Das Haus der Donna: Roman (German Edition)
und zweifellos gefährlich. Und doch hatte sie einen Teil ihres Lebens in seine Hände gelegt. Sie war ihm nahegekommen, näher als jemals zuvor einem anderen Menschen.
Miranda blickte zurück und betrachtete den fernen Leuchtturm. In diesem Turm hatte sie sich in ihn verliebt. Und es würde sich erst noch zeigen, ob dies ein positives Ereignis gewesen war.
Er würde wieder weggehen, wenn er seinen Auftrag erledigt hatte. Er war charmant und klug. Keineswegs grausam. Aber er würde in sein Leben zurückkehren. Und meins, dachte sie, wird weiterhin in Scherben liegen.
Sie konnten die Skulpturen finden, ihren Ruf wiederherstellen, das Rätsel lösen und vielleicht sogar den Mörder finden. Aber ihr Leben läge weiterhin in Scherben.
Und ihre ganze wissenschaftliche Vorbildung half ihr nicht vorherzusagen, wie lange sie brauchen würde, um es wieder aufzubauen.
Zu ihren Füßen lag ein von der Flut zurückgelassener Tümpel mit ruhigem, klarem Wasser, erfüllt von Leben.
Als Kind war sie hier mit ihrer Großmutter spazierengegangen – und mit Andrew. Sie hatten diese Tümpel zusammen erforscht. Sie hatten davorgekniet und sie voller Interesse betrachtet. Und gelacht, wenn etwas, das wie ein Stein aussah, plötzlich in größter Eile vor ihnen floh.
Kleine Welten hatte ihre Großmutter sie genannt. Voller Leidenschaft, Sex, Gewalt und Politik – und häufig viel empfindlicher als das Leben auf den trockenen Gebieten des Planeten.
»Ich wünschte, du wärst hier«, murmelte Miranda. »Ich wünschte, ich könnte noch mit dir reden.«
Sie blickte von der geschäftigen Welt zu ihren Füßen wieder aufs Meer hinaus, und hielt ihr Gesicht in den Wind. Was soll ich jetzt tun? fragte sie sich. Jetzt, wo sie wußte, wie es war, jemanden zu lieben, bis es schmerzte? Wo sie den Schmerz der Leere vorzog, die ihr so vertraut gewesen war?
Miranda setzte sich auf einen Felsen und legte den Kopf auf die Knie. So etwas geschah wohl, wenn man dem Herzen erlaubte, Verstand, Handlungen und Entscheidungen zu kontrollieren. Ihr Leben lag in Trümmern, und sie saß auf einem Felsen, blickte aufs Meer und grübelte über eine Liebesaffäre nach, die unweigerlich zu Ende gehen mußte.
Ein Austernfischer landete nahe am Strand und ließ sich von der Brandung schaukeln. Sie mußte lächeln, als sie ihn sah. Sieh mich an, schien er zu sagen, ich bin völlig unbeeindruckt.
»Es würde sich zeigen, wie unbeeindruckt du bist, wenn ich ein paar Brotkrumen mitgebracht hätte«, sagte sie zu ihm. »Du würdest hastig alle verschlingen, bevor deine Kumpel Wind davon kriegen und sich mit dir darum zu streiten begännen.«
»Ich habe gehört, daß Menschen, die zuviel trinken, mit Vögeln sprechen.« Andrew kam auf sie zu. Er sah, wie sich ihre Schultern strafften, ging aber unbeirrt weiter. »Du hast das hier fallen gelassen.« Er legte ihr ihre Jacke in den Schoß.
»Mir ist zu warm geworden.«
»Wenn du nach dem Laufen hier ohne Jacke herumsitzt, holst du dir eine Erkältung.«
»Mir geht es gut.«
»Wie du willst.« Er nahm seinen ganzen Mut zusammen und setzte sich neben sie auf den Felsen. »Miranda, es tut mir leid.«
»Ich glaube, das sagtest du bereits.«
»Miranda!« Sie ließ es nicht zu, daß er ihre Hand nahm.
»Ich bin hierhergekommen, um eine Weile allein zu sein.«
Er wußte, wie eigensinnig sie sein konnte, wenn sie böse war. »Ich muß dir ein paar Dinge sagen. Wenn ich fertig bin,
kannst du mich ruhig wieder schlagen. Ich bin heute morgen weit übers Ziel hinausgeschossen. Es gibt keine Entschuldigung für das, was ich zu dir gesagt habe. Ich wollte deine Worte nicht hören, deshalb habe ich wild drauflosgeredet.«
»Verstanden. Einigen wir uns darauf, daß wir uns in Zukunft aus den persönlichen Entscheidungen des anderen heraushalten.«
»Nein.« Andrew ignorierte ihre Abwehr und ergriff ihre Hand. »Nein, das werden wir nicht tun. Wir haben uns immer aufeinander verlassen können.«
»Nun, das kann ich wohl jetzt nicht mehr, oder?« Miranda sah ihn an, sah, wie erschöpft sein Gesicht wirkte, trotz der Sonnenbrille, die er aufgesetzt hatte.
»Ich weiß, daß ich dich im Stich gelassen habe.«
»Ich kann auf mich selbst aufpassen. Du hast dich im Stich gelassen.«
»Miranda, bitte.« Er hatte gewußt, daß es nicht einfach werden würde, aber er hatte sich nicht klargemacht, wie sehr ihn ihre Zurückweisung schmerzen würde. »Ich weiß, daß ich ein Problem habe. Ich versuche, damit zurechtzukommen. Ich
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