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Das Haus am Abgrund

Das Haus am Abgrund

Titel: Das Haus am Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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gelebt, obwohl immer auch einige der Vandenbourghs im Laufe der Generationen bei diesen Bränden gestorben sind und in seinen Mauern spuken. Es hieß, ein Fluch liege über dem Haus und der Familie.« Sie lächelte, um mir zu zeigen, dass sie natürlich weder an diesen Fluch noch an Gespenster glaubte.
    Ich erwiderte das Lächeln und fragte: »Wenn das Haus der Familie Vandenbourgh gehört, wieso heißt es dann nicht so? Und warum wohnt Nova nicht dort? Sie ist doch eine Vandenbourgh, oder?«
    E liette Burges seufzte und blickte auf ihre Uhr. Der Hinweis war deutlich, aber ich musste einfach noch ein paar Dinge wissen. Vor allem die Dinge, die November betrafen.
    »Heathcote Vandenbourgh war der Mann, der das Haus gebaut hat«, sagte Eliette. »Und er war der Ahnherr der Familie Vandenbourgh. Das Haus gehört jetzt Novas Großmutter, aber niemand aus der Familie wohnt dort, es ist eine Ruine. Es ist wirklich nicht besonders interessant, und diese Geschichten sind vor allem was für Touristen. Ein Spukhaus macht sich ja immer gut. Hör mal, ich habe noch einen Termin, wenn du mich jetzt vielleicht entschuldigen würdest ...« Sie trank ihren Tee aus und stellte den Becher mit einem energischen Knall auf den Tisch.
    Ich sprang mit einer Entschuldigung auf und bedankte mich für ihre Geduld.
    »Wenn du mehr über die Geschichte der Vandenbourghs wissen willst ...«, sagte sie, während sie mich zur Tür brachte, und schüttelte dann den Kopf. »Nein, das ist eine dumme Idee. Vergiss es.«
    »Was denn?«, fragte ich.
    »Es gibt jemanden hier im Ort, der sich damit beschäftigt«, fuhr sie mit deutlichem Widerwillen fort. »Milton Skegg. Er hat für das St. Irais Journal gearbeitet, bevor die Zeitung eingestellt wurde. Aber er ist kein guter Umgang für einen jungen Mann.« Damit öffnete sie die Tür und ich verabschiedete mich ein wenig enttäuscht. Ich hätte November gerne noch einmal gesehen, aber im oberen Geschoss blieb alles ruhig. Na gut, jetzt wusste ich ja wenigstens, wo sie wohnte. Und den Namen »Milton Skegg« hatte ich mir auch gemerkt, trotz ihrer Warnung.

6
    Es war später geworden, als ich gedacht hatte. Ich ging den Weg nach Hause im schnellen Tempo, lief auch mal eine Strecke zwischendurch und genoss die Bewegung. Es hatte aufgehört zu regnen, aber es tropfte immer noch von den Bäumen und Büschen am Wegrand, ein stetiges leises Klingeln wie von winzigen Glöckchen. Die Sonne kam hin und wieder zwischen den Wolken durch und spiegelte sich in den Pfützen auf dem Weg, glitzerte in den tausend Tropfen und schimmerte auf den feuchten Oberflächen.
    Ich rannte das letzte Stück zum Cottage hinauf und öffnete das Gartentor. Neben der Haustür stand wie ein körpergewordener Schatten, lang und dürr, mit hängenden Schultern, düster und mit grämlicher Miene der Bestattungsunternehmer. Er richtete sich auf, als er mich sah, und zog seinen Hut.
    »Master Adrian«, sagte er, »entschuldigen Sie die erneute Störung, aber es wäre von eminenter Wichtigkeit, dass Sie mir einige Augenblicke Ihrer kostbaren Zeit schenken.«
    Ich prallte zurück, als wäre ich gegen ein Hindernis gerannt. In meinen Ohren rauschte der Zorn. »Habe ich nicht gesagt, dass ich das nicht will? Lassen Sie mich in Frieden!«
    E r nickte resigniert, und sein bleiches Gesicht wurde noch länger und noch trauriger. »Vergeben Sie mir«, flüsterte er. »Es liegt mir fern, Sie zu belästigen.« Er krampfte die Hände ineinander, dass sich seine Knöchel durch den Stoff der Handschuhe abzeichneten. »Aber ich möchte Sie warnen, Master Adrian. In aller Freundschaft ...« Seine farblosen Augen sandten eindringliche Blicke, die ich ebenso ignorierte wie sein aufdringliches Gewisper. Ich schob mich an ihm vorbei, achtete darauf, ihn nicht zu berühren, und öffnete die Haustür.
    Als sie hinter mir ins Schloss fiel und Moriarty und seine zischelnde Stimme ausschloss, holte ich tief Luft. Er machte mir Gänsehaut, wirklich.
    Ich ging in die Küche, weil ich annahm, dass Toby und Jonathan dort saßen, Tee tranken und Zeitung lasen. Aber die Küche war leer, auf dem vollgekrümelten Küchentisch stand gebrauchtes Geschirr und eine Kanne mit einem Rest kaltem Tee, im Haus war es totenstill.
    Ich legte die Tüte vom Bäcker auf die Anrichte, räumte den Tisch ab und wischte ihn sauber, dann hängte ich den Lappen über die Spüle und sah dabei aus dem Fenster. Im Garten, in der Nähe der großen Magnolie, die gerade zu blühen begann, lag etwas

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