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Das Haus an der Düne

Das Haus an der Düne

Titel: Das Haus an der Düne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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geht praktisch direkt an ihm vorbei, er feuert rasch hintereinander drei Schüsse ab…»
    «Drei?», unterbrach ich ihn.
    «Ja. Diesmal wollte er kein Risiko eingehen. Wir haben drei Kugeln in der Leiche gefunden.»
    «Das war aber riskant, oder?»
    «Wahrscheinlich weniger riskant als ein einzelner Schuss. Eine Pistole ist nicht sehr laut. Die Schüsse klangen ähnlich wie Feuerwerkskörper und vermutlich gingen die beiden Geräusche unauffällig ineinander über.»
    «Hat man die Pistole gefunden?», fragte ich.
    «Nein. Und da, Hastings, liegt meiner Ansicht nach der unumstrittene Beweis, dass es sich bei dem Täter um keinen Fremden handelt. Wir sind uns doch einig, dass Miss Buckleys eigene Pistole zunächst nur zu einem einzigen Zweck gestohlen wurde – nämlich um ihren Selbstmord vorzutäuschen.»
    «Ja.»
    «Das ist der einzig vernünftige Grund, so ist es doch? Aber wie Sie vielleicht bemerken, gibt es jetzt keinen vorgetäuschten Selbstmord mehr. Der Mörder weiß, dass er uns nicht mehr in die Irre führen kann. Im Grunde ist ihm völlig klar, was wir alles wissen!»
    Ich überlegte und ließ die Logik von Poirots Ableitung auf mich wirken. «Was, glauben Sie, hat er mit der Pistole gemacht?» Poirot zuckte die Achseln.
    «Das ist schwer zu sagen. Allerdings liegt das Meer extrem nahe und günstig. Ein gezielter Wurf und die Pistole versinkt auf Nimmerwiedersehen. Es muss natürlich nicht genauso gewesen sein – ich jedenfalls hätte es so gemacht.»
    Sein sachlicher Ton jagte mir einen kleinen Schauer über den Rücken.
    «Glauben Sie, es war ihm klar, dass er die Falsche ermordet hat?»
    «Ganz sicher nicht», sagte Poirot in grimmigem Ton. «Ja, das war wohl eine unangenehme kleine Überraschung, als er die Wahrheit erfuhr. Da Haltung zu bewahren und nichts preiszugeben – das kann nicht so einfach gewesen sein.»
    In diesem Augenblick besann ich mich des seltsamen Benehmens der Hausdame Ellen. Ich berichtete Poirot über ihr eigenartiges Verhalten. Er schien äußerst interessiert.
    «Also war sie überrascht, dass es sich bei der Toten um Maggie handelte?»
    «Sehr überrascht.»
    «Das ist seltsam. Und dabei schien sie wiederum ganz eindeutig nicht überrascht über die Tragödie an sich. Ja, irgendetwas ist faul an der Sache. Wer ist sie eigentlich, diese Ellen? Ihre typisch englische Art, so zurückhaltend, so respektabel. Könnte sie womöglich…?» Er unterbrach den Satz.
    «Wenn Sie an die anderen Unfälle denken», gab ich zu bedenken, «dann kann es sich bei dem Täter eigentlich nur um einen Mann handeln. Denken Sie doch an den schweren Felsbrocken.»
    «Nicht unbedingt. Das ist hauptsächlich eine Frage der Hebeltechnik. Oh ja, es wäre durchaus machbar gewesen.»
    Er nahm seine Wanderung durch das Zimmer wieder auf.
    «Praktisch kommen alle, die gestern Abend in End House waren, als Verdächtige in Betracht. Allerdings die Gäste – nein, da glaube ich kaum, dass es einer von ihnen war. Ich würde sagen, es handelte sich zum größten Teil um oberflächliche Bekannte. Es gab nichts Vertrauliches zwischen ihnen und der jungen Hausherrin.»
    «Charles Vyse war dort», bemerkte ich.
    «Ja, wir dürfen ihn nicht vergessen. Er ist logischerweise unser Hauptverdächtiger.»
    Mit einer verzweifelten Geste ließ er sich in einen Sessel mir gegenüber fallen. « Voilà – wir kommen immer wieder darauf zurück: das Motiv! Wenn wir dieses Verbrechen verstehen wollen, müssen wir das Motiv finden. Und genau an diesem Punkt, Hastings, bin ich völlig ratlos. Wer um alles in der Welt könnte ein Motiv haben, Mademoiselle Nick aus dem Weg zu schaffen? Ich habe mir zu diesem Zweck gestattet, die absurdesten Theorien zu entwickeln. Ich, Hercule Poirot, habe mich in die niedrigsten Abgründe der Fantasie begeben. Ich habe mich in einen billigen Reißer versetzt. Der Großvater zum Beispiel – der ‹alte Nick› –, der angeblich sein ganzes Geld verspielt hat. Ich habe mich gefragt, ob er es wirklich verspielt hat. Oder hat er es etwa versteckt? Ist es vielleicht irgendwo hier in dem alten Haus versteckt? Oder irgendwo vergraben? In Anbetracht dieser Theorie (ich geniere mich, das einzugestehen) fragte ich Mademoiselle Nick, ob es Kaufgebote für das Haus gegeben hat.»
    «Wissen Sie, Poirot», sagte ich, «das finde ich eine bemerkenswerte Idee. Da könnte etwas dran sein.»
    Poirot stöhnte leise.
    «Ich wusste, Sie würden das sagen. Ich ahnte es, das entspricht ganz Ihrem romantischen, jedoch

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