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Das Harvard-Konzept

Das Harvard-Konzept

Titel: Das Harvard-Konzept Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Fisher
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sie das Problem nun beruhigt weiterdiskutieren. Sie kann nun seine Argumente nicht damit abweisen, dass sie angeblich nicht all das einbeziehen, was Frau Jones an Informationen besitzt. Daher wird sie nun eher zuhören und besser aufnehmen. Indem er ihren Standpunkt zusammenfasst beginnt Turnbull ein kooperatives Spiel, das beide über sein Verständnis der Tatsachen versichert.
    |174| »Wann kann ich Sie wieder aufsuchen?«
    Turnbull:
Ich glaube, dass ich Ihren Standpunkt jetzt verstanden habe. Ich würde jetzt gern mit meinem Mitbewohner sprechen – und ihm das auseinandersetzen. Kann ich Sie morgen wieder aufsuchen?
     
    Analyse: Ein guter Verhandlungspartner entscheidet nur selten auf der Stelle. Der psychische Druck, nett zu sein und nachzugeben ist dann zu groß. Etwas Zeit und etwas Abstand helfen dabei, die menschlichen von den sachlichen Problemen getrennt zu halten.
    Ein guter Verhandelnder hat schon vor Gesprächsbeginn einen glaubwürdigen Grund bereit, um zu gehen, wann er will. Ein derartiger Aufbruchsgrund darf aber nicht Passivität oder Entscheidungsunfähigkeit andeuten. Turnbull zeigt hier, dass er genau weiß, was er tut, und er vereinbart gleichzeitig, dass er die Verhandlungen zu einer bestimmten Zeit fortsetzen wird. Er legt dabei nicht nur Entschiedenheit an den Tag, sondern beweist auch seine Kontrolle über den Verlauf der Verhandlung.
    Ist er dann weg vom Verhandlungsort, kann er seine neuen Informationen überprüfen und seinen »Auftraggeber« konsultieren, in diesem Falle Paul. Er kann über die Entscheidung nachdenken und sich versichern, dass er nichts aus den Augen verloren hat.
    Wenn man zu lange am Verhandlungstisch kleben bleibt, ist das mitunter nicht zuträglich für das sachbezogene Verhandeln. Kommt Turnbull dann mit neuen Lösungsvorschlägen zurück, kann er nett zu Frau Jones sein, ohne in der Sache weich zu werden.
    »Ich möchte Sie auf Schwierigkeiten hinweisen, die für mich entstehen, wenn ich Ihrem Gedankengang folge«
    Turnbull:
Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass ich mit einigen Ihrer Begründungen für die 134 Dollar Mehrpreis Schwierigkeiten habe. Der eine Grund waren die Reparaturen und die Verschönerungen der Wohnung. |175| Die Mietpreisbehörde sagte mir nun, dass das Verschönerungen für mehr als 15   000 Dollar sein müssten, wenn 134 Dollar pro Monat Steigerung gerechtfertigt wären. Wie viel haben Sie denn für die Verschönerungen ausgegeben?
    Ich muss zugeben, dass das nicht nach Wertsteigerungen von 15   000 Dollar aussieht, so wie Paul und ich die Sache einschätzen. Das Loch im Linoleum, das Sie ausbessern wollten, wurde niemals repariert, auch nicht das im Wohnzimmerboden. Die Garderobe brach immer wieder herunter. Und das sind nur einige der Mängel und Defekte, die wir gefunden haben.
     
    Analyse: Beim sachbezogenen Verhandeln sollten Sie zuerst alle Ihre Gründe nennen, bevor Sie einen Vorschlag machen. Wenn Sie Ihre Entscheidungsprinzipien erst nachher einbringen, erschienen diese nicht als die objektiven Kriterien, die jeder Vorschlag erfüllen sollte – sondern nur noch als Rechtfertigungen für eine willkürliche Position.
    Turnbull zeigt durch die Darlegung seiner Gründe zu Beginn, dass er gegenüber überzeugender Argumentation offen ist und weiß, dass es notwendig ist, Frau Jones zu überzeugen. Hätte er zuerst seinen Vorschlag unterbreitet, hätte sich Frau Jones wahrscheinlich kaum mehr die Mühe gemacht, den dann folgenden Gründen zuzuhören. Sie wäre mit ihren Gedanken woanders gewesen und hätte wohl darüber nachgedacht, was sie gegen den Vorschlag einwenden und welche Gegenvorschläge sie machen kann.
    »Eine faire Lösung wäre möglicherweise ...«
    Turnbull:
Wenn man all das in Betracht zieht, was wir besprochen haben, könnte eine faire Lösung für mich und Paul sein, dass wir das über den gesetzlichen Mietpreis hinaus bezahlte Geld zurückerstattet bekommen. Fänden Sie das auch fair?
     
    Analyse: Turnbull stellt den Vorschlag nicht als
seine
Vorstellung hin, sondern als eine faire Wahlmöglichkeit, die sie beide in Betracht ziehen sollten. Er behauptet nicht, dass es die einzig faire Lösung |176| wäre, aber dass es
eine
faire Lösung sei. Er wird konkret, ohne sich deshalb in einer bestimmten Position einzugraben und Ablehnung zu provozieren.
    »Was geschieht, wenn wir uns einigen ... was, wenn nicht?«
    Turnbull:
Wenn Sie und ich uns jetzt einigen, ziehen Paul und ich sofort aus. Der Mann von der

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