Das Haus der Donna: Roman (German Edition)
Straßenrand fuhr und anhielt. Sobald die Tür aufging, nahm er ihre Hand, um ihr beim Aussteigen zu helfen. Sein Mund war dicht an ihrem Ohr. »Wir wollen doch mal sehen, ob wir auch diesen Abend schön finden.«
Sie konnte nicht genau sagen, wann sie endlich anfing, sich zu entspannen. Vielleicht bei ihrem dritten Glas Champagner. Miranda mußte zugeben, daß er ein guter Unterhalter war – vielleicht ein bißchen zu gut –, aber es funktionierte. Es war lange her, daß sie im Kerzenschein einem Mann gegenübergesessen hatte, und da der Mann ein Gesicht hatte, als sei er einem Renaissancegemälde entsprungen, war es einfach unmöglich, die Situation nicht zu genießen.
Und er hörte zu. Er mochte ja behaupten, kein besonders guter Student der Kunstgeschichte gewesen zu sein, aber er stellte die richtigen Fragen und war interessiert an den Antworten. Vielleicht wollte er ihr auch einfach nur die Situation erleichtern, indem er sich mit ihr über berufliche Themen unterhielt. Wie auch immer – Miranda war dankbar dafür.
Sie konnte sich nicht mehr erinnern, wann sie sich zum letzten Mal einen Abend lang über ihre Arbeit unterhalten hatte, und während sie darüber redete, wurde ihr wieder einmal klar, warum sie sie liebte.
»Es ist wahrscheinlich diese Enthüllung eines Geheimnisses«, sagte sie. »Das Studieren eines Kunstwerks, seine Geschichte
in Erfahrung zu bringen, seine Individualität und Persönlichkeit.«
»Es zu zerlegen?«
»In gewisser Weise, ja.« Es war angenehm, dort zu sitzen, in der gemütlichen Wärme des Restaurants mit dem knisternden Kaminfeuer und dem kalten, dunklen Meer direkt vor dem Fenster. »Die Farbe, der Pinselstrich, das Thema, der Zweck. Alle Teile können auf der Suche nach Antworten studiert und analysiert werden.«
»Und meinen Sie nicht, daß am Ende die Kunst selbst die Antwort ist?«
»Ohne die Geschichte und die Analyse ist es nur ein Gemälde oder eine beliebige Abbildung.«
»Wenn etwas schön ist, ist das genug. Wenn ich Ihr Gesicht analysieren müßte, nähme ich Ihre Augen – die kühne Sommerbläue, die Intelligenz, die leichte Traurigkeit. Und das Mißtrauen«, fügte Ryan lächelnd hinzu. »Ihren Mund, weich, groß, nur zögernd lächelnd. Ihre Wangenknochen, scharf, aristokratisch. Ihre Nase, schmal und elegant. Ich würde die einzelnen Teile getrennt studieren und analysieren, aber ich würde doch immer zu dem Schluß kommen, daß Sie eine faszinierende Frau sind. Und das kann ich auch, indem ich mich einfach zurücklehne und das Ganze betrachte.«
Miranda stocherte abwesend in ihrem Fisch herum und bemühte sich, nicht zu sehr geschmeichelt oder bezaubert zu sein. »Das war geschickt.«
»Ich bin ein geschickter Mann, und Sie trauen mir nicht.«
Sie sah ihn an. »Ich kenne Sie ja gar nicht.«
»Was soll ich Ihnen denn noch erzählen? Ich komme aus einer großen, lauten, ethnisch geprägten Familie, bin in New York aufgewachsen, habe ohne besondere Begeisterung an der Columbia studiert. Und weil ich nicht künstlerisch veranlagt bin, habe ich mich auf den Kunsthandel verlegt. Ich habe nie geheiratet, was meiner Mutter nicht gefällt – mir reicht es jedoch, daß ich es einmal ganz kurz in Erwägung gezogen habe.«
Sie zog eine Augenbraue hoch. »Und es abgelehnt?«
»Zu dieser speziellen Zeit, mit dieser speziellen Frau. Der zündende Funke hat gefehlt.« Er beugte sich vor, um ihr näher
zu sein – und weil es ihm Spaß machte, die Vorsicht in ihren Augen zu sehen. »Glauben Sie an Funken, Miranda?«
Funken, so stellte sie sich vor, mußten mit den Pings, die sie hörte, verwandt sein. »Ich glaube, sie sorgen für eine kurzfristige Anziehung, aber dann verlöschen sie und reichen nicht aus für eine lange Beziehung.«
»Sie sind zynisch«, stellte er fest. »Ich dagegen bin ein Romantiker. Sie analysieren und schätzen. Das ist eine interessante Kombination, finden Sie nicht?«
Miranda zuckte mit der Schulter und merkte, daß sie nicht mehr ganz entspannt war. Er hatte wieder ihre Hand ergriffen und spielte mit ihren Fingern. Er hatte eine Art, jemanden zu berühren, an die sie nicht gewöhnt war, und die sie nur zu deutlich Funken spüren ließ.
Funken, dachte sie, geben ein hübsches Licht. Aber sie können auch verbrennen.
Daß sie sich so schnell und so stark von ihm angezogen fühlte, war gefährlich, und es war unlogisch. Das hatte nur etwas mit Hormonen und nichts mit dem Verstand zu tun.
Deshalb mußte sie sich
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