Das Haus der Donna: Roman (German Edition)
Florenz!« Elises Stimme war leise und wirkte immer ein bißchen atemlos.
»Es ist schön, wieder hier zu sein. Wie geht es dir?«
»Gut. Viel zu tun.« Elise strahlte ihr Hundert-Watt-Lächeln und ergriff Mirandas Hand. »Wie geht es Drew?«
»Nicht ganz so gut – aber er hat auch viel zu tun.« Als Elise mitfühlend ihre Hand drückte, zog Miranda die Augenbrauen hoch.
»Das tut mir leid.«
»Mich geht es ja eigentlich nichts an.«
»Aber mir tut es immer noch leid.« Sie ließ Mirandas Hand los und wandte sich an Elizabeth. »Möchtest du sie herumführen, oder soll ich es tun?«
»Ich will nicht herumgeführt werden«, sagte Miranda, bevor ihre Mutter antworten konnte. »Ich brauche einen Laborkittel, ein Mikroskop und einen Computer. Und ich möchte das Objekt natürlich photographieren und röntgen.«
»Da bist du ja.« John Carter trat auf sie zu. Mirandas Laborleiter sah inmitten all der makellosen, gestylten Effizienz liebenswert zerknautscht aus. Schon seine Krawatte, auf der dümmlich grinsende Kühe grasten, war schräg. Er war offenbar mit der Tasche seines Kittels irgendwo hängengeblieben, und sie hing nur noch lose an drei Fäden. Auf seinem Kinn war eine dünne Blutspur, weil er sich wohl beim Rasieren geschnitten hatte. Hinter seinem Ohr steckte ein daumendicker Stift, und die Gläser seiner Brille waren verschmiert.
Miranda fühlte sich in seiner Gegenwart sofort zu Hause.
»Geht’s dir wieder gut?« Er klopfte ihr auf den Arm. »Und was macht dein Knie? Andrew hat mir erzählt, daß der Kerl dich niedergeschlagen hat.«
»Niedergeschlagen?« Elise blickte auf. »Wir wußten gar nicht, daß du verletzt warst.«
»Nur ein bißchen angeschlagen. Ist schon in Ordnung, mir geht’s gut.«
»Er hat ihr ein Messer an die Kehle gehalten«, verkündete Carter.
»Ein Messer!« Elise preßte die Hand an ihre Kehle. »Das ist ja schrecklich. Es ist...««
»Ist schon in Ordnung«, sagte Miranda noch einmal. »Er wollte nur Geld.« Sie drehte sich um und sah ihre Mutter an. »Und ich denke, er hat uns schon genug wertvolle Zeit gekostet.«
Einen Moment lang sagte Elizabeth gar nichts. In Mirandas Blick lag etwas Herausforderndes. Offenbar war es für Mitgefühl zu spät.
»Elise soll dich einweisen. Hier ist dein Ausweis, und deine Codekarten sind hier drin.« Elizabeth reichte Miranda einen Umschlag. »Elise müßte all deine Fragen beantworten können.
Sollte noch etwas unklar sein, kommst du zu mir.« Sie blickte auf die schmale Uhr an ihrem Handgelenk. »Ich habe in Kürze eine Sitzung, also kannst du gleich anfangen. Ich hoffe, bis heute abend habe ich schon einen ersten Bericht.«
»Selbstverständlich«, murmelte Miranda, als ihre Mutter wegging.
»Sie verliert wie immer keine Zeit.« Elise lächelte wieder. »Es tut mir leid, daß du so etwas Schreckliches erlebt hast, aber die Arbeit hier bringt dich sicher wieder auf andere Gedanken. Ich habe ein Büro für dich eingerichtet. Die Fiesole-Bronze hat absolute Priorität. Du darfst dir für dein Team jeden von den A-Sicherheits-Angestellten aussuchen.«
»Miranda!« Voller Freude wurde ihr Name gerufen, in der schweren, exotischen Aussprache der Italiener. Miranda lächelte schon, bevor sie sich umdrehte und jemand ihre Hände ergriff und mit Küssen bedeckte.
»Giovanni! Du hast dich gar nicht verändert.« Tatsächlich sah der Chemotechniker immer noch so überwältigend gut aus, wie Miranda ihn in Erinnerung hatte. Dunkelhaarig und schlank, mit Augen wie geschmolzene Schokolade und einem strahlenden Lächeln. Er war ungefähr fünf Zentimeter kleiner als sie, und doch fühlte sie sich in seiner Gegenwart immer besonders zierlich und weiblich. Sein glänzendes schwarzes Haar war zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden – eine Tatsache, die Elizabeth nur deshalb duldete, weil Giovanni Beredonno nicht nur einen schönen Anblick bot, sondern darüber hinaus schlichtweg ein Genie war.
»Aber du hast dich verändert, bella donna. Du bist noch schöner geworden. Aber, was höre ich da, du bist verletzt worden?« Er flatterte mit seinen Fingern über ihr Gesicht.
»Es ist nichts, ich denke schon gar nicht mehr daran.«
»Soll ich jemanden für dich zusammenschlagen?« Er küßte sie liebevoll erst auf die eine, dann auf die andere Wange.
»Kann ich darauf zurückkommen?«
»Giovanni, Miranda hat zu arbeiten.«
»Ja, ja.« Mit einer nachlässigen Geste wischte er Elises steife, mißbilligende Worte weg – ein weiterer Grund
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