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Das Haus am Hyde Park: Roman (German Edition)

Das Haus am Hyde Park: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus am Hyde Park: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica McInerney
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meinem Hockeyschläger an. »Ich hab hier was zu essen«, zischte er mir zu. Er hatte Kekse und Schokolade ins Zimmer geschmuggelt – aus seinen heimlichen Beständen –, schob sie zu mir unter das Bett, erklärte mir wie in einem teuren Restaurant, was es im Einzelnen zu essen gab, und plauderte mit mir, als ob es in keiner Weise seltsam wäre, dass ich in einem dunklen Zimmer unter dem Bett lag und mir gierig Kekse in den Mund schob.
    Er wartete, bis ich drei Kekse und zwei Stück Schokolade gegessen hatte, dann redete er Klartext. »Alles okay?«
    »Nein«, nuschelte ich mit vollem Mund.
    »Du hast ja recht.«
    Ich schluckte. »Womit?«
    »Jess.« Seine Stimme war klar und deutlich. »Der totale Alptraum. Sie hat nichts als Leid und Kummer über dieses Haus gebracht. Nicht zu vergessen die Unmengen an Wäsche. Sie ist nichts weiter als ein großer, dummer, rotgesichtiger, kahler Heuler. Ein winziger, dummer, rotgesichtiger, kahler Heuler.«
    Plötzlich hörte ich mich lachen.
    Charlie fuhr fort. »Sie kann nicht selbstständig essen. Sie sabbert. Außerdem ist sie inkontinent. Du weißt, was das heißt, oder? Widerlich. Sie trägt Windeln , tagein, tagaus. Sie kann keine zwei Worte aneinanderreihen. Und Zähne hat sie auch nicht. Erwähnte ich bereits, dass sie kahl ist? Kahl und zahnlos. Kein Wunder, dass du sie hasst. Sie ist ja auch absolut hassenswert. Scheußlich. Eine Geißel der Menschheit. Man sollte sie verbannen, nicht nur aus diesem Haus, sondern aus der Stadt, dem Land, sie den Wölfen zum Fraß vorwerfen, die sie bei lebendigem Leib zerfleischen, ihr die Glieder einzeln …«
    Nun ging es zu weit. »So schlimm ist sie auch nicht. Und es ist ja nicht ihre Schuld, dass sie ständig weint.«
    »Doch«, sagte er sehr nüchtern. »Sie ist böse, und sie muss vernichtet werden.«
    »Sie ist nicht böse«, erwiderte ich. »Sie ist bloß ein Baby.«
    »Dann komm raus und sag das gleich noch mal, falls du dich traust«, stachelte er mich an.
    Ich robbte unter dem Bett hervor, setzte mich und strich mir das Haar aus dem Gesicht. Ich spürte den Abdruck des Teppichmusters.
    Charlie gab mir einen weiteren Keks.
    »Danke, Charlie.« Das war nicht nur für den Keks.
    »Nicht nötig. Na, jedenfalls, vielleicht hat deine Mum ja recht. Vielleicht kannst du lernen, Jess zu lieben. So wie man, keine Ahnung, so wie man lernt, mit einer Warze zu leben. Oder einem Furunkel. Bildlich gesprochen.«
    Er gab mir ein weiteres Stück Schokolade, sagte, ich wäre heute an der Reihe, die Spülmaschine auszuräumen, und ging.
    Ich weiß noch ganz genau, dass ich mich danach auf den Boden gelegt und über seine Worte nachgedacht habe. Könnte ich lernen, Jess zu lieben? So wie ich gelernt hatte, Fahrrad zu fahren, ein Omelett zu machen, auf einen Baum zu klettern? Übung macht den Meister? Einen Versuch war es möglicherweise wert. Ich verließ mein Zimmer, entschuldigte mich bei Mum und Walter, bei Jess und Charlie. Und in den folgenden Monaten war es bei uns beinahe friedlich. Wenn man die Tatsache ignorierte, dass Jess ständig weinte.
    Das Leben ging seinen Gang. Ich erhielt die Nachricht vom Tod meines Vaters. Ich war sehr traurig, aber auch verwirrt. Ich hatte so selten von ihm gehört, ich erinnerte mich kaum an ihn. Er war in weite Ferne gerückt. Mum hatte sehr deutlich gemacht, dass sie ihn nicht mehr mochte, dass diese Ehe in ihren Augen ein Fehler war. Und es geschah so viel, was mich von solchen Grübeleien ablenkte. Jess begann zu krabbeln und sehr viel zu sprechen. Es kam zwar noch nichts Verständliches aus ihrem Mund, sondern lediglich Geplapper, ein steter Strom unsinniger Worte, die, so musste sogar ich zugeben, ziemlich komisch waren. Es waren wieder, überwiegend, glücklichere Zeiten. Mum bemerkte mich wieder. Ich hatte in der Schule gute Freunde und zu Hause ungeheuren Spaß mit Charlie. Mir war auch eine große Hilfe, dass Lucas in meinem Leben war. Ich schickte ihm viele Faxe und erhielt viele Faxe zurück. Er war mein Vertrauter und Ratgeber, durch ihn hatte ich das Gefühl, etwas Besonderes zu sein, und das brauchte ich dringend, wenn sich die Eifersucht auf Jess wieder meldete. Jess mochte der Augenstern eines jeden hier in Melbourne sein, aber hatte sie einen Onkel in London, der Faxe und Füchse und Bücher schickte?
    Etwa einen Monat nach Jess’ erstem Geburtstag bekam ich die Gelegenheit, an Charlie etwas gutzumachen. In den wenigen Stunden, in denen wir beide fernsehen durften, sahen wir viele

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