Das Haus der Donna: Roman (German Edition)
geschehen. Und wenn ich nach einem furchtbaren Tag im Institut mit der Polizei und der ganzen Arbeit und dem Steptanz für unsere Eltern etwas zu trinken brauche, dann geht das verdammt noch mal niemanden etwas an.«
Ihr zog sich das Herz zusammen. »Ich liebe dich.« Das Geständnis schmerzte, weil Miranda wußte, daß keiner von ihnen es oft genug sagte. »Ich liebe dich, Andrew, und du begehst vor meinen Augen Selbstmord. Und deshalb geht es mich etwas an.«
Tränen standen in ihren Augen, und ihre Stimme weckte sein Schuldbewußtsein und machte ihn wütend. »Gut, dann bringe ich mich also besser allein um. Denn dann geht es dich verdammt noch mal überhaupt nichts an.« Er ergriff die Flasche und marschierte aus dem Zimmer.
Er haßte sich selbst für sein Verhalten, dafür, daß er den einzigen Menschen, dem er rückhaltlos vertrauen konnte, so enttäuscht und ihm weh getan hatte. Aber verdammt noch mal, es war sein Leben.
Andrew schlug die Tür zu seinem Schlafzimmer hinter sich zu und bemerkte gar nicht, daß immer noch der schale Geruch des Whiskeys vom Abend zuvor in der Luft hing. Er setzte sich in einen Stuhl und trank direkt aus der Flasche.
Er hatte schließlich ein Recht auf Entspannung, oder? Er machte seinen Job – und zwar bestimmt nicht schlecht –, warum sollte er sich also Vorwürfe anhören, wenn er mal ein bißchen Alkohol trank?
Oder auch ein bißchen mehr, dachte er grinsend. Wer zählte schon jedes Glas?
Sicher, seine Erinnerungslücken beunruhigten ihn hin und wieder, diese seltsamen Zeitspannen, die scheinbar gar nicht stattgefunden hatten. Aber das lag wahrscheinlich am Streß, und gegen Streß war ein guter, steifer Whiskey noch immer das beste.
Ganz bestimmt.
Er redete sich ein, daß seine Frau ihm fehle, obwohl es immer schwerer war, sich ihr Gesicht klar vor Augen zu rufen oder sich an ihre Stimme zu erinnern. Gelegentlich, wenn er nüchtern war, durchzuckte ihn die Wahrheit. Er liebte Elise gar nicht mehr – und vielleicht hatte er sie überhaupt nie so geliebt, wie er sich einbildete. Also trank er, um diese Erkenntnis zu verdrängen, und genoß das Gefühl, betrogen worden zu sein.
Seit Annie ihn aus ihrem Lokal verbannt hatte, begann er mehr und mehr zu schätzen, allein zu trinken. Allein konnte man trinken, bis man umfiel, und wenn man umfiel, schlief man einfach. So kam man gut durch die Nacht.
Und ich muß gut durch die Nacht kommen, dachte er und blickte grüblerisch auf die Flasche, ehe er sie wieder ansetzte.
Im Grunde aber mußte er ja nicht trinken. Er konnte es kontrollieren und jederzeit damit aufhören. Er wollte es nur nicht. Oder doch, er würde sofort damit aufhören, nur um Miranda und Annie zu beweisen, daß sie sich irrten.
Die Leute haben sich immer in mir geirrt, dachte er voller Selbstmitleid. Angefangen bei seinen Eltern. Sie hatten nie wirklich gewußt, wer er war, was er wollte – und noch viel weniger, was er brauchte.
Ach, verdammt.
Gut, er würde aufhören zu trinken. Morgen, dachte er schmunzelnd, während er die Flasche erneut ansetzte.
Lichter durchschnitten den Raum. Autoscheinwerfer, nahm
er nach langem, angestrengtem Hinsehen an. Gesellschaft kommt. Wahrscheinlich Boldari.
Grinsend nahm er einen weiteren Schluck. Miranda hatte einen Freund. Das gefiel ihm. Es war lange her, seit er seine Schwester mit einem Mann hatte aufziehen können.
Eigentlich konnte er jetzt gleich damit beginnen. Lachend stand Andrew auf. Leisten wir ihnen etwas Gesellschaft, dachte er, während er zur Tür taumelte.
Er würde mal in Erfahrung bringen, welche Absichten Ryan Boldari hatte. Ja, natürlich. Er mußte diesem schlauen New Yorker zeigen, daß Miranda einen großen Bruder hatte, der sich um sie kümmerte. Während er den Flur entlangtaumelte, setzte er wieder die Flasche an. Dann stellte er sich oben ans Treppengeländer und blickte hinunter.
Da stand seine kleine Schwester, genau am Fuß der Treppe, und gab dem New Yorker einen heißen Kuß. »Hey!« rief er, wild gestikulierend. Er mußte lachen, als Miranda erschrocken herumfuhr. »Was machen Sie da mit meiner Schwester, Mr. New York?«
»Hallo, Andrew.«
»Scheiß auf ›hallo Andrew‹. Du schläfst mit meiner Schwester, du Bastard!«
»Im Moment nicht.« Ryan legte Miranda den Arm um die Schultern.
»Hör zu, ich will mit dir reden, Kumpel.« Andrew schaffte es, die Treppe bis zur Hälfte aufrecht hinunterzugehen. Dann strauchelte er und fiel.
Miranda sprang zu ihm hin und
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