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Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava Bennett
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bereitete mir wirklich große Freude.
    Rückblickend waren die letzten Monate bis auf die immer wiederkehrenden Anfälle von schmerzhaftem Heimweh eigentlich sehr schön. Besonders mein kleines Haus habe ich geliebt. Aber das gehört wohl der Vergangenheit an, denn vor ein paar Tagen musste ich wieder in mein Gästezimmer ziehen, in dem mich Misses Leyland bei meiner Ankunft einquartiert hat, aber alles der Reihe nach.
    Im März, bevor der Herr des Hauses zurückkehrte, haben Misses Leyland und ich offen darüber gesprochen, wie der Mann wohl darauf reagieren würde, wenn in der Küche eine weiße Hilfe arbeitete. Ich war sehr skeptisch, ob er mich behalten würde. Misses Leyland teilte meine Besorgnis. Und so beschlossen wir, dass ich mich lieber unsichtbar machen solle. Das war einfacher gesagt als getan. Ich konnte am Tag, wenn ich einmal frei hatte, nicht länger auf meiner Veranda sitzen, weil die Gefahr bestand, dass er mich auf dem Weg zur Plantage entdecken würde. Ich musste mich, um in den Ort gelangen, durch ein Loch im Zaum auf der Plantage quetschen. Und ich musste immer darauf achten, wer des Weges kam. Ich hatte Glück. Kein einziges Mal war ich dem Herrn begegnet, bis …
    Jedenfalls ließ ich mir von den anderen immer gern Geschichten aus dem Haus der Herrschaften erzählen. Es hatte kurz nach seiner Rückkehr eine große Hochzeit gegeben. Das hatte ich in jedem meiner Knochen zu spüren bekommen, denn ich war über eine Woche kaum aus der Küche gekommen, hatte zum Teil auf dem Küchenboden geschlafen, um am nächsten Morgen weiterzubruzzeln. Die frisch gebackene Ehefrau des Hausherrn wurde mir als schön geschildert, aber als schwächlich und kränklich. Es ging das Gerücht, sie könne ihm wohl keinen Erben schenken. Manchmal sah ich sie von ferne, wenn sie wie eine Traumtänzerin durch den Garten schwebte. Sie war klein, beinahe feenhaft, und hatte auffällig helles Haar. Ihr Gesicht konnte ich auf die Entfernung nicht erkennen.
    Abgesehen von den Unterrichtsstunden waren die Besuche in Nafias Hütte meine häufigste Freizeitbeschäftigung. Inzwischen konnten wir uns sogar unterhalten. Natürlich habe ich immer noch gewisse Schwierigkeiten, alles zu verstehen, was sie von sich gab, zumal sie ein ganz anderes Englisch spricht als das, was mir Misses Leyland beizubringen versucht. Es reicht jedoch, um miteinander zu plaudern.
    Mich interessierte von Anfang an brennend, wie man als Sklavin lebt. Erst verstand Nafia den Sinn meiner Frage nicht genau. Sie kannte kein anderes Leben als dieses. Ihre Antworten blieben immer ausweichend. Doch eines Tages – ich glaube, es war im April, näherten wir uns zum ersten Mal dem Kern der Sache. Sie berichtete mir, ihr Bruder wäre geflohen, nachdem der Aufseher ihn so gezüchtigt hatte, dass seine Haut in Fetzen hing. Ich erschauderte allein bei der Vorstellung. Dem gemeinen Aufseher ging ich ohnehin aus dem Weg. Ich hatte ihn auch nur ein paarmal von Weitem gesehen. Ein furchterregender Mensch. Ein Riese mit einem kahlen Schädel. Inzwischen war ich beinahe froh darüber, dass mein Geld Nafias Bruder geholfen hat, dieser Hölle zu entkommen.
    Ich erinnere mich noch genau an Nafias und mein Gespräch, als sie endlich bereit war, mir die Wahrheit über das Leben der Sklaven anzuvertrauen. Es beschäftigt mich immer noch.
    »Hat dieses Tier in Menschengestalt dich auch schon geschlagen?«, hatte ich von ihr wissen wollen.
    Nafia schwieg eine halbe Ewigkeit, bevor sie mir die Narben auf ihrem Rücken zeigte. »Die hat er mir verpasst, als ich noch ein halbes Kind war und in den Feldern Zuckerrohr geschnitten habe.«
    Ich bemühte mich, mein Entsetzen zu verbergen. »Und wie behandelt dich der junge Herr?«
    Sie stieß einen tiefen Seufzer aus. »Ich bin froh, dass er eine Frau gefunden hat«, erwiderte sie ausweichend.
    »Wie meinst du das?«
    »So, wie ich es sage.«
    Ich spürte ihren Widerstand, ließ aber nicht locker. »Züchtigt er dich auch?«
    Nafia schüttelte energisch den Kopf. »Nein, er hat mich noch nie geschlagen, aber bevor er diese Frau geheiratet hat, ließ er mich ständig ins Haus bitten.«
    »Das ist doch freundlich von ihm«, bemerkte ich.
    »Du hast wirklich keine Ahnung«, erwiderte Nafia vorwurfsvoll.
    Mir fielen plötzlich Misses Leylands Worte wieder ein. Hatte sie nicht behauptet, Nafia gäbe sich so verführerisch, dass Mister Sullivan eines Tages die Beherrschung verlieren und sie vergewaltigen würde?
    »Dann kläre mich auf. Ich

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