Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava Bennett
Vom Netzwerk:
übrigens mein Sohn. Also, er, der Werfer, und alle anderen im Feld gehören zu den ›Aesculapians‹. Wer von Ihnen ist denn eigentlich Ihr Bruder?«
    »Der große Dunkelhaarige dort ganz in der Nähe Ihres Sohnes.«
    Valeries Sitznachbar brach in dröhnendes Gelächter aus. »Ich weiß ja nicht, warum Sie mir Märchen auftischen, aber das da ist Ethan Brown, der Enkel meines alten Freundes Pauls. Und wenn ich etwas weiß, dann, dass Ethan gar keine Schwester hat.« Er musterte sie eindringlich. Dann huschte erneut ein schelmisches Lächeln über sein Gesicht. »Jetzt verstehe ich. Sie sind wahrscheinlich seine kleine Freundin, und das wollten Sie einem Fremden wie mir nicht auf die Nase binden. Das verstehe ich doch.« Er lüftete seinen Hut. »Doktor Samuel Wilson. Ich bin aus Kingston und nur hergekommen, um meinen Filius zu bewundern. Er arbeitet am hiesigen Queen Victoria Hospital.«
    Valerie zögerte, ihm ihren Namen zu nennen, doch dann sagte sie: »Und ich bin Valerie Sullivan. Aber ich muss Sie enttäuschen. Ethan ist nicht mein Liebster. Er war nur neulich mit seinem Großvater bei uns zum Essen eingeladen und hat seinen Besuch zum Anlass genommen, mich zu einem Cricketspiel einzuladen.«
    Jetzt erst registrierte sie, dass Doktor Wilson sie wie einen Geist anstarrte. »Sie sind die Enkelin von Hanne?«, fragte er, als könne er das nicht glauben.
    »Sie kennen meine Großmutter?«
    »Da fragen Sie Hanne am besten selbst«, knurrte er unwirsch und wandte sich ab. Er zeigte auf das Spielfeld. »Es geht los. Nur noch eines zum besseren Verständnis. Von den ›Gold Suns‹ sind nur zwei Männer im Spiel. Die beiden Schlagmänner. Wenn es einer von ihnen schafft, den Ball so abzuschlagen, dass er es in der Zeit, die die Feldspieler benötigen, um ihn dem Bowler zurückzubringen, schafft, mit dem anderen den Platz zu tauschen, gibt es einen Punkt. Macht der Batsman einen Fehler, fliegt er raus und wird durch einen anderen Spieler seiner Mannschaft ersetzt. Ein Spieldurchgang, der sogenannte Innings, ist spätestens zu Ende, wenn zehn von elf der Schlagleute ausgeschieden sind.«
    An Valerie aber rauschten diese Worte komplett vorbei. Doktor Wilson hatte sie schmerzhaft mit der Wirklichkeit konfrontiert. Die Wut auf ihre Großmutter war noch keineswegs verraucht. So ein kleiner Funke wie der aus dem Mund ihres Sitznachbarn genügte, um einen Flächenbrand zu entfachen. Ein Geheimnis mehr! Sie konnte sich gar nicht mehr auf das Geschehen auf dem Spielfeld konzentrieren. Ihre Augen waren zwar auf die Spieler gerichtet, aber sie nahm das Geschehen nicht wirklich wahr. Vielmehr grübelte sie darüber nach, wie sie sich verhalten sollte. Sie konnte ihrer Großmutter schließlich nicht länger aus dem Weg gehen. Und außerdem hatte Grandma das nicht verdient, denn schließlich war sie zeitlebens Mutter und Vater in einem für sie gewesen. Sie durfte nicht undankbar sein. Und sie liebte die alte Dame ja von ganzem Herzen. Grandma hat mit Sicherheit geglaubt, das Schweigen wäre das Beste für mich, ging es Valerie durch den Kopf, doch dann riss sie ein lautes Geschrei aus den Zuschauerreihen aus ihren Gedanken.
    »Der erste Batsman wird ausgewechselt. Der Ball ist ans Wicket geprallt«, erklärte Doktor Wilson. Wenn er wüsste, wie wenig mich das interessiert, dachte Valerie mit einem flüchtigen Blick auf den Spieler der »Golden Suns«, der nun das Spielfeld betrat und den Batsman ersetzen sollte. Das war … Sie wollte es im ersten Moment gar nicht glauben, aber es gab nicht den geringsten Zweifel: Der junge Mann in dem hellen Hemd und der weißen Hose war James. Sie konnte gar nicht anders, als ihn anzustarren. Jubel brandete auf, als er fast vor dem Wicket angekommen war. Offenbar kannten die Leute James als einen guten Spieler. Valeries Herz klopfte ihr bis zum Hals. Gleich würde er ihr den Rücken zudrehen! Gleich … Da ertönte in der Reihe hinter ihr der Schlachtruf »Fuller Suns«. Valerie ließ den Blick nicht von James, der sich soeben zu seinen Anhängern umdrehte und ihnen zuwinkte. Er lächelte, wirkte locker und gelöst – doch dann gefror sein Lächeln. Er hatte Valerie entdeckt und schien wie gelähmt. Ihr kam es vor, als starre er sie eine halbe Ewigkeit an. Erst als dieselben Männer, die James eben zugejubelt hatten, plötzlich verärgert schrien: »Batsman, los … los!«, wandte Valerie den Blick ab.
    »Gut gemacht!«, bemerkte Doktor Wilson bewundernd. »Jetzt müssen sich die

Weitere Kostenlose Bücher