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Das Haus am Hyde Park: Roman (German Edition)

Das Haus am Hyde Park: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus am Hyde Park: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica McInerney
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eifersüchtigen älteren Geschwister. Arme, kleine Jess. Aber im Ernst, bei ihr hätte sich selbst die Duldsamkeit eines Heiligen erschöpft. Ob es an ihrer Persönlichkeit oder daran lag, dass sie in ihrem noch so jungen Leben immer nur verwöhnt und bewundert worden war – ihre Gegenwart war nur schwer zu ertragen. Immer hieß es: »Ich, ich, ich.« Wenn Charlie oder ich sie abwiesen, wurde sie zur Furie. »Immer seid ihr gegen mich. Hört sofort damit auf, oder ich petze.«
    Charlie bemühte sich ganz besonders um Geduld. »Wir sind nicht gegen dich, Jess. Wir spielen nur ein kompliziertes Kartenspiel, dafür bist du noch zu jung.«
    »Gibt es denn kein Spiel, bei dem Jess mitmachen kann?«, mischte sich Mum ein. »Quartett oder Mau-Mau?«
    »Nein!«, rief Jess. »Wir spielen Musical. Ich bin die Sängerin, und ihr seid die Zuschauer.«
    Und so nahm das Kartenspiel ein Ende, und bald darauf saßen wir neben Mum und Walter auf unseren Küchenstühlen und sahen zu, wie Jess tanzte, stolzierte, hüpfte und Kapriolen schlug, immer und immer wieder.
    »Es ist wie am Broadway, oder nicht?«, soufflierte mir Charlie einmal.
    Ich bekam einen Kicheranfall und wurde in mein Zimmer geschickt.
    Besonders ärgerlich war, dass Jess wirklich singen und tanzen konnte. Es wäre viel erträglicher gewesen, wenn sie zwei linke Füße gehabt, wie ein Gnom ausgesehen hätte oder taubstumm gewesen wäre. Aber, um ihren damaligen Lieblingssong Close to You zu paraphrasieren, es war, als ob sich bei ihrer Geburt die Engel um sie geschart und einem Traum Gestalt verliehen hätten.
    Ich kann mir den Song bis heute nicht anhören. Ich kann auch nicht mehr an Jess denken. Wenn ich an Jess denke, dann denke ich an …
    Stopp.
    Doch es war bereits zu spät. Sie war in meinem Kopf. Und mit ihr das, was sie getan hatte.

Kapitel 6
    Mein Sohn Felix ist am Freitag, den 18. Juni 2010, um 14:10 Uhr gestorben.
    Er war zwanzig Monate alt. Er hatte rabenschwarzes Haar, und manchmal schimmerte es so blau wie bei seinem Dad. Blaugrüne Augen, ebenfalls wie sein Vater. Für sein Alter war er ziemlich groß. Bei der Geburt war er nur weich und rund gewesen. Innerhalb weniger Monate hatte er sich gestreckt. Er wurde so dünn wie ich, groß wie sein Vater. Seinen ersten Zahn hatte er mit sechs Monaten bekommen. Mit neun Monaten hatte er begonnen zu krabbeln.
    An dem Tag, an dem er ein Jahr alt wurde, hatte er zu sprechen begonnen. Seine ersten Worte waren ta und hi . Sein Lieblingsstofftier war ein blaues Strickkaninchen. Er mochte Kürbisse, Äpfel, Möhren und Orangen.
    Er hatte ein farbenfrohes Zimmer gehabt: mit blauer Wiege, einer Zudecke in leuchtendem Orange, sein Lieblingspyjama war ein Regenbogen in Flanell mit passenden Schühchen, die er niemals trug.
    Mich nannte er Mama. Aidan Daddy. Zu unserem Erstaunen und seinem eigenen Entzücken war einer der ersten richtigen Sätze, die er sagte, sein Name. Er brabbelte zwar noch, doch wir waren überzeugt, dass Felix wusste, was er äußerte: »Ich bin Felix O’Hanlon!« Das kam immer wieder aus heiterem Himmel, und zwar lautstark – in der Schlange im Supermarkt, beim Kinderarzt, an allen möglichen Orten. Ich musste immer lachen, er musste lachen, die Leute ringsum auch.
    Er mochte Puzzles. Bauklötze. Lkws. Die Wiggles . Die Sesamstraße . Er ging ungern ins Bett und brauchte nur wenig Schlaf. In manchen Nächten verhielt er sich acht oder neun Stunden lang ruhig, öfter aber schlief er in Schüben von nur zwei oder drei Stunden. Wenn er wach wurde, rief er. Er weinte nicht, er rief nach uns, bis Aidan oder ich an seinem Bettchen erschienen. Er war dann immer quietschvergnügt, lächelte oder winkte – allzeit bereit, wie Aidan sagte. Es war, als ob sich Felix in seinem Zimmer einsam gefühlt oder ihn das Schlafen gelangweilt hätte und er Gesellschaft wollte. So war Felix. Es war, als ob er es gewusst hätte – als ob es in seinem Leben so viel zu tun gab, dass er keine Zeit mit Schlaf vergeuden wollte. Wir versuchten dann immer, ihn zu beruhigen, redeten mit ihm oder lasen ihm vor. Manchmal hatten wir Erfolg und konnten ihn bezirzen, noch ein wenig zu schlafen, meist aber rief er erneut, bis wir ihn zu uns ins Bett holten. Wenn wir spät am Abend arbeiteten, saß er, wenn ich redigierte, auf meinem Schoß, und wenn Aidan übersetzte, auf seinem. Felix liebte es ganz besonders, mit unseren Stiften auf den Tisch zu schlagen, und lachte vor Freude über das Getöse. Es hatte mich schon

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