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Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava Bennett
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nach Rosas Vater«, antwortete eine Stimme hinter ihr. Valerie fuhr herum. Es war Gerald. »Ich weiß, was geschehen ist«, sagte er leise.
    »Ich befürchte, ich weiß es auch«, erwiderte Valerie.
    »Richards Leute wollten sich den Schlüssel zur Destillerie holen, weil sie einbruchssicher ist.«
    »Aber es gibt doch Wachen.«
    Gerald schüttelte den Kopf. »Nur nachts. Wer rechnet denn damit, dass diese Verbrecher am helllichten Tag zuschlagen? Sie haben die Zeit genutzt, zu der normalerweise Pause auf der Sullivan Plantage ist. Die habe ich gestrichen, bis wir überall neu gepflanzt haben …« Valerie merkte, dass Gerald das Reden schwerfiel. Immer wieder hielt er kurz inne und schluckte. Offenbar wollte er weitere Tränen unterdrücken. Stockend fuhr er fort: »Sie muss die Männer gesehen und die Tür abgeschlossen haben, und während die Kerle die Tür aufbrachen, muss sie Georgina in Sicherheit gebracht haben, und die feigen Schweine haben sie von hinten erschossen.«
    Valerie nickte. Genauso hatte es sich ihrer Meinung nach zugetragen.
    Sie ballte die Fäuste. »Ich bringe ihn vor ein Gericht. Dafür wird er büßen!«, rief sie zornig aus.
    »Sie würden mir einen Gefallen tun, wenn Sie meine Tochter mitnehmen würden.«
    »Wie … mitnehmen?« Valerie verstand nicht ganz, worauf er hinauswollte.
    »Ich möchte, dass Sie das Kind in Ihrem Haus in Sicherheit bringen.«
    »Natürlich nehme ich Georgina mit zu mir, bis sie …« Valerie hielt inne, denn nun hätte sie beinahe laut losgeschluchzt, schluckte aber ihre Tränen tapfer hinunter. »Ich nehme sie mit zu mir bis nach der Beerdigung, bis Sie sich wieder in der Lage sehen, für die Kleine zu sorgen«, versicherte sie ihm eifrig.
    Gerald suchte ihren Blick und musterte sie durchdringend. »Sie haben mich missverstanden, befürchte ich. Ich gebe das Kind in Ihre Obhut, solange ich im Gefängnis bin oder eben auch …« Er unterbrach sich hastig.
    »Was haben Sie vor?«, fragte Valerie panisch.
    »Diese Sache muss ich höchstpersönlich in Ordnung bringen. Und glauben Sie mir, ich hoffe natürlich, dass ich es überlebe. Wenn nicht, dann kümmern Sie sich bitte um Georgina.«
    Nach einem flüchtigen Blick auf das winzige Wesen in ihrem Arm, schwor Valerie Gerald, dass sie, was auch passieren möge, immer für Georgina da sein würde.
    »Aber nun sagen Sie mir bitte, was Sie vorhaben«, fügte sie besorgt hinzu.
    Ein trauriges Lächeln umspielte Geralds Mund. »Nein, es ist besser, Sie wissen nichts. Nur so viel.« Er griff unter sein Hemd und zog ein Band hervor, das er um den Hals trug. Daran hing ein Schlüssel. »Sie haben nicht bekommen, was sie wollten. Ich trage ihn immer bei mir!«
    Valerie fehlten die Worte. Sie konnte sich nicht wirklich freuen, weil es noch deutlicher machte, wie sinnlos Rosa Tod war.
    »Aber wenn Sie jetzt etwas Unvernünftiges tun und nie mehr hierher zurückkehren, wer soll dann Rosa beerdigen?«
    »Sie haben ein gutes Herz, Valerie. Das habe ich von Anfang an gewusst, wenngleich ich mich bei unserer ersten Begegnung über Ihre Hochnäsigkeit geärgert habe.«
    »Hochnäsigkeit?«
    »Ja, Sie haben für mich das weiße Mädchen verkörpert, das auf uns Mischlinge herabsieht und nur das Animalische in uns sehen will.«
    Valerie lief rot an. »Sie haben gemerkt, dass ich Sie attraktiv fand?«
    Er nickte. »Und wahrscheinlich hätte ich damit gespielt, wenn ich mich nicht in Cecily verliebt hätte.«
    »Und sie war nicht hochnäsig?«
    »O doch, noch viel mehr als Sie, aber das hat mich gereizt. Sehr gereizt, bis ich mich in Rosa verliebt habe. Da spürte ich den Unterschied zwischen einem getriebenen Jäger und einem liebenden Mann. Rosa hat das Beste in mir erweckt.«
    Am liebsten hätte Valerie ihn umarmt, weil seine Worte sie tief im Herzen berührten. Sie hielt sich zurück. »Das haben Sie wunderschön gesagt«, hauchte sie.
    »Um Rosas Beerdigung machen Sie sich keine Sorgen. Ich werde ihren Leuten Bescheid sagen. Sie leben in Accompong.«
    »In dem legendären Maroonort?«
    »Ja, unsere Familien stammen aus demselben Ort. Auch das hat uns verbunden. Und ihre Familie wird sie nach Hause zurückholen, wenn ich nicht wiederkomme. Aber Sie müssen jetzt gehen. Georgina wird Hunger haben …«
    »Sie haben recht. Das Kind geht jetzt vor!«
    »Ja, Lady, ich vertraue Ihnen, obwohl …« Er stockte und musterte sie zweifelnd. »Was werden die weißen Damen der feinen Gesellschaft sagen, wenn die weiße Frau im

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