Das Haus der Donna: Roman (German Edition)
Blatt Papier auf.
»Das kann warten.«
Sie blickte hoch und neigte den Kopf. »Hattest du etwas anderes vor?«
»Etwas völlig anderes. Aber offensichtlich kann das auch warten.« Mit zusammengekniffenen Augen trat er auf sie zu, sah sie an, als ob er sie zum ersten Mal sähe und alle Einzelheiten aufnehmen wollte. Als sie sich gegenüberstanden, legte er die Hand unter ihr Kinn und fuhr ihr langsam mit dem Daumen über die Wange.
»Du hast mir gefehlt.« Seine Stimme klang verwirrt, als habe er gerade ein komplexes Rätsel gelöst. »Mehr, als ich erwartet habe. Mehr, als ich wollte.«
»Wirklich?« Sie wich seiner Berührung aus. »Hast du deshalb so oft angerufen?«
»Deshalb habe ich nicht angerufen.« Er steckte die Hände in die Taschen. Er kam sich vor wie ein Idiot. »Warum hast du mich nicht angerufen? Du wußtest immer, wo du mich erreichen konntest.«
Sie senkte den Kopf. Das ist ein seltener Anblick, dachte sie. Ryan Boldari fühlt sich unbehaglich. »Ja, deine verschiedenen Assistentinnen waren äußerst bemüht, mir deinen jeweiligen Aufenthaltsort mitzuteilen. Aber da das Projekt plangemäß voranging, gab es keinen Grund, dich zu behelligen. Und da du anscheinend beschlossen hast, den anderen Geschäftsbereich allein in die Hand zu nehmen, hatte ich dem wenig entgegenzusetzen.«
»Du solltest mir nicht soviel bedeuten.« Ryan wippte auf den Fersen, während er redete, als müsse er sein inneres Gleichgewicht wiederfinden. »Ich will nicht, daß du mir soviel bedeutest. Es steht mir im Weg.«
Miranda wandte sich ab und hoffte, daß er die Kränkung ihren Augen nicht angesehen hatte. »Wenn du unsere Beziehung hättest beenden wollen, Ryan, dann hättest du es weniger kaltblütig tun können.«
Er legte ihr die Hände auf die Schultern und drehte sie ärgerlich zu sich herum, obwohl sie versuchte, sich ihm zu entwinden. »Sehe ich so aus, als wollte ich sie beenden?« Er zog sie an sich und küßte sie wieder, obwohl sie sich wehrte. »Fühlt sich das so an, als wollte ich sie beenden?«
»Spiel nicht mit mir.« Miranda wehrte sich jetzt nicht mehr, und ihre Stimme war schwach und zittrig. Sie verachtete sich dafür. »Ich kann bei solchen Spielen nicht mithalten.«
»Ich wußte nicht, daß ich dich verletzt habe.« Sein Ärger ließ nach, und er lehnte seine Stirn an ihre. Sanft fuhr er mit seinen Händen ihre Arme hinunter. »Vielleicht wollte ich ausprobieren, ob ich es kann. Das spricht nicht gerade für mich.«
»Ich habe nicht geglaubt, daß du zurückkommst.« Sie löste sich aus seinen Armen. »Es fällt anderen Leuten immer leicht, von mir wegzugehen.«
Er merkte, daß er etwas sehr Zerbrechliches beschädigt hatte. Nicht nur ihr Vertrauen in ihn, sondern auch ihren Glauben an ihn. Ohne nachzudenken, sagte er: »Ich habe mich in dich verliebt. Vielleicht ist es sogar mehr. Und das ist nicht leicht.«
Mirandas Augen wurden dunkel, und sie wurde blaß. Sie schwankte und hielt sich an der Schreibtischkante fest. »Ich ... Ryan ...« Doch sie konnte die Worte, die in ihrem Kopf kreisten, nicht in einen vernünftigen Satz fassen.
»Darauf gibt es keine logische Antwort, Dr. Jones, nicht wahr?« Er trat zu ihr und ergriff ihre Hände. »Was machen wir bloß aus der Situation?«
»Ich weiß es nicht.«
»Was auch immer, ich möchte jedenfalls nicht hier bleiben. Kannst du weg?«
»Ich ... ja, ich glaube schon.«
Lächelnd zog er ihre Finger an seine Lippen. »Dann komm mit mir.«
Sie nahm an, daß er irgendwo hinwollte, wo es ruhig war und sie reden konnten, die Gefühle ausdiskutieren konnten, die ihnen offenbar beiden so fremd waren. Vielleicht in ein Restaurant oder in den Park.
Aber er fuhr die Küstenstraße entlang. Keiner von ihnen sagte etwas. Das Land wurde immer schmaler und das Meer, das ruhig und blau in der Mittagssonne lag, umspülte es von beiden Seiten.
An dem langen, steinigen Oststrand stand eine Frau und sah einem Jungen zu, der die Möwen mit Brotkrumen fütterte. Die Straße führte so dicht am Strand vorbei, daß Miranda das breite, entzückte Lächeln auf seinem Gesicht sehen konnte.
Unter ihnen kreuzte ein Schoner mit roten Segeln gegen den Wind.
Sie fragte sich, ob sie wohl jemals so unschuldig glücklich wie dieser kleine Junge gewesen war.
Auf der windabgewandten Seite schimmerten die Bäume schon im zarten Grün des April. Das mochte sie am liebsten, diesen zarten Anfang. Seltsam, daß ihr das noch nie bewußt gewesen war. Dort, wo die Straße
Weitere Kostenlose Bücher