Das Haus an der Klippe
dafür waren die Franzosen auf der Welt – um mit den Engländern Streit anzufangen.
Ihre Finger huschten über die Tasten.
ließ sich den roten Strom bis auf den letzten Tropfen durch die Kehle rinnen.
Dann wandte er sich den Speisen zu und leerte den zweiten Teller so rasch wie den ersten.
Als er fertig war, gab er der Dienerin den Teller zurück.
»Großartig«, sagte er. »Danke, Mädchen.«
Und er rülpste laut und anerkennend, so daß die Männer lachten. Mit Ausnahme des Fürsten, der sagte: »Freut mich zu hören, daß es dir gutgeht, Fremder. Aber jetzt, da dein natürliches Verlangen nach Speise und Trank gestillt ist, ist es, wie ich meine, an dir, unser ebenso natürliches Verlangen nach Auskunft zu stillen.«
»Frag nur zu, Herr. Ich bin nur ein einfacher Mann, der wenig weiß, was die Neugier eines großen Führers befriedigen könnte. Aber was ich dir sagen kann, will ich nicht verschweigen.«
»Hab Dank, Fremder.«
Der Fürst ließ sich auf einem Hocker am Feuer nieder, Achates kauerte sich neben ihn, und die Männer hockten sich in drei oder vier Kreisen um die drei im Mittelpunkt, während die Frauen ihren Geschäften nachgingen, unterdessen aber aufmerksam verfolgten, was sich am Feuer tat. Der alte Mann hatte dem Fürsten etwas zugeflüstert und sich dann in das Zelt am Felsen zurückgezogen.
»Nun, Fremder, bevor wir nach deinem Namen und deiner Geschichte fragen, erkläre mir eines. Wie kam es, daß du dich bei deiner Ankunft vor mir auf den Boden warfst und um Gnade und Beistand flehtest, und nicht vor dem alten Mann, meinem Vater? Sowenig ich über die Griechen weiß, ist mir doch bekannt, daß ihr ebenso große Achtung vor der Würde und Weisheit des Alters habt wie wir.«
»Wie ihr? Du meinst, ihr seid keine Griechen?« fragte der Fremde mit erstaunter Miene.
»Ich dachte, unsere Kleider und unsere Sprache hätten dir das verraten.«
»Nein, denn es gibt Griechen verschiedener Art. Einmal begegnete mir ein Kerl aus Kreta, ganz in Blau gekleidet wie eine alberne Gans, die ein Fest besucht. Und wie er gesprochen hat. Ich konnte mir keinen Reim darauf machen. Klang schlimmer als mein Vetter mit dem Wolfsrachen. Also dachte ich, ihr seid gewiß auf dieser Insel heimisch, deren Namen ich nicht kenne, an deren Küste zu stranden aber mein Glück war, glaubt mir. Wenn ihr denn keine Griechen seid, was seid ihr dann?«
»Rate mal«, entgegnete der Fürst mit freundlicher Ironie.
»Phönizier? Nein, nicht dunkel genug. Ägypter? Auch nicht. Etwa Medes? Ja, ich hab’s, du könntest Medes sein, stimmt’s?«
»Ich fürchte nein. Wir sind Trojaner. Und ich bin Fürst Äneas von Troja.«
Der edle Äneas. Der aus dem zerstörten Troja floh, seinen Vater auf den Schultern, seinen Sohn an der Hand, dahinter seine Frau (vielleicht mit ihrem alten Hänfling?), bis sie den Weg verlor und schließlich ihr Leben. Der edle Äneas, der dem Befehl der Götter gehorchte und seinem Stern folgte, um nordwärts von Karthago das Römische Reich zu gründen, während Dido zurückblieb und den südlichen Himmel mit ihrem schrecklichen Feuer erhellte.
Keine besonders kluge Entscheidung für eine Frau, sich an den edlen Äneas zu hängen!
Dido kam natürlich später, eigentlich schade. Es hätte sich gelohnt, ihn unter die Lupe zu nehmen, nachdem er ihren Tod auf dem Gewissen hatte! Jedes Handwerk hatte seine Tücken, also Gnade für die Autorin, mehr als für andere Frauen, wenn sie sich an die Tatsachen halten mußte, auch wenn sie in diesem Fall völlig fiktiv waren. Schließlich hatte sie einmal einen Booker-Preisträger bei einer Signierstunde sagen hören: Gib dein Innerstes preis, und die Welt wird vermutlich mit Schweigen reagieren. Wenn du aber einen Fehler machst, dann bekommst du E-Mails von Klugscheißern aus fünf Kontinenten. Aber warum sollte sie das bekümmern, wo sie doch keineswegs vorhatte, ihre Schmusedecke vor der Öffentlichkeit auszubreiten?
Zurück zum edlen Äneas.
Er blickte dem Fremden ernst ins Gesicht und fuhr dann fort: »Das scheint dich nicht zu beunruhigen.«
»Warum sollte es? Ich meine, ihr seid doch keine Menschenfresser oder dergleichen, oder doch?«
»Nein, auch nichts dergleichen, wie du sagst. Aber ich dachte, du hättest davon gehört, daß eine Streitmacht aus allen von Griechen besiedelten Ländern unter König Agamemnon von Mykene im Krieg mit Troja lag, einem Krieg, der zehn Jahre währte. Zeit genug, daß sich die Kunde herumspricht, könnte man
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