Das Haus an der Düne
Unvermeidliche einfach nicht akzeptieren. Es war schrecklich, mit niemandem darüber sprechen zu können.»
«Ja, das kann ich mir vorstellen. Waren Sie nie versucht, Madame Rice alles zu erzählen?»
«Manchmal war der Wunsch direkt übermächtig.»
«Glauben Sie, sie hat – etwas geahnt?»
Nick überlegte. «Das glaube ich eigentlich nicht», meinte sie schließlich. «Jedenfalls hat sie sich nie in der Richtung geäußert. Natürlich ließ sie manchmal entsprechende Bemerkungen fallen, zum Beispiel, dass Michael und ich dicke Freunde seien.»
«Als Monsieurs Onkel starb, haben Sie auch da nicht in Erwägung gezogen, sie einzuweihen? Sie wissen doch, dass er vor ungefähr einer Woche starb?»
«Ja, ich weiß. An den Folgen einer Operation, glaube ich. Ich nehme an, danach hätte ich es allen sagen können. Aber es wäre kein guter Stil gewesen, nicht wahr? Ich meine, es hätte ziemlich prahlerisch ausgesehen – es ausgerechnet dann zu erzählen, als die Zeitungen voll waren mit Michaels Abenteuer. Und dann wären die Reporter gekommen und hätten Interviews gewollt. Das hätte alles ziemlich billig gewirkt. Michael hätte so etwas verabscheut.»
«Da stimme ich Ihnen vollkommen zu, Mademoiselle. Sie hätten es nicht öffentlich bekannt geben können. Ich dachte nur, Sie hätten es vielleicht ganz privat einem Freund erzählen können.»
«Ich habe einer Person gegenüber etwas angedeutet», räumte Nick ein. «Ich hielt es nur für fair. Aber ich weiß nicht, ob er – die Person – den Wink richtig verstanden hat.»
Poirot nickte.
«Verstehen Sie sich gut mit Ihrem Cousin, Monsieur Vyse?», wollte er ohne jede Überleitung von ihr wissen.
«Charles? Wie kommen Sie ausgerechnet auf ihn?»
«Ich habe nur so hin und her gedacht.»
«Charles meint es immer gut», entgegnete Nick. «Natürlich ist er ein wunderlicher Kauz. Bewegt sich nie von St. Loo fort. Ich glaube, er hält nicht viel von mir.»
«Oh! Mademoiselle, Mademoiselle! Und ich habe gehört, sein Herz liegt Ihnen zu Füßen.»
«Man kann jemanden ablehnen und doch eine Schwäche für ihn haben. Charles hält meinen Lebensstil für verwerflich und er missbilligt meine Cocktails, mein Aussehen, meine Freunde und meine Konversation. Dennoch kann er sich meiner fatalen Anziehungskraft nicht entziehen. Ich glaube, er hofft darauf, mich eines Tages doch noch zu bekehren.»
Sie hielt einen Moment inne und meinte dann mit einem Anflug ihres früheren Schalks: «Wen haben Sie denn ausgequetscht, um den örtlichen Klatsch herauszubekommen?»
«Sie dürfen mich aber nicht verraten, Mademoiselle. Nur eine kleine Unterhaltung mit der australischen Dame, Mrs Croft.»
«Sie ist ein recht altmodisches, liebes Geschöpf – wenn man genug Zeit für sie hat. Schrecklich sentimental. Schätzt Begriffe wie Liebe, Heim und Kinder.»
«Ich bin selbst altmodisch und sentimental, Mademoiselle.»
«Wirklich? Ich hätte eher auf Captain Hastings als den Sentimentalen von Ihnen beiden getippt.»
Ich errötete vor Ärger.
«Er ist wütend», stellte Poirot fest und weidete sich dabei mit großem Vergnügen an meinem Unbehagen. «Aber Sie haben Recht, Mademoiselle. Ja, Sie haben vollkommen Recht.»
«Überhaupt nicht», widersprach ich ärgerlich.
«Hastings verfügt über ein einmalig herrliches Naturell. So manches Mal hat sich dies allerdings für mich als großes Hindernis erwiesen.»
«Jetzt werden Sie absurd, Poirot.»
«Anfangs will er das Böse überhaupt nicht wahrhaben, und wenn er es dann schließlich doch erkennt, ist es ihm unmöglich, seinen gerechten Zorn zu verbergen. An und für sich ein sehr seltener und schöner Zug. Nein, mon ami, ich werde Ihnen nicht erlauben, mir zu widersprechen. Es ist genauso, wie ich sage.»
«Sie waren beide sehr freundlich zu mir», versuchte Nick mit sanfter Stimme zu vermitteln.
« Là, là, Mademoiselle. Das ist doch nicht der Rede wert. Wir haben noch viel vor uns. Zunächst einmal bleiben Sie hier. Sie müssen den Anweisungen Folge leisten. Sie werden tun, was ich Ihnen sage. In diesem kritischen Augenblick darf man mir auf keinen Fall ins Handwerk pfuschen.»
Nick seufzte ergeben.
«Ich werde tun, was Sie möchten. Es ist doch ganz gleich, was ich tue.»
«Zunächst einmal dürfen Sie keinen Ihrer Freunde sehen.»
«Das macht mir nichts aus. Ich will sowieso niemanden sehen.»
«Sie spielen die passive Rolle – wir die aktive. Jetzt, Mademoiselle, werden wir Sie allein lassen. Ich möchte Sie nicht
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