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Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava Bennett
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nicht, wer uns verraten hat, aber es war vor Mutter nicht länger zu leugnen. Gerald hat mich an dem Tag der schrecklichen Katastrophe nach Hause gebracht, weil ich noch ein wenig wacklig auf den Beinen war. Mutter hat ihn rauswerfen lassen und als Verführer beschimpft. Am nächsten Tag schon ist sie mit mir nach Kingston gereist. An dem von Mutter bereits lange geplanten Hochzeitstermin im Oktober wurde ich Misses Ben Hunter. Leider durfte ich dich nicht einladen. Na ja, und es wäre ja auch nicht angebracht gewesen wegen Paula und James …
    Valerie konnte nicht weiterlesen. Die Gewissheit, dass man in Kingston eine Doppelhochzeit gefeiert hatte, raubte ihr den Atem.
    »Was habe ich denn anderes erwartet?«, murmelte sie laut vor sich hin. »Was?« Es dauerte eine Weile, bis sie sich in der Lage sah weiterzulesen.
Ich hatte doch keine andere Wahl, als Ben zu nehmen, jetzt, da Gerald diese merkwürdige Person geheiratet hat, oder? Warum hat er das bloß getan? Ich habe gemerkt, dass er mich noch liebt und nicht diese Mulattin! Und ich glaube ja nicht einmal, dass er mit ihr etwas hat. Hast du gesehen, dass er nur Augen für mich hatte? Das ist nicht normal bei einem frisch verheirateten Mann. Das war sicher die Rache für meine Verlobung mit Ben. Und von wem diese Frau auch ein Kind erwarten mag, bestimmt nicht von Gerald. Dafür wird der Vater seines Kindes nun Ben Hunter heißen. Ja, ich bin schwanger und bestimmt nicht erst seit der Hochzeitsnacht, die übrigens todlangweilig war. Ben Hunter ist ein lieber Kerl, aber ein wenig tumb. Er wird mir fraglos abnehmen, dass es sein Spross ist. Und mir bleibt etwas von Gerald. Gib ihm einen Kuss von mir, wenn du ihn siehst …
    Das werde ich ganz bestimmt nicht tun, dachte Valerie empört, bevor sie sich weiter in den Brief vertiefte.
Ich werde dich bestimmt einmal besuchen, wenn das Kind da ist und ich wieder in einem Zustand, in dem ich für einen Mann begehrenswert bin. Vielleicht passt du dann mal auf meinen Nachwuchs auf, während ich mich mit meinem alten Bekannten Mister G. am Strand verabrede. In seinem Haus können wir uns ja leider nicht mehr treffen, seit diese merkwürdige Frau dort wohnt und er mit ihr diese Scheinehe führt. Dass ich nun in Kingston wohnen muss, hat auch seinen Vorteil. Ich habe jetzt nämlich mein eigenes Haus und stehe nicht mehr unter Mutters Aufsicht. Deshalb habe ich eine wunderbare Idee: Willst du, oder besser gesagt, wollt Ihr, Ethan und du, uns nicht zu Weihnachten besuchen? Ich würde mich riesig freuen, und Ben ist ohnehin immer mit allem einverstanden, was ich vorschlage. Bitte gib mir Bescheid. Du kannst bestimmt eine Erholung gebrauchen nach dem Schock, dass die gesamte Ernte zerstört ist. Auch meine Familie ist in großer Sorge, wie es weitergehen soll, denn auf unserer Plantage hat ebenfalls kein Zuckerrohrhalm den Hurrikan überlebt. Ach bitte, komm doch!
Deine Freundin Cecily
    Valerie musste wider Willen schmunzeln. Auch wenn sie sich beim besten Willen nicht vorstellen konnte, einem Mann das Kind eines anderen unterzujubeln, es war typisch für Cecily. Sie kam immer wieder auf die Füße und war von einer Sorglosigkeit, um die Valerie sie nur glühend beneiden konnte. Vielleicht sollte sie wirklich zu Weihnachten nach Kingston reisen? Aber da verwarf sie den Gedanken gleich wieder. Was, wenn sie James und seiner Frau in Kingston begegnete? Nein, das Risiko würde sie auf keinen Fall eingehen. Außerdem musste sie dann Erklärungen abgeben, warum Ethan nicht dabei sein würde.
    Seufzend legte Valerie den Brief beiseite und nahm den zweiten zur Hand. Er war aber gar nicht an sie adressiert, sondern an ihre Großmutter. Sie zögerte. Sollte sie Grandmas Post öffnen oder sie nicht lieber ungeöffnet an den Empfänger zurückgehen lassen? Als sie den Absender sah, entschied sie sich dafür, ihn lieber zu lesen. Er war nämlich aus Flensburg von einer gewissen Gyde Andresen. Valerie lief ein kalter Schauer über den Rücken. Andresen? Hatte der Schwager ihrer Großmutter, Kapitän Heinrich, nicht so geheißen? Mit zittrigen Fingern öffnete sie das Kuvert, dem anzusehen war, dass es bereits eine längere Reise zurückgelegt hatte. Sie war froh, dass es ein kurzer Brief war. Ihre Kenntnisse der deutschen Sprache waren dank Großmutters einstigem Unterricht ganz passabel, aber die ein oder andere Vokabel fehlte ihr.
Liebe Großtante Hanne,
vielen Dank für deinen letzten Brief. Ich verstehe sehr gut, dass du mit dem Herzen

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