Das Haus der Donna: Roman (German Edition)
und legte ihr seine Jacke um die Schultern.
Es war ihr gelungen, ruhig zu werden. Die unablässig tosende See hatte bisher immer noch beruhigend auf sie gewirkt. »Es tut mir schrecklich leid, daß du da hineingezogen worden bist.«
Ihre Stimme klang kühl. Automatische Abwehr. Mirandas Körper war steif, und sie hatte sich ihm noch nicht zugewandt. »Ich bin nicht hineingezogen worden. Ich war einfach da.« Er legte ihr die Hände auf die Schultern, aber sie schüttelte sie ab.
»Das ist schon das zweite Mal, daß du mit einem beschämend betrunkenen Mitglied der Familie Jones zu tun hast.«
»Die Verrücktheit einer Nacht ist ein himmelweiter Unterschied zu dem, was dein Bruder sich selbst antut, Miranda.«
»Das mag ja stimmen, aber es ändert die Tatsachen nicht. Wir haben uns schlecht benommen, und du hast das Chaos in Ordnung gebracht. Ich weiß nicht, ob ich heute abend mit Andrew fertig geworden wäre. Trotzdem wäre ich lieber allein gewesen.«
»Schade.« Verärgert drehte Ryan sie zu sich herum, damit sie ihn ansehen mußte. »Ich war aber hier, und ich werde auch noch für eine ganze Weile hier sein.«
»Bis wir die Skulpturen gefunden haben.«
»Ja. Und wenn ich dich bis dahin nicht leid bin...« Er umfaßte Mirandas Gesicht mit den Händen und gab ihr einen zornigen, besitzergreifenden Kuß. »Darauf kannst du dich einstellen.«
»Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll.« Ihre Stimme übertönte die tosenden Wellen. »Ich kann das nicht. Jede Beziehung,
die ich hatte, endete unangenehm. Ich weiß nicht, wie man mit emotionalen Bindungen umgeht, niemand in meiner Familie kann das.«
»Wir beide sind doch noch gar nicht miteinander verbunden.« Er sagte das mit einer so offenen Arroganz, daß sie am liebsten gelacht hätte. Statt dessen wandte sie sich ab und starrte auf den beständig kreisenden Lichtstrahl des Leuchtturms.
Er wird derjenige sein, der geht, wenn es vorbei ist, dachte sie. Und dieses Mal hatte sie schreckliche Angst, daß sie leiden würde. Es spielte keine Rolle, daß sie wußte, warum er bei ihr war, was sein eigentliches Ziel war. Sie würde leiden, wenn er sie verließ.
»Alles, was passiert ist, seit ich dich kennengelernt habe, ist mir fremd. Ohne die gewohnten Richtlinien funktioniere ich nicht gut.«
»Bis jetzt hast du dich aber ganz tapfer geschlagen.«
»Zwei Männer sind tot, Ryan. Mein Ruf ist ruiniert, meine Familie zerstrittener als jemals zuvor. Ich habe das Gesetz gebrochen, ich habe moralische Grundsätze ignoriert, und ich habe eine Affäre mit einen Kriminellen.«
»Aber du hast dich bisher noch nicht gelangweilt, oder?«
Sie lachte leise auf. »Nein. Ich weiß nur nicht, was ich als nächstes tun soll.«
»Dabei kann ich dir helfen.« Er zog sie an der Hand mit sich fort. »Morgen ist noch Zeit genug, um die nächsten Schritte zu unternehmen. Zeit genug, um darüber zu reden, wie sie aussehen sollten.«
»Ich muß alles in Ordnung bringen.« Miranda blickte zum Haus hinüber. »Ich sollte wahrscheinlich zuerst einmal nach Andrew schauen und dann einen Plan machen.«
»Andrew schläft, und vor morgen früh wird er nicht mehr auftauchen. Um etwas zu planen, braucht man einen klaren Kopf und Konzentration. Und du hast im Moment zuviel um die Ohren, um klar denken zu können.«
»Entschuldige bitte, aber das Planen ist mein Leben. Ich kann drei verschiedene Projekte organisieren, einen Vortrag vorbereiten und ein Seminar leiten, und zwar alles gleichzeitig.«
»Du bist eine furchterregende Frau, Dr. Jones. Dann sagen wir doch lieber, daß ich im Moment nicht besonders klar und konzentriert bin. Und außerdem war ich noch nie in einem Leuchtturm.« Er beobachtete, wie der Lichtstrahl die Dunkelheit durchschnitt und schimmernd auf der Wasseroberfläche lag. »Wie alt ist er?«
Miranda atmete aus. Wenn er sie ablenken wollte, dann wollte sie ihm die Freude lassen. »Er ist 1853 erbaut worden. Von außen ist er unverändert, aber in den vierziger Jahren hat mein Großvater das Innere ausbauen lassen, weil er es als Atelier benutzen wollte. Tatsächlich nutzte er es laut meiner Großmutter für seine Affären, weil er es genoß, in Sichtweite des Hauses und in einem so offensichtlich phallischen Symbol Sex zu haben.«
»Guter alter Großvater.«
»Er war lediglich einer der unerträglich emotionalen Jones. Sein Vater – wieder laut meiner Großmutter, die als einzige über solche Themen redete – gab mit seinen Geliebten in der Öffentlichkeit
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