Schritte näher und konnte den Schnitt durch die Kehle des Mannes erkennen. Die Hemdbrust war blutdurchtränkt. Bodecker holte Luft und musste würgen. »Mein Gott, wie lange liegt er denn schon so da?«
    Arvin zuckte mit den Schultern. »Nicht lang. Ich war für eine Weile eingeschlafen, und dann hab ich ihn gefunden.«
    Bodecker hielt sich die Nase zu und versuchte durch den Mund zu atmen. »Und was zum Henker stinkt hier so?«
    »Das sind die da oben«, sagte Arvin und zeigte in die Bäume.
    Bodecker richtete den Schein nach oben. Überall hingen Tiere in unterschiedlichem Zustand der Verwesung, manche in den Ästen, manche an großen Holzkreuzen. Ein toter Hund mit einem Lederhalsband hing wie eine Art schreckliche Christusgestalt hoch oben an ein Kreuz genagelt. Am Fuß eines anderen Kreuzes lag der Kopf

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