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Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava Bennett
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zum Galgen zu gehen. Er würde es doch nicht wagen, ihn … Dann ging alles ganz schnell. Einer der Männer kam mit einem Seil herbeigeeilt und band Jeremiah so an dem Holzpfahl fest, dass er mit dem Rücken zu uns stand. Arthur hielt plötzlich eine Peitsche in der Hand, und als ich sein teuflisches Grinsen sah, wusste ich, was er vorhatte.
    »Nein«, schrie ich. »Tun Sie das nicht!«
    »Bitte nicht!«, ertönte Janes Stimme. »Er ist doch dein Bruder!«
    Der weiße Teufel musterte uns abschätzig. »Er ist ein Tier, und er hat einen Menschen auf dem Gewissen. Hiermit verurteile ich dich zum Tode.« Mit diesen Worten riss er Jeremiahs Hemd entzwei. Wie ein Wahnsinniger ließ er die Peitsche auf seinen nackten Rücken knallen. Ich weiß noch, dass ich schrie und weinte, aber dass ich mich weigerte, die Augen zu schließen, obwohl der Anblick seiner zerfetzten Haut mehr war, als ich ertragen konnte. Ich erbrach mich, was mir einen heftigen Rippenstoß von einem der Männer einbrachte. Irgendwann verließen mich meine Sinne. Ich erwachte auf dem Sofa in Janes Salon. Über mir das hämische Gesicht des Schlächters. »Sie verlassen jetzt auf der Stelle mein Haus«, zischte er.
    »Es ist das Haus Ihrer Schwester«, erwiderte ich und weiß bis heute nicht, woher ich den Mut genommen habe.
    »Für das Herz meiner Schwester war das Schauspiel ein wenig zu viel. Sie ist erlöst«, entgegnete er kaltblütig.
    Ich fuhr hoch. »Wo ist Jeremiah?«
    »Auf dem Richtplatz. Aber Sie werden ihn nicht finden, meine Liebe!«
    Mir liefen kalte Schauer über den Rücken, aber ich schaffte es, mich aufzurichten und mit hoch erhobenem Kopf das Haus zu verlassen. Mir war entsetzlich übel, aber es gelang mir, mich zusammenzureißen und mich erst vor der Tür zu erbrechen.
    Beim Richtplatz angekommen, blickte ich mich suchend um. Von Jeremiah keine Spur. Nur sein zerrissenes Hemd lag im Staub. Neben einem Haufen verkohlten Holzes und Asche. Ich brauchte eine halbe Ewigkeit, um zu begreifen, was geschehen war. Ich schrie verzweifelt auf, bevor ich wie betäubt zu Janes Haus wankte. Dort nahm ich mir eine Vase aus der Diele und kehrte zum Richtplatz zurück. Mit bloßen Händen sammelte ich die Asche zusammen und füllte sie in das Gefäß. Als ich fertig war, stieß ich erneut einen markerschütternden Schrei aus. Danach war alles still, und plötzlich meinte ich, Jeremiahs Stimme zu hören.
    Verzweifle nicht, mein Lieb. Er konnte mich nicht auslöschen. Ich werde weiterleben!
    Ich verstand die Botschaft nicht, bis es mir mit einem Mal wie Schuppen von den Augen fiel: Das Ausbleiben meiner Blutungen, das Anschwellen meiner Brüste …
    Ich weiß nicht, wie ich es geschafft habe, zu Paul Browns Haus zu finden. Zum Glück stellte er keine Fragen und bestand darauf, dass ich mich ins Bett legte. Als ich ihm spät am Abend die ganze Wahrheit erzählte, hatte der junge Doktor Tränen in den Augen. Er versicherte mir, dass es dem Kind und mir in seinem Haus gut ergehen würde. Er hatte nicht zu viel versprochen. Henriette, wie ich meine blondgelockte, wunderschöne Tochter nannte, liebte den Doktor. Er war wie ein Vater zu ihr, doch ich konnte nicht über meinen Schatten springen und seinen Antrag annehmen. Ich wäre mir wie eine Verräterin an Jeremiah vorgekommen.
    Fünf Jahre lebten wir in seinem Haus, bis ich mich in das Anwesen auf dem Hügel verliebte. Gerade hatte ich mit meinem Rum so gute Geschäfte gemacht, dass ich es mir leisten konnte. Paul Brown war untröstlich, als wir auszogen. Und meine kleine Henriette nahm es mir jahrelang übel, dass ich ihr den Vater genommen hatte.
    Bald war ich die erfolgreichste Geschäftsfrau in Montego Bay. Ich lieferte den Rum nach Flensburg, und meine Schwester verkaufte ihn mit reißendem Absatz. Und auch die Plantagen aus Saint Croix produzierten weiterhin puren Rum für den Heimatmarkt im hohen Norden. Natürlich brachten mir die Herren Plantagenbesitzer Neid entgegen, doch was sollten sie gegen mich unternehmen? Hamilton hüllte sich in Schweigen. Es drang nichts nach außen von dem grausamen Mord an seinem Bruder. Er hütete sich, darüber zu sprechen, denn mittlerweile hatte sich das Blatt gewendet. Inzwischen konnte keiner mehr das Gesetz aus London ignorieren, auch kein Arthur Hamilton! Ich vermied jeglichen Kontakt zu seiner Familie. Wenn ich wusste, dass die Hamiltons irgendwo eingeladen waren, sagte ich ab.
    Dagegen, dass seine Tochter Elizabeth und Henriette in dieselbe Klasse gingen,

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