Das Haus der Donna: Roman (German Edition)
irgend jemandem. Und man sah ihm an, daß er anderen Leuten gern die Knochen bricht. Er sagte, er wolle eine von Rembrandts Statuen kaufen, aber der Heini war kein Kunstliebhaber. Er war ganz traurig, als ich ihm sagen mußte, daß er nicht da ist und ich nicht wüßte, wo er wäre.«
Sie zögerte einen Moment lang, dann zuckte sie wieder mit den Schultern. »Er hatte ’ne Ausbuchtung in der Jacke. Deshalb habe ich ihm die Tür vor seinem fetten Gesicht zugeschlagen und meinen Freund hier herausgeholt.« Sie wies mit dem Kopf auf den winzigen Küchentresen, auf dem die .45er lag. »Sie haben ihn nur um ein paar Minuten verpaßt, deshalb habe ich auch gedacht, Sie wären er.«
»Wie groß war er denn?«
»Ungefähr eins neunzig und ziemlich kräftig. Arme wie ein Gorilla und Schlachterhände. Unheimliche Augen, wie schmutziges Eis, wissen Sie. Wenn mir ein solcher Typ unterkommt, lasse ich mich nicht mit ihm ein.«
»Klug von Ihnen.« Die Beschreibung hörte sich sehr nach dem Mann an, der Miranda überfallen hatte. Harrison Mathers hatte Glück, daß er nicht dagewesen war.
»Also, was wollen Sie von Rembrandt?«
»Ich bin Kunsthändler.« Ryan zog eine Visitenkarte aus seiner Tasche und reichte sie ihr.
»Große Klasse.«
»Wenn Sie von Harry hören, oder wenn er zurückkommt, geben Sie sie ihm, ja? Sagen Sie ihm, ich fände seine Arbeiten gut und würde gern mit ihm darüber sprechen.«
»Klar.« Sie rieb mit dem Finger über die geprägte Schrift, dann hob sie den Drachen an und legte die Karte darunter. »Wissen Sie...« Sie fuhr mit einem ihrer langen roten Fingernägel vorne über sein Hemd. »Draußen ist es kalt und regnerisch. Wenn Sie sich noch ein bißchen länger ... unterhalten wollen, gebe ich Ihnen Rabatt.«
Er war früher einmal eine Zeitlang in ein Mädchen aus der Bronx verknallt gewesen. Der Gedanke daran ließ ihn einen
weiteren Fünfzigdollarschein aus der Tasche ziehen. »Das ist für Ihre Hilfsbereitschaft und das Bier.« Dann wandte er sich zur Tür, wobei er dem Drachen einen letzten Blick zuwarf. »Wenn Sie mal knapp bei Kasse sind, bringen Sie ihn zu Michael Boldari am Hafen. Er wird Ihnen einen guten Preis dafür machen.«
»Ja, ich werde daran denken. Sie können jederzeit wiederkommen.« Sie prostete ihm mit ihrem Bier zu. »Ich schulde Ihnen was.«
Ryan ging rasch über den Flur, knackte das Schloß und war bereits in Mathers’ Apartment, bevor sie den zweiten Fünfziger weggesteckt hatte.
Das Zimmer war genauso groß wie das, in dem er gerade gewesen war. Ryan bezweifelte, daß der Vermieter die Kessel zum Metallschmelzen gutheißen würde. Einige Stücke in verschiedenen Entstehungsstadien standen herum. Keins von ihnen wies soviel Begabung auf wie der Drache, den er einer Nutte für Sex geschenkt hatte. Sein Herz hing an Bronzeskulpturen, dachte Ryan, als er den kleinen Akt betrachtete, der auf der Wasserspülung stand.
Ein Mensch mit Selbstkritik, dachte er. Künstler konnten so schrecklich unsicher sein.
Ryan durchsuchte die ganze Wohnung in weniger als fünfzehn Minuten. Auf dem Boden lag eine Matratze mit zerwühlten Decken und Laken, an der Wand stand eine Kommode, deren Schubladen klemmten und die übersät war mit Brandflecken von ausgedrückten Zigaretten.
Über ein Dutzend Skizzenblöcke, die meisten von ihnen voll, lagen auf dem Fußboden herum. Miranda hatte recht gehabt, dachte Ryan, während er sie durchblätterte, er hat eine gute Hand.
Die einzigen Dinge in dem Apartment, die offensichtlich gepflegt waren, waren seine Utensilien, die auf grauen Metallregalen lagen oder in Plastikmilchkartons steckten.
Die Küche enthielt eine Packung Rice Crispies, einen Sechserpack Bier, drei Eier, verschimmelten Schinken und sechs Pakete mit Tiefkühlmenüs. Außerdem fand Ryan vier säuberlich gerollte Joints, die in einer Lipton-Teedose versteckt waren.
Darüber hinaus entdeckte er dreiundsechzig Cents und einen uralten Riegel Milky Way. Es gab keine Briefe, keine Notizen, keinen Vorrat an Bargeld. Die Mitteilung über die Stillegung des Telefons lag zusammengeknüllt im Abfalleimer, zusammen mit leeren Bierflaschen.
Nirgendwo gab es einen Anhaltspunkt, wohin Harry gegangen war, warum er weg war, wann er beabsichtigte, wiederzukommen.
Er wird wiederkommen, dachte Ryan, während er sich das Zimmer noch einmal ansah. Er würde weder seine Utensilien noch seinen Dope-Vorrat hier zurücklassen.
Und wenn er wieder da war, würde er anrufen, sobald er die
Weitere Kostenlose Bücher