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Das Haus am Hyde Park: Roman (German Edition)

Das Haus am Hyde Park: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus am Hyde Park: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica McInerney
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›Willst du mich heiraten, Ella?‹«
    »Ich werde niemandem auch nur ein Wort erzählen.«
    »Weil es zu banal war? Weil du dein Ja schon jetzt bereust? Weil du mich schon leid bist?«
    »Weil es zu schön war.«
    Einen Monat nach unserer Rückkehr lernte ich seine Eltern kennen. Wir flogen von London aus nach Dublin und fuhren die zwei Stunden bis Carlow in einem Mietwagen. Aidan lachte, weil ich ständig sagte, dass die Felder so unglaublich grün seien. Aber es sieht genauso aus, wie man sich Irland vorstellt, erwiderte ich. Ich staunte über zweisprachige Straßen- und Ortsschilder, in Englisch und in Irisch. Aidan sagte mir alle irischen Worte vor. Es klang wundervoll. Als wir auf ein strohgedecktes Cottage mit weiß gekalkten Wänden stießen, machte er geduldig ein Foto von mir vor dem Haus.
    Seine Eltern wohnten in einem gewöhnlichen Bungalow in einer gewöhnlichen Vorstadt außerhalb von Carlow. Seine Mutter war eine stille, herzliche und freundliche Frau. Seinen Vater zu mögen war schwieriger. Niemand kam bei ihm zu Wort. Außerdem trat ich gleich zu Beginn, aus reiner Nervosität, in ein großes Fettnäpfchen. Ich hatte versehentlich behauptet, der Süden Irlands wäre Teil des Vereinigten Königreichs.
    »Wir haben für den Status Republik gekämpft, und das solltet ihr Australier auch«, sagte er zu mir.
    Ich wusste, wie seine Eltern mit Vornamen hießen, Deirdre und Eamon, doch wir blieben bei Mrs und Mr O’Hanlon. Aidan entschuldigte sich für ihre Förmlichkeit, aber mir gefiel es. Ihr Benehmen passte zu ihnen und ihrem Zuhause. Und das war, verglichen mit meinem Elternhaus oder Lucas’ Heim, unbeschreiblich ordentlich. Es gab sogar ein offizielles Wohnzimmer, »die gute Stube«. Die Mahlzeiten fanden zu festen Zeiten statt. Mr O’Hanlon setzte sich an den Tisch, Mrs O’Hanlon trug das Essen auf. Immerhin wurde bei Tisch nicht gebetet – Mr O’Hanlon hatte nämlich auch eine sehr entschiedene Meinung, was die katholische Kirche betraf. Er hörte stündlich im Radio die Nachrichten, ganz gleich, ob eine Unterhaltung im Gang war oder nicht. Ich lernte an diesem Wochenende viel über den Imperialismus der Briten, den Republikanismus in Australien, den Konservatismus in den USA, die deutsche Gründlichkeit, die Unfähigkeit der irischen Regierung, den Wahnsinn der Lokalpolitiker und den schockierend schlechten Zustand der irischen Straßen. Es waren Vorträge, keine Unterhaltungen. Aidans Vater schien nicht zu kümmern, was seine Frau oder sein Sohn dachten, ganz zu schweigen von mir. Wir waren bloß Zuhörer.
    Ich erfuhr von ihm auch sehr viel über Aidans Bruder Rory. Wie viele Mitarbeiter er hatte. Dass sein Firmensitz in Dublin war. Welch großen Beitrag er zur irischen Wirtschaft leistete. Wie groß sein Haus war. Sein Auto. Sein Erfolg bei Frauen. »Mein Junge ist ein echter Fang, das sag ich Ihnen. Die Frau, die ihn sich schnappt, kann echt von Glück reden. Aber die muss auch was Besonderes sein.« Ich hörte kein einziges Mal, dass sich Mr O’Hanlon bei Aidan nach seinem Studium oder seiner Arbeit erkundigte.
    Aidan war ein anderer. Still. Befangen. Wir schliefen in getrennten Zimmern. Einmal, wir sahen uns mit seinen Eltern die Nachrichten an, griff ich nach seiner Hand. Er entzog sie mir. Als wir im Anschluss in einen Pub gingen, kam die erste Spannung auf.
    »Aidan, stimmt irgendetwas nicht?«
    »Nein.«
    »Hast du vor, mit mir Schluss zu machen?«
    »Natürlich nicht.«
    »Schämst du dich für mich?«
    »Auf keinen Fall.«
    Ich blieb stehen. »Aidan, bitte, was ist los? Du bist wie ausgewechselt.«
    »Ich weiß«, sagte er nach einer Weile. »Darum bin ich auch gegangen.«
    Er entspannte sich, sobald wir im Auto saßen, auf dem Weg zum Flughafen. Als wir ins Flugzeug stiegen, war er wieder ganz der Alte. Er ließ meine Hand nicht los. Ich war glücklich, aber auch verwirrt. Ich erwartete wirklich nicht, dass sich alle eine heile Familie vorgaukelten. Meine eigene Situation war, weiß Gott, kompliziert genug. Nach unserer Rückkehr stellte ich Aidan viele Fragen und erhielt einige Antworten.
    »Warum ist dein Bruder nicht gekommen?«
    »Er hatte sicher viel zu tun. Er ist sehr erfolgreich. Das wirst du den Worten meines Vaters ja entnommen haben.«
    »Ich würde deinen Bruder gern kennenlernen«, sagte ich.
    »Würdest du nicht«, erwiderte Aidan.
    Drei Wochen später erwähnte er, dass sein Bruder geschäftlich nach London kommen würde. Auf meinen Druck hin trafen wir uns zum

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