Das Haus der Donna: Roman (German Edition)
so –, muß die Korrosion sie beschädigt haben. Ich will natürlich die Resultate der entsprechenden Untersuchung«, sie wandte sich an Giovanni, »aber sie sind nicht genau genug, daß ich mich nur darauf verlassen kann.«
»Du kannst relative Vergleiche vornehmen – Thermoluminiszenz.«
»Richtig.« Wieder lächelte sie Richard an. »Wir werden auch den Stoff und das Holz von der Treppenstufe testen. Aber schriftliche Dokumente würden alles natürlich noch viel schlüssiger machen.«
Miranda lehnte sich an den kleinen Eichenschreibtisch. »Sie wurde im Keller der Villa der Donna Oscura gefunden, verborgen unter der untersten Treppenstufe. Ich bekomme einen Bericht der Details, die wir bis jetzt kennen. Nur für Sie drei und Vincente«, fügte sie hinzu. »Sicherheit ist eines der Hauptanliegen der direttrice. Wer Ihnen assistieren will, muß Geheimhaltungsstufe A erfüllen, und die Daten, die Sie weitergeben, müssen sich auf ein Minimum beschränken, bis wir alle Tests abgeschlossen haben.«
»Also gehört sie jetzt uns.« Giovanni zwinkerte ihr zu.
»Sie gehört mir«, verbesserte Miranda ihn mit ernstem Lächeln. »Ich brauche absolut jede Information über die Villa und über die Frau. Ich will sie kennenlernen.«
Richard nickte. »Ich fange sofort an.«
Miranda wandte sich wieder der Bronze zu. »Wir wollen doch mal sehen, woraus sie besteht«, murmelte sie.
Ein paar Stunden später ließ Miranda ihre Schultern kreisen und reckte sich. Die Skulptur stand vor ihr und lächelte hintergründig. In dem Stück Patina und Metall, das Miranda abgeschabt hatte, gab es keine Spuren von Kupfer oder Silikonbronze, kein Platin und auch kein anderes der Metalle oder
Materialien, die in der Renaissance nicht benutzt worden waren. Die Bronze hatte einen Tonkern, wie ihn jedes Stück aus jener Zeit besaß. Die ersten Tests der Korrosionsschichten zeigten spätes fünfzehntes Jahrhundert an.
Sei nicht zu voreilig, befahl Miranda sich. Erste Tests sagten nicht genug aus. Bis jetzt hatte sie nur die Negativa abgeklärt. Es gab nichts Ungewöhnliches, nichts, was nicht an seinen Platz gehörte, kein Anzeichen für ein Werkzeug, das nach ihrer visuellen Überprüfung nicht in die Zeit paßte. Aber die Positiva mußte sie erst noch bestimmen.
War die Dame echt oder falsch?
Miranda nahm sich die Zeit für eine Tasse Kaffee und aß etwas von den Crackern mit Käse, die Elise ihr statt eines Mittagessens bereitgestellt hatte. Sie spürte den Jetlag, beschloß aber, ihn zu ignorieren. Der Kaffee, stark, schwarz und wirkungsvoll, wie nur Italiener ihn machten, pumpte Koffein durch ihre Adern und überdeckte die Müdigkeit. Dieser Zustand würde wohl noch eine ganze Weile vorhalten.
Miranda begann, den vorläufigen Bericht für ihre Mutter in den Computer einzugeben. Er war knapp und trocken, bar jeder Spekulation und vollkommen unpersönlich. Sicher, die Bronze stellte für sie ein Rätsel, ein Geheimnis dar, das sie lösen wollte, aber derart romantische Vorstellungen hatten in ihrem Bericht nichts zu suchen.
Sie schickte ihr den Bericht via e-Mail, speicherte ihn unter ihrem Paßwort auf der Festplatte und nahm dann die Skulptur für den letzten Test des Tages mit sich.
Die Technikerin sprach nur wenig englisch und hatte viel zuviel Respekt vor der Tochter der direttrice, als daß Miranda sich in ihrer Gegenwart wohl gefühlt hätte. Also schickte sie sie zum Kaffeeholen und begann mit dem Thermoluminiszenzprozeß allein.
Durch ionisierende Strahlung fing sie Elektronen im Hochenergiezustand im Tonkern der Bronze ein. Waren die Kristalle im Tonkern erhitzt, gaben sie Lichtgarben ab. Miranda machte sich in ihrem Notizbuch über jeden Schritt und jedes Ergebnis Notizen. Zusätzlich trug sie die Messungen der Lichtgarben ein. Dann erhöhte sie die Strahlung und erhitzte
den Ton erneut, um zu messen, wie empfänglich er für das Einfangen der Elektronen war. Auch diese Messungen übertrug sie sorgfältig.
Im nächsten Schritt testete sie die Strahlungslevel des Ortes, an dem die Skulptur entdeckt worden war. Dabei überprüfte sie sowohl die Schmutzproben als auch das Holz.
Der Rest war nur noch Mathematik. Obwohl die Methode nicht hundertprozentig genau war, trug sie dennoch zur Gesamtsicht bei.
Spätes fünfzehntes Jahrhundert. Es gab keinen Zweifel.
In dieser Zeitspanne hat Savonarola gegen Völlerei und heidnische Kunst gewettert, dachte Miranda. Die Bronze war ein grandioser Fußtritt für diese
Weitere Kostenlose Bücher