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Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava Bennett
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Locke darunter verschwunden war.
    Ich schnappte mir den Brief, den ich auf die Koje zurückgelegt hatte, bevor ich meinem Schwager um den Hals gefallen war, und steckte ihn in meine Jackentasche.
    »Wir treffen uns vor dem Schiff am Kai. Ich muss noch was erledigen«, raunte ich Heinrich zu und machte mich auf den Weg zur Küche.
    Ole hatte Tränen in den Augen, als er sich von mir verabschiedete. »Sehen wir uns mal wieder?«
    »Sicher, wenn ihr im nächsten Jahr nach Saint Croix kommt, komme ich zum Schiff.«
    »Und bring deinen Mann mit!«
    »Meinen Mann?«, fragte ich verwirrt.
    »Das war gemein«, sagte der Koch. »Ich wollte nur Gewissheit, Hanne Asmussen. Du willst gar nicht auf Saint Croix heiraten, da ist bannig was faul, nicht wahr?«
    Ich wurde rot bis über beide Ohren und kämpfte mit mir. Jetzt stand ich vor einer schweren Entscheidung: Sollte ich den herzensguten Mann weiter beschwindeln oder ihm die ganze Geschichte anvertrauen? Ich entschied mich für die Wahrheit, denn ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Ole mich verraten würde.
    Ich holte noch einmal tief Luft. »Gut, dann will ich dir die ganze Geschichte erzählen.«
    Ole hörte mir mit offenem Mund zu. Bisweilen gab er Unmutsäußerungen von sich. Unter anderem, als ich ihm schilderte, wie leichtgläubig ich mich in den Rumkeller hatte locken lassen.
    Nachdem ich geendet hatte, herrschte erst einmal Schweigen. Dann nahm er mich wortlos in den Arm und drückte mich fest an sich. Als er mich wieder losließ, blickte er sich suchend um.
    »Nicht, dass wir noch Lauscher übersehen«, stöhnte er. »Ich bin sicher, dass der olle Jakob Hensen dahintersteckt«, fügte er kaum hörbar hinzu. Das erstaunte mich, denn den Brief mit dem Geständnis hatte ich unterschlagen.
    »Wie kommst du darauf?«
    »Der Mann ist gefährlich, Glaub mir! Und eben gerade, kurz bevor du gekommen bist, war ich an Deck. Und da sehe ich, wie Jasper mit einem Koffer von Bord geht und am Kai mit Jakob Hensen kungelt. Die haben die Köpfe dermaßen zusammengesteckt, dass man meinen musste, die hecken was aus. Also, sieh dich vor, Dirn.«
    »Versprochen!«, entgegnete ich gerührt und umarmte Ole überschwänglich. Schon wieder wurden meine Augen feucht. Ich ließ den Koch abrupt los und stob, ohne mich noch einmal umzudrehen, aus der Küche.
    Als ich die Strickleiter hinunterklettern wollte, musste ich warten, weil Jasper gerade auf dem Weg nach oben war. Er würdigte mich keines Blickes. Mir war das nur recht, und doch durchfuhr es mich eiskalt bei dem Gedanken, Jasper könnte Jakob verraten haben, dass eine Frau an Bord war. Ich zitterte, als ich die Hanne von Flensburg über die wackelige Leiter verließ. Am Kai angekommen, atmete ich gleich aus zwei Gründen auf: Jakob Hensen war nicht zu sehen, und ich hatte wieder festen Boden unter den Füßen.
    Heinrich wartete bereits ungeduldig auf mich. Nervös trat er von einem Bein auf das andere.
    »Wo warst du denn so lange?«
    »Ich habe mich von Ole verabschiedet«, seufzte ich. Ob ich ihm die Warnung des Kochs vor Jakob wiedergeben soll, fragte ich mich, doch dann würde ich ihm auch gestehen müssen, dass er von mir soeben die ganze Wahrheit erfahren hatte.
    Der Brief, der dies bewies, brannte in meiner Jackentasche. Am liebsten hätte ich ihn in Stücke gerissen, aber seine Existenz war die Lösung unseres Problems, nach der wir so lange vergeblich gesucht hatten. Das Schreiben war nämlich ein handfestes Geständnis, und wenn Heinrich damit zu Hause zum Polizeidirektor ging, musste er uns einfach glauben und ich konnte in einem Jahr als freie und lebendige Frau in mein Leben zurückkehren. Ich war gespannt, was Heinrich dazu sagen würde, dass der Brief unsere Rettung war.
    Ich blickte mich neugierig um in meiner neuen Heimat. Es war alles fremdartig und atemberaubend schön.
    In Sichtweite befand sich ein Sandstrand mit weißem Sand. Heller und feiner als bei uns an der Ostsee. Vielleicht konnte ich dem Ganzen ja sogar etwas abgewinnen, jetzt, da ich wusste, dass mein Aufenthalt in diesem Paradies begrenzt sein würde. Es zog mich magisch zum Wasser, und ich verspürte das übermächtige Bedürfnis, meine heißen und geschwollenen Füße zu baden.
    »Komm, wir müssen schnellstens den Brief loswerden«, bemerkte Heinrich ungeduldig, doch ich eilte weiter in Richtung Meer. Der Schweiß lief mir in Strömen den Körper hinunter. Unter meiner Mütze tropfte es hervor und lief ungebremst über den Nacken in

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