Das Haus der Donna: Roman (German Edition)
die eigentliche Grundlage des Instituts.
Die Labors, dachte Miranda oft, sind auch meine Grundlage.
Jetzt stellte sie ihre Aktentasche ab und trat an den Bibliothekstisch vor dem Fenster, um sich einen Kaffee zu kochen. Als sie den Wasserkocher anstellte, klingelte ihr Faxgerät. Miranda öffnete die Fensterläden, dann trat sie an das Gerät und nahm die Seite heraus.
Willkommen zu Hause, Miranda! Hat es dir in Florenz gefallen? Schade, daß deine Reise so brutal abgebrochen worden ist. Wo, denkst du, hast du einen Fehler gemacht? Hast du schon darüber nachgedacht? Oder bist du zu sehr davon überzeugt, daß du recht hast?
Bereite dich auf den Sturz vor. Es wird ein harter Aufschlag werden.
Ich habe lange gewartet. Ich habe dich geduldig beobachtet.
Ich beobachte dich immer noch, und das Warten ist fast vorbei.
Unwillkürlich rieb sich Miranda mit der Hand über den Arm, während sie die Nachricht las. Als sie es merkte, hörte sie auf, aber das Frösteln blieb.
Auf dem Fax stand weder ein Name noch eine Absendernummer.
Der Text liest sich wie ein verschlagenes Kichern, dachte sie. Der Ton war höhnisch und bedrohlich. Aber warum? Und wer sollte so etwas schreiben?
Ihre Mutter? Sofort schämte sie sich für diesen Gedanken. Eine Frau mit Elizabeths Macht, Persönlichkeit und Position würde sich wohl kaum zu solchen kryptischen anonymen Botschaften hinreißen lassen.
Schließlich hatte sie Miranda ja auch schon auf eine direktere Art verletzt.
Wahrscheinlich war es eher ein verärgerter Angestellter von Standjo oder aus dem Institut, jemand der sich von ihr ungerecht behandelt fühlte.
Natürlich, das muß es sein, beschloß sie und versuchte, ihren zitternden Atem wieder unter Kontrolle zu bekommen. Vielleicht ein Techniker, dem sie Vorwürfe gemacht hatte, oder ein Student, der mit einer Benotung nicht zufrieden war. Offenbar wollte sie jemand verunsichern. Aber das würde ihm nicht gelingen.
Trotzdem warf sie das Blatt Papier nicht weg, sondern legte es in ihre Schreibtischschublade und schloß sie ab.
Entschlossen verdrängte sie dann die Nachricht und setzte sich hin, um ihren Tag zu planen. Als sie die ersten Aufgaben auf ihrer Liste abgehakt hatte – die Post und ihre Memos zu lesen, die Telefonnachrichten abzuhören –, war die Sonne aufgegangen.
»Miranda?« Ein Klopfen an der Tür ließ sie zusammenfahren.
»Ja, kommen Sie herein.« Sie blickte auf die Uhr und stellte fest, daß ihre Assistentin wie immer pünktlich war.
»Ich habe Ihr Auto auf dem Parkplatz gesehen. Ich wußte gar nicht, daß Sie heute schon wieder zurück sind.«
»Nein, das war auch... nicht so geplant.«
»Wie war es denn in Florenz?« Lori bewegte sich rasch durch das Zimmer, warf einen Blick auf die Nachrichten, richtete die Jalousien.
»Warm und sonnig.«
»Das klingt wunderbar.« Zufrieden, daß alles in Ordnung war, setzte Lori sich hin und nahm ihr Notizbuch auf die Knie. Sie war eine hübsche Blondine mit einem Puppenmund, einer Stimme wie Betty Boop, und sie arbeitete zügig und zuverlässig. »Es ist schön, daß Sie wieder da sind«, sagte sie lächelnd.
»Danke.« Weil sie so aufrichtig willkommen geheißen wurde, erwiderte Miranda das Lächeln. »Es ist auch schön, wieder hier zu sein. Ich habe eine Menge aufzuarbeiten. Ich brauche die neuesten Daten von dem Carbello-Akt und der Bronzino-Restaurierung.«
Die Routine tat Miranda gut, und in den nächsten zwei Stunden vergaß sie alles andere. Dann ließ sie Lori allein, damit sie die Verabredungen und Konferenzen organisieren konnte, und eilte ins Labor.
Andrew fiel ihr ein, und Miranda beschloß, auf dem Weg ins Untergeschoß an seinem Büro vorbeizugehen. Sein Zimmer lag im entgegengesetzten Flügel, näher am öffentlichen Bereich. Er betreute die Galerien, die Ankäufe und Ausstellungen, während Miranda es vorzog, eher hinter den Kulissen zu arbeiten.
Sie ging durch die langen Flure, und ihre Stiefel quietschten auf dem Marmorboden.
Die Bürotüren waren geschlossen. Gelegentlich ertönte das Klingeln von Telefonen oder das Läuten von Faxgeräten. Eine Sekretärin kam mit einem Stapel Papier aus dem Vorratsraum und warf Miranda einen ängstlichen Kaninchenblick zu, bevor sie »Guten Morgen, Dr. Jones« murmelte und rasch weitereilte.
Haben die Leute Angst vor mir? fragte Miranda sich. Wirkte sie so unfreundlich? Plötzlich fiel ihr das Fax wieder
ein, und sie blickte der Frau, die hinter einer Tür verschwand, mit zusammengekniffenen
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