Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels
miteinander schlafen würden und dass sie in einem schlimmeren Zustand waren, als er sich je hätte träumen lassen.
Später in der Nacht schreckte er voller Panik auf; sein fettes Herz zitterte in seinem Rippenkäfig wie ein gefangenes, furchtsames Tier. Nach der Uhr auf dem Nachttisch hatte er nicht mal eine Stunde geschlafen. Carl wollte sich schon umdrehen, doch dann stand er auf, stolperte ans Fenster und riss den Vorhang auf. Gott sei Dank stand der Kombi noch immer auf dem Parkplatz. »Du blöder Trottel«, sagte er zu sich selbst. Er zog die Hose an, ging barfuß über den Kies und schloss den Wagen auf. Eine dichte Wolkenmasse schwebte über Carl. Er nahm die sechs Filmdosen aus dem Handschuhfach, trug sie ins Motelzimmer und stopfte sie sich in die Schuhe. Er hatte sie völlig vergessen, klare Missachtung von Regel Nr. 7. Sandy murmelte irgendwas über Vogelscheuchen oder so ähnlich. Carl trat wieder an die offene Tür, zündete sich eine ihrer Zigaretten an und sah in die Nacht hinaus. Er verfluchte sich dafür, so sorglos gewesen zu sein, die Wolken rissen ein wenig auf und ließen im Osten einen kleinen Fleck voller Sterne erkennen. Carl linste durch den Zigarettenqualm und fing an zu zählen, dann hörte er wieder auf und machte die Tür zu. Noch eine Zahl, noch ein Zeichen, aber das würde heute Nacht ohnehin nichts mehr ändern.
13.
Als Bodecker die
Tecumseh Lounge
betrat, saßen drei Männer an einem Tisch und tranken Bier. Der dunkle Raum wurde für einen kurzen Augenblick von Sonnenlicht durchstrahlt, das den langen Schatten des Sheriffs über den Boden warf. Dann ging die Tür hinter ihm zu, und es wurde wieder dunkel. In der Jukebox fand ein Patsy-Cline-Song sein trauriges, zittriges Ende. Niemand sprach ein Wort, als der Sheriff am Tisch vorbei zur Bar ging. Einer der Männer war ein Autodieb, der andere schlug seine Frau. Die beiden hatten schon gesessen und bei mehreren Gelegenheiten den Rücksitz seines Streifenwagens platt gedrückt. Den dritten Mann kannte Bodecker nicht, aber das durfte wohl auch nur eine Frage der Zeit sein.
Bodecker setzte sich auf einen Barhocker und wartete darauf, dass Juanita damit fertig wurde, einen Hamburger auf dem schmierigen Grill zu braten. Er erinnerte sich daran, dass sie ihm vor gar nicht mal so vielen Jahren seinen ersten Whiskey in dieser Bar serviert hatte. Die folgenden sieben Jahre war er dem Gefühl nachgerannt, das er in jener Nacht gehabt hatte, ohne es jemals wiederzufinden. Er griff in die Tasche nach einem Bonbon, ließ es dann aber bleiben. Juanita legte den Burger auf einen Pappteller, dazu ein paar Kartoffelchips, die sie aus einem Metalleimer fischte, und eine lange, blasse Gurke, die sie mit einer Gabel aus einem verdreckten Glas zog. Sie trug den Teller zum Tisch und stellte ihn vor dem Autodieb ab. Bodecker hörte einen der Männer etwas darüber sagen, dass man vielleicht besser den Pooltisch zudecken solle, bevor ihnen übel wurde. Ein anderer lachte, und Bodecker spürte, wie sein Gesicht brannte. »Schluss damit«, sagte Juanita leise.
Sie ging an die Kasse, rechnete ab und brachte dem Autodieb das Restgeld. »Diese Chips sind alt«, sagte er.
»Dann iss sie nicht«, antwortete sie.
»Aber Schätzchen«, sagte der Frauenschläger, »sei doch nicht so.«
Juanita kümmerte sich nicht um ihn, zündete sich eine Zigarette an und ging zu Bodeckers Ende des Tresens. »He Fremder«, sagte sie, »was kann ich dir …«
»… bei Gott, wenn der nicht mal der Hintern aufspringt wie ‘ne Brotdose«, sagte in diesem Augenblick einer der Männer laut genug, und der ganze Tisch brach in Gelächter aus.
Juanita schüttelte den Kopf. »Kann ich mir mal deine Waffe ausleihen?« fragte sie Bodecker. »Diese Mistkerle sind schon hier drin, seit ich heute Morgen aufgesperrt habe.«
Bodecker beobachtete die Männer in dem langen Spiegel hinter der Theke. Der Autodieb kicherte wie ein Schulmädchen, der Frauenschläger zermalmte die Chips mit der Faust. Der dritte Mann lehnte sich mit gelangweiltem Gesichtsausdruck zurück und putzte sich die Fingernägel mit einem Streichholz. »Ich kann sie rausschmeißen, wenn du willst«, sagte Bodecker.
»Nee, schon in Ordnung«, sagte Juanita. »Sonst kommen die später nur wieder und machen mir erst richtig Stress.« Sie blies Rauch aus dem Mundwinkel und lächelte ein wenig. Sie hoffte, dass ihr Junge nicht wieder in Schwierigkeiten steckte. Letztes Mal musste sie sich zwei Wochenlöhne vorstrecken
Weitere Kostenlose Bücher