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Das Haus am Hyde Park: Roman (German Edition)

Das Haus am Hyde Park: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus am Hyde Park: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica McInerney
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Beispiel, zückte mein Notizbuch und vermerkte darin einige Details zu den Häusern. Als wir kurz vor unserem Ziel in einem Stau standen, klingelte ihr Handy.
    Sie schaute auf das Display. »Entschuldigen Sie. Mein Anwalt. Das Gespräch muss ich annehmen. Er ist so schwer zu erreichen.«
    Ich hatte nicht zuhören wollen. Es war ein privates Gespräch. Aber Henrietta saß gleich neben mir. Außerdem geriet sie während des Telefonats dermaßen außer sich, als hätte sie mich ohnehin vergessen.
    »Wie das denn? Es kann doch nicht alles auf seinen Namen laufen. Ihn verklagen? Nein, das kann ich nicht. Ich kann mich glücklich schätzen, wenn ich Sie bezahlen kann, bei Ihrem Honorar.«
    Hinterher verlor sie kein Wort über das Telefonat. Schweigend setzten wir die Fahrt fort.
    Im nächsten Haus lernte ich den Rockstar und dessen Tochter kennen. In der langen Auffahrt vor dem viergeschossigen Anwesen standen ein goldfarbener Mercedes, ein BMW-Oldtimer und ein Gefährt, das ich für einen Rolls Royce hielt. Im Haus selbst fiel mir als Erstes ein Tisch voller Schmuckstücke auf. An den Wänden lehnten Gemälde, auf einem Schrank standen eingestaubte Flaschen, vermutlich teurer französischer Rotwein. Wieder bat ich darum, das Badezimmer zu benutzen, und wanderte hinterher fünf Minuten lang allein und unbehelligt durch das Haus. Ich hatte mir eine Entschuldigung zurechtgelegt, »Verzeihung, ich habe mich verlaufen«, doch niemand sprach mich an.
    Es war schon nach acht, als wir unsere letzte Station verließen – das Haus des Booker-Preisträgers und seiner pferdenärrischen Tochter. Peggy hatte recht gehabt. Die Fünfzehnjährige zeigte nicht das geringste Interesse an Studium, Literatur oder Unterricht. Sie wollte mit mir einzig und allein über Pferde sprechen und mir ihre Reiter-DVDs zeigen. Ich war sehr erleichtert, als mich Henrietta nach zwanzig Minuten erlöste.
    Ich musste keine weiteren Häuser sehen, um mir ein Bild von der Lage zu machen. Hier war Diebstahl kinderleicht. Die Nachhilfelehrer – und das schloss Henrietta und mich mit ein – galten als Familienmitglieder. Über jeden Zweifel erhaben. Sie genossen privilegierten Zutritt zu den Häusern, das Vertrauen der Eltern und die Freundschaft der Kinder. Sie hätten das Haus mit voll beladenen Taschen verlassen können. Vermutlich hätte ihnen noch jemand die Tür aufgehalten oder ein Taxi gerufen.
    Ich hatte erwartet, dass Henrietta im Anschluss mit zu Lucas kommen würde, doch sie verabschiedete sich von mir.
    »Mir ist etwas dazwischengekommen, Ella«, sagte sie, als wir auf ein Taxi warteten. »Ich rufe Lucas wegen der Berichte an. Und erwähnen Sie ihm gegenüber bitte noch nichts von dem Verkauf.« Damit ließ sie mich stehen.
    Ich kam in ein volles Haus und eine laute Küche. Es war ungewöhnlich, dass alle Studenten da waren und gemeinsam aßen. Sie hatten sich aus meinen Tiefkühlgerichten ein buntes Menü zusammengestellt – Peggy aß den toskanischen Bohneneintopf, Darin einen großen Teller Minestrone, Mark und Harry teilten sich das Rindfleisch mit Lauch und Pilzen. Die Stimmung war festlich.
    Hinter mir kam Lucas mit zwei Flaschen Wein in die Küche. »Ella, wie schön, dass du wieder da bist! Und wie schade, dass Henrietta einen Termin hat. Dann musst du uns alles berichten.« Er lächelte die Studenten an. »Sie wirken äußerlich so selbstbewusst, doch tief im Innern werden sie von Unsicherheit geplagt. Wenn du also Lobenswertes zu berichten hast, halt damit nicht hinter dem Berg.«
    Ich erzählte, was ich wusste. Lucas freute sich sehr über das positive Feedback. Dann wollten die Studenten unbedingt wissen, was ich von ihren Klienten hielt.
    »Dieser Rockstar ist doch eine groteske Erscheinung, oder?«, fragte Peggy. »Auf der Bühne sieht er sicher toll aus, aber, Gott, von Nahem wirkt er wie eine wandelnde Leiche. Ich kann mir seine Musik jedenfalls nicht mehr anhören.«
    »Und was sagst du zu unserem Pony-Mädchen? Durftest du ihre Reiterei-DVD genießen?«, wollte Mark wissen.
    »Das wird von Woche zu Woche schlimmer«, sagte Darin. »Ich warte schon darauf, dass sie mir eines Tages auf den Rücken springt und mich durch das Zimmer galoppieren lässt.«
    »Davon träumst du«, warf Harry ein.
    Nach dem Essen löste sich die Zusammenkunft auf. Ich kümmerte mich um den Abwasch, lehnte wieder jede Hilfe ab. Ich war gerade fertig, da erschien Mark mit der Post, die sich immer auf dem Tisch im Eingang stapelte. In den ersten Tagen

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