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Das Haus an der Klippe

Das Haus an der Klippe

Titel: Das Haus an der Klippe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Untersuchungshaft rausholen. Und dann wäre alles, was sie von mir wollen, daß es morgen keinen allzu großen Widerstand gegen ihren Antrag auf Entlassung aus der Untersuchungshaft gibt.«
    Dalziel schnaubte zweifelnd, was Wield zu einer Loyalitätsbekundung veranlaßte.
    »Mir leuchtet’s ein«, sagte er. »Pete den Arm zu verdrehen, so daß er einen Meineid schwört, das ist eine Sache. Verdammt schwierig, und noch schwieriger ist es, damit durchzukommen, denn es würde ziemliches Aufsehen erregen, wenn er plötzlich seine Aussage änderte. Aber unauffällig einem Richter auf den Geist gehen, bis er sie gegen Kaution auf freien Fuß setzt, bloß um zu zeigen, wer das Sagen hat, das wäre kinderleicht. Und würde auch das Gewissen weniger belasten.«
    »Ah ja? Das würdest du tun, echt, wenn dein antiquierter Bücherfreund bedroht würde?« fragte Dalziel.
    Antiquarischer Bücherfreund, korrigierte Novello im Geiste. Gespannt wie eine ehrgeizige Studentin wartete sie ab, wie Wield diese Anspielung auf seinen Lebenspartner aufnehmen würde.
    »Klare Wahl zwischen Edwin und einer Ganovin, kein Problem für mich«, entgegnete Wield ohne Zögern und sah dabei dem Dicken gerade in die Augen.
    »Ach, leck mich«, sagte Dalziel. »Gott sei Dank gibt es noch Leute wie dich und mich, Ivor, die noch einen Funken moralischen Anstand haben, obwohl ich mir bei dir nicht so sicher bin. Du bist ziemlich wortkarg für eine Frau. Hat dich der Ausflug zum Wünschelbrunnen nicht auf irgendwelche Ideen gebracht?«
    »Wünschelbrunnen?« wiederholte Novello unsicher.
    »Na, wo du mein Wechselgeld reingeschmissen hast«, erwiderte Dalziel und stocherte mit dem Zeigefinger in den Münzen herum. »Als ich noch jung war, mußte man es aber drinlassen, wenn’s was bringen sollte.«
    »Ich kann hingehen und uns noch was zu trinken holen, Chef«, sagte Novello zuckersüß.
    »Nein, jetzt soll doch mal ein anderer ’ne Runde schmeißen«, sagte Dalziel, schloß seine Finger um das Geld, schüttelte es trocken und versenkte es in seiner Jackentasche. »Und während wir darauf warten, daß sich Mr. und Mrs. Alzheimer hier daran erinnern, wo ihre Brieftaschen stekken, könntest du uns doch eine Kostprobe deiner weiblichen Intuition geben, was, Ivor? Oder bist du nur zum Bierholen mitgekommen?«
    Das sagst ausgerechnet du, Fettsack! dachte Ivor. Doch obwohl sie gegen den Impuls ankämpfte, ihm den Rest ihrer Cola über seinen massigen grauen Kopf zu schütten, kam ihr die Antwort in jener seltsamen Mischung aus Genugtuung und Entrüstung, mit der sie häufig auf Dalziel reagierte.
    Er hatte sie nicht mitgenommen, weil sie ihm gefiel oder weil er jemanden dabeihaben wollte, der das Bier holte; er hatte sie aus dem schlichten Grund mitgenommen, daß er sich von ihr einen nützlichen Beitrag erhoffte.
    Sie schaute in die Runde. Sie sah nur freundliche Augen auf sich gerichtet, wie Mrs. Robinson in dem Song von Paul Simon. Na gut, vier immerhin. Der Dicke zeigte dafür einen Ausdruck gespannter Erwartung, wie ein Zirkusdirektor, der die Vorführung eines dressierten Schweins verfolgt. Dieser Drecksack.
    Sie sagte: »Ja, also, mir ist was eingefallen zu dem, was gestern passiert ist …«
    »Spuck’s aus, Mädel, bevor ich vor Durst umkomme.«
    »Was, wenn du, will sagen, wenn wir alle den falschen Baum anbellen? Was, wenn’s überhaupt nichts mit dem Chief Inspector und den Typen zu tun hat, die er eingebuchtet hat? Was, wenn es tatsächlich um Ellie, um Mrs. Pascoe geht?«
    Schweigen senkte sich herab, und die Männer schauten einander an, wilde Zweifel im Blick. Allerdings fürchtete Novello, daß sie eher um ihre geistige Gesundheit fürchteten, als von ihrem Scharfblick verunsichert waren.
    Da klingelte das Telefon hinter dem Tresen. Jack Mahoney, der Wirt, lauschte einen Moment und rief dann zu ihnen hinüber: »He, ihr Pfeifen, seid ihr hier?«
    »Wie oft muß man dir noch sagen, du sollst deine Flosse über die Muschel halten, du blöder Hirsch? Ivor.«
    Dieses Mal war Novello höchst erleichtert, den Laufburschen spielen zu dürfen.
    Sie ging zum Telefon, meldete sich und hörte zu.
    Dann warf sie einen Blick zu den Männern am Tisch.
    »Na?« fragte Dalziel. »Hab ich im Lotto gewonnen oder was?«
    Aber Novello wandte sich an Pascoe, wobei sie vergeblich versuchte, ihrer Stimme einen neutralen und offiziellen Klang zu geben.
    »Pete«, sage sie. »Es ist Seymour. Mieser Empfang, aber es hat wieder Ärger bei dir zu Hause gegeben.

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