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Das Haus am Abgrund

Das Haus am Abgrund

Titel: Das Haus am Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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traust!«
    Ich kniff die Augen zusammen. Den grobknochigen jungen Mann, der mich mit eisernem Griff festhielt, kannte ich nicht. Aber an seiner Seite waren zwei der Typen, die vor dem Sailors herumgelungert hatten, als ich den Zusammenstoß mit diesem Oliver Dingsbums hatte.
    Ich wollte mich aus seinem Griff frei machen, aber seine Finger, stark wie die eines Ringers, packten nur noch fester zu. Er begann mich zu schütteln. Sein Gesicht war ausdruckslos, der Blick seiner Augen kalt. Wenn er wütend gewesen wäre, hätte ich wahrscheinlich weniger Angst verspürt.
    »Du hast meinen Freund krankenhausreif geprügelt«, sagte er und sein Tonfall war gleichmütig. »Dafür bezahlst du jetzt, Hosenscheißer.«
    Die anderen rückten näher. Ich suchte nach dem Zorn, nach der blutroten Angriffslust, aber in meinem Inneren blieb es still und dunkel. Nichts würde mir helfen. Niemand würde hören, w enn ich um Hilfe rief. Wahrscheinlich würde das die Kerle sogar noch anheizen. Also blieb ich ruhig und gab jeden Widerstand auf. Wenn er seinen Griff lockerte, konnte ich immer noch versuchen, mich loszu…
    Der erste Schlag kam von hinten und traf meine Nieren. Mir blieb die Luft weg und ich sackte in den Schraubstockgriff des Anführers. Der machte keine Anstalten, mich loszulassen. Er betrachtete mich weiter mit diesem kalten, schlangenhaften, sezierenden Blick. Ich erwiderte ihn durch die Schmerzschleier vor meinen Augen. Ich kannte diesen Blick. Es war Cenn Crúach, der mich durch die Augen des Dorfburschen ansah. Cenn Crúach steckte in all diesen Köpfen. Er lenkte und führte die Menschen des Dorfes wie Marionetten. Wahrscheinlich hatten sie Milton Skegg deshalb zusammengeschlagen, weil er mit mir geredet hatte.
    »Hau ihm eine in die Fresse, Kenan«, rief einer der Marionettenjungen. Seine Stimme klang heiser und erregt, wie das schrille Kläffen eines Hundes. »Schlag ihm die Zähne aus!«
    Kenans Mundwinkel hoben sich zu einem winzigen Lächeln, das seine Augen nicht erreichte. Er hielt mich weiter fest, während der andere, den ich nicht sehen konnte, mich mit Fausthieben traktierte. Ich rang nach Luft und trat aus, traf Kenans Schienbein.
    »Na«, sagte er strafend und ließ mich kurz los, um mir einen kräftigen Schlag gegen den Kopf zu geben. Er traf die Kalte Stelle und die Welt explodierte in eine Milliarde bunte Sterne. Dann ging das Licht aus.
    *
    D as Mondlicht blendete so stark, dass ich die Augen schnell wieder schloss. Ich hörte mich stöhnen.
    Jemand rüttelte an meiner Schulter, das hatte mich wahrscheinlich geweckt. Geweckt? Ich lag auf einem ziemlich harten, kalten Untergrund, mir taten alle Knochen weh, und das hier war nicht mein Zimmer. Was zum ...
    Ich ließ mir aufhelfen. Der Mann, der meine Schulter umfasst hielt, trug eine Uniform. Ich justierte meinen verschwimmenden Blick – es war Constable Tremaine, der Dorfpolizist. Warum sah er so wütend aus? Ich rieb mir die Schulter, die höllisch schmerzte. Was war geschehen? Als ich versuchte aufzustehen, drehte sich alles und ich sackte in den Griff des Polizisten.
    »Adrian Smollett?«, sagte Tremaine. »Ich muss Sie mit aufs Revier nehmen.«
    Ich sah ihn verblüfft an. Mir war schwindelig und kotzübel. »Ich möchte nach Hause«, brachte ich heraus. »Rufen Sie bitte meinen Va…« Ich konnte den Satz nicht vollenden, weil der Schwindel und die Übelkeit so stark wurden, dass ich mich nur noch hastig abwenden und übergeben konnte.
    Ich hörte wie aus weiter Ferne, dass er in sein Funkgerät sprach. »Sturzbetrunken«, sagte er. »Ich brauche den Wagen, ich kann den Burschen ja schlecht tragen.« Er lauschte einer quakenden Stimme und brummte mehrmals. »In der Nähe des Tatorts«, sagte er dann. »Dieses Mal hat er aber wenigstens nichts abgefackelt. Na gut, ich probiere es zu Fuß, Skipper.«
    Ich kam hoch und wischte mir übers Gesicht. Der Schwindel blieb, mein Kopf schmerzte, als wollte er zerplatzen. Sie hatten mich zusammengeschlagen, jetzt kam die Erinnerung langsam zurück. »Ich bin verprügelt worden«, sagte ich.
    D er Constable nickte mit skeptischer Miene. »Jaja«, sagte er. »Komm jetzt mit, Junge. Du bist festgenommen. Ich rufe deinen Vater vom Revier aus an, wegen eines Anwalts und so.« Er hakte die Handschellen von seinem Gürtel.
    Wenn mir nicht so übel gewesen wäre, hätte ich wahrscheinlich gelacht. »Warum?«, war das Einzige, was ich sagen konnte. Die nächste Welle von Übelkeit rauschte über mich hinweg und ließ

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