Das Haus der Donna: Roman (German Edition)
sehr liebt, daß sie sogar an einem kalten, verschneiten Morgen ins Institut fährt, noch bevor die Stadt richtig erwacht ist. Er mochte Menschen, die Freude an ihrer Arbeit hatten. Schließlich liebte er seine auch.
Aber was sollte er mit Dr. Miranda Jones machen? Er stellte sich vor, wie sie den Seiteneingang benutzte, wie sie ihre Karte in den Schlitz steckte und ihren Code auf dem Nummerndisplay eingab. Wahrscheinlich würde sie den Sicherheitsalarm wieder aktivieren, sobald sie im Gebäude war.
Alle Berichte wiesen darauf hin, daß sie eine praktische und sorgfältige Frau war. Er schätzte praktisch veranlagte Frauen. Es war eine Freude, sie zu korrumpieren.
Er konnte um sie herum arbeiten, oder er konnte sie benutzen. Seinen Job würde er so oder so erledigen. Aber sie zu benutzen würde weitaus... unterhaltsamer sein. Und da dies sein letzter Job war, kam es ihm nur fair vor, der Spannung und dem Profit ein wenig Unterhaltung hinzuzufügen.
Wahrscheinlich würde sich die Mühe lohnen, Miranda Jones kennenzulernen, sich auf sie einzulassen. Und sie dann zu bestehlen.
In einem Fenster im dritten Stock des weiträumigen Granitgebäudes ging das Licht an. Sofort an die Arbeit, dachte er und lächelte wieder, als er einen Schatten hinter dem Fenster sah.
Er mußte sich jetzt auch an die Arbeit machen. Er ließ den Wagen an und fuhr los, um sich für den nächsten Teil seines Tages umzuziehen.
Das New England Institute of Art History war von Mirandas Urgroßvater gebaut worden. Es war jedoch ihr Großvater Andrew Jones gewesen, der es zu seiner vollen Blüte gebracht hatte. Er hatte immer ein starkes Interesse an Kunst gehabt, und hatte sogar selbst gemalt. Zumindest war er so begabt gewesen, daß er eine stattliche Anzahl junger Modelle davon hatte überzeugen können, sich die Kleider auszuziehen und ihm zu posieren.
Er liebte die Gesellschaft von Künstlern, unterhielt sich gern mit ihnen und gab sich väterlich, wenn ihm ein Künstler – vor allem eine attraktive Künstlerin – auffiel. Er mochte zwar ein Frauenheld und ein starker Trinker gewesen sein, aber er war auch großzügig und phantasievoll, und wenn ihm etwas am Herzen lag, dann war er mit seinem Geld nicht knauserig.
Das Gebäude bestand aus dickem grauem Granit und erstreckte sich mit seinen turmartigen Säulen, seinen Flügeln und Bogengängen über einen ganzen Block. Ursprünglich war es ein Museum mit sorgfältig gepflegten Rasenflächen ringsum, mit riesigen, alten schattenspendenden Bäumen und einer ruhigen, eher strengen Würde gewesen.
Andrew senior hatte mehr gewollt. Er hatte das Institut als Schauplatz für die Kunst und für Künstler gesehen, als eine Arena, in der Kunst dargestellt, wiederhergestellt, gelehrt und analysiert wurde. Also hatte er die Bäume gefällt, die Rasenflächen bebaut und der ursprünglichen Struktur anmutige und verspielte Gebäude hinzugefügt.
Nun gab es lichtdurchflutete Ateliers und Klassenräume mit hohen Fenstern, sorgfältig entworfene Labors, luftige Lagerräume und zahllose Büros. Die Galeriefläche war mehr als verdreifacht worden.
Studenten, die im Institut studieren wollten, wurden nach ihren Verdiensten ausgewählt. Diejenigen, die aufgenommen wurden und es sich leisten konnten, zahlten einen hohen Preis
für das Privileg. Diejenigen, die es sich nicht leisten konnten und dennoch für würdig befunden wurden, bekamen ein Stipendium.
Kunst war heilig am Institut, und seine Gottheit war die Wissenschaft.
Über dem Haupteingang waren die Worte Longfellows in Stein gemeißelt.
KUNST DAUERT UND DIE ZEIT VERGEHT
Das Institut widmete sich der Aufgabe, diese Kunst zu studieren, zu erhalten und auszustellen.
Auch fünfzig Jahre später hatte Andrews Konzeption unter der Führung seiner Enkel noch ihre Berechtigung.
Die Museumsgalerien im Institut waren die besten in ganz Maine, und die dort ausgestellten Werke über die Jahre sorgfältig ausgewählt und erworben worden, angefangen bei Charles’ und später bei Andrews eigenen Sammlungen.
Im Parterre befand sich der öffentlich zugängliche Bereich mit zahlreichen Galerien. Die Klassenräume und Ateliers lagen im ersten Stock. Der Restaurationsbereich war von ihnen durch eine kleine Halle getrennt, so daß Besucher mit den entsprechenden Ausweisen die Arbeitsräume besichtigen konnten.
Die Labors befanden sich im Untergeschoß und waren auf alle Flügel verteilt. Sie bildeten, trotz der großen Galerien und Bildungsmöglichkeiten,
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