Das Haus auf den Klippen
sein«, erwiderte Marge. »Bringen Sie sie ihr doch. Sie kennen ja
den Weg.«
Als er weg war, ging Marge hinüber, die Blumen zu bewundern. »Absolut herrlich. Das wird ja allmählich zur Gewohnheit.
Aber was zum Teufel soll das da sein?«
In dem Strauß steckte ein Fähnchen, worauf die Zahl 106 geklebt war. »Ich weiß doch, daß Sie nicht so alt sind, Elaine.«
»John ist einfach nur lieb. So viele Tage dauert’s noch, bis wir
verheiratet sind.«
»Er ist ein Mann mit romantischen Gefühlen, und von der
Sorte gibt’s weiß Gott kaum mehr welche. Elaine, glauben Sie
denn, daß Sie beide auch ein Kind bekommen wollen?«
»Er hat schon eins, und ich nehme doch an, daß Amy und ich
uns allmählich näherkommen.«
»Aber Amy ist siebzehn. Sie geht zum College weg. Es wär
was anderes, wenn sie noch ein Baby wäre.«
Elaine lachte. »Wenn sie noch ein Baby wäre, würde ich ihn
nicht heiraten. So häuslich bin ich einfach nicht.«
Das Telefon klingelte. »Ich geh dran.« Elaine griff nach dem
Hörer. »Atkins Immobilien, Elaine Atkins am Apparat.« Sie
lauschte. »Adam!… Ist das schlimm? Ich meine, eine öffentliche Anhörung, das klingt so erschreckend. Natürlich bereite ich
meine Zeugenaussage vor. Lunch mit dir wäre okay. Ein Uhr?
Bis dann.«
Als sie aufgelegt hatte, sagte sie zu Marge: »Es sieht nach guten Neuigkeiten aus. Sie beraumen eine Anhörung vor Gericht
zu Vivian Coveys Tod ein, was bedeutet, daß auch die Presseleute Zugang haben. Das gibt uns allen doch Gelegenheit, uns
für Scott ins Zeug zu legen.« Sie erhob sich. »Wo ist das Bild
vom Remember House?«
»Neben meinem Schreibtisch«, erwiderte Marge.
»Schicken wir’s ihm doch per Boten mit ein paar Zeilen rüber.«
Auf ihrem persönlichen Briefpapier schrieb sie rasch ein paar
Sätze in ihrer sauberen, energischen Handschrift nieder.
Lieber Scott,
ich habe gerade von dem Gerichtstermin erfahren und bin froh
über die Chance, die ganze Welt wissen zu lassen, wie glück
lich Du und Vivian damals an dem herrlichen Nachmittag
wart, als Ihr Euch das Remember House angeschaut habt. Dir
hat der Ausblick dort so gut gefallen, daß ich Dir gern diese
Aufnahme zur Erinnerung daran vermachen möchte.
Herzlich, Elaine
56
U
m zehn Uhr vormittags am Donnerstag, als der Frühstücksbetrieb allmählich nachließ, benützte Tina Aroldi ihre Viertelstunde Pause dazu, ins Büro des Wayside Inn zu eilen. Die
Sekretärin war alleine dort.
»Jean, was hat dieser Polizist gestern gewollt, als er unter
mein Auto geschaut hat?« verlangte Tina zu wissen.
»Ich weiß nicht, was Sie meinen«, protestierte die Sekretärin.
»Sie wissen sehr genau, was ich meine. Probiern Sie gar nicht
erst zu lügen. Ein paar von den Aushilfsjungen haben ihn durchs
Fenster gesehen.«
»Es gibt gar nichts, weshalb ich lügen sollte«, stammelte Jean.
»Der Polizist hat mich gebeten, ich soll ihm Ihr Auto zeigen,
dann kam er wieder rein und wollte wissen, ob Sie je das Telefon für Reservierungen bedient haben.«
»Ah ja.«
Geistesabwesend ging Tina zu ihrem Revier im Restaurant
zurück. Ein paar Minuten nach eins war sie gar nicht erfreut,
Scotts Anwalt, Adam Nichols, mit Elaine Atkins, der Immobilienmaklerin, die häufig Kunden mit ins Restaurant brachte, hereinkommen zu sehen.
Sie sah, daß Nichols in ihre Richtung wies. Wunderbar. Er wollte sichergehen, daß sie die beiden bediente. Die Empfangsdame
wies ihnen einen von Tinas Tischen zu, und widerwillig ging Tina,
den Bestellblock in der Hand, hinüber, ihre Gäste zu begrüßen.
Sie war überrascht, wie freundlich Nichols sie anlächelte. Er
sieht wirklich attraktiv aus, dachte Tina, nicht umwerfend gut,
aber irgendwas hat er an sich. Man bekam das Gefühl, daß er ein
ganz schön aufregender Typ als Freund sein könnte. Und man
konnte sehen, daß er was auf dem Kasten hatte.
Nun ja, heute lächelte er ja vielleicht, aber neulich, als er mit
Scott reinkam, da war von Lächeln keine Rede, ging es Tina
durch den Kopf. Er war wahrscheinlich einer von diesen Kerlen,
die nur nett waren, wenn sie einen brauchten.
Sie reagierte kühl auf seine Begrüßung und fragte: »Kann ich
Ihnen etwas von der Bar bringen?«
Sie bestellten beide ein Glas Chardonnay. Als Tina sich entfernt hatte, sagte Elaine: »Ich frage mich, was mit Tina heute los
ist.«
»Ich kann mir vorstellen, daß es sie nervös macht, zu der
Zeugenaussage vor Gericht gezerrt zu werden«, antwortete
Adam. »Nun ja, da muß sie einfach
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