Das Haus der Donna: Roman (German Edition)
hinunterging. Erstaunlicherweise war es gerade erst zehn. Ihm war es vorgekommen, als sei schon der ganze Tag vergangen.
Polizisten in Uniform und Zivil bevölkerten das Erdgeschoß. Auf der Ausstellungsvitrine war Pulver wegen der Fingerabdrücke verstreut worden. Die kleine runde Glasplatte war weg. Wahrscheinlich hatte man sie als Beweisstück mitgenommen.
Andrew wandte sich an einen der uniformierten Polizisten, der ihm erklärte, er finde Detective Cook am Südeingang.
Auf dem Weg dorthin kam Andrew in den Sinn, daß der Dieb auch hier gegangen war. Er stellte ihn sich als schwarzgekleideten Mann mit hartem Gesicht vor. Vielleicht mit einer Narbe quer über die Wange? Ob er wohl einen Revolver dabeigehabt hatte? Oder ein Messer? Ein Messer, nahm Andrew an. Falls notwendig hätte er bestimmt lieber rasch und leise getötet.
Er dachte daran, wie oft Miranda nachts noch im Labor oder in ihrem Büro arbeitete, und fluchte heftig.
Als er in den Vorraum trat und Cook dabei antraf, wie er das Angebot des Snack-Automaten studierte, war er immer noch wütend.
»Finden Sie den Verbrecher so?« fragte Andrew. »Indem Sie Kartoffelchips mampfen?«
»Eigentlich wollte ich die Brezeln nehmen.« Seelenruhig drückte Cook auf den entsprechenden Knopf. »Ich versuche, möglichst fettfrei zu essen.« Die Tüte plumpste auf das Metalltablett, und Cook griff durch den Schlitz und holte sie heraus.
»Toll. Ein gesundheitsbewußter Polizist. Ich möchte von Ihnen wissen, was Sie zu tun gedenken, um diesen Bastard zu finden, der in mein Gebäude eingebrochen ist.«
»Meinen Job, Dr. Jones. Setzen wir uns doch!« Er wies auf einen der kleinen Kaffeehaustische. »Sie sehen so aus, als ob Sie einen Kaffee gebrauchen könnten.«
Andrews Augen schossen Blitze. Ihr plötzliches Aufleuchten verwandelte sein schönes Gesicht in eine harte Maske. Cook registrierte die auffällige Veränderung genau.
»Ich will mich nicht setzen«, zischte Andrew, »und ich will auch keinen Kaffee.« Letzteres stimmte allerdings nicht. Er hätte nichts lieber gehabt als einen Kaffee. »Meine Schwester arbeitet abends oft lange, Detective. Allein, und zwar hier im Gebäude. Und wenn sie gestern abend nicht krank gewesen wäre, wäre sie vielleicht noch hier gewesen, als der Kerl eingebrochen ist. Und ich hätte womöglich noch viel mehr verloren, etwas, das viel kostbarer für mich ist als eine Bronzeskulptur!«
»Ich verstehe Ihre Besorgnis.«
»Das glaube ich nicht.«
»Ich habe auch Familie.« Trotz Andrews Ablehnung zählte Cook Münzen ab und wandte sich zur Kaffeemaschine. »Wie möchten Sie ihn?«
»Ich sagte – schwarz«, murrte Andrew. »Ohne alles.«
»Früher habe ich ihn auch immer so getrunken. Das fehlt mir heute noch.« Cook holt tief Luft, als der Kaffee in den Pappbecher floß. »Ich kann Ihnen Ihre Angst ein wenig nehmen, Dr. Jones. Ein typischer Einbrecher – vor allem ein besonders kluger – hat nicht vor, jemanden zu verletzen. Er würde eher vor der Tat zurückschrecken, als daß er sich auf ein solches Risiko einläßt. Er trägt noch nicht einmal eine Waffe bei sich, weil er sonst viel zu lange eingesperrt würde, falls man ihn faßt.«
Cook stellte den Kaffee auf den Tisch, setzte sich und wartete. Andrew zögerte für einen Moment, dann gesellte er sich zu ihm. Die Wut in seinen Augen ließ nach, sein schmales Gesicht entspannte sich, und seine Schultern sanken wieder leicht nach vorn. »Vielleicht war der Kerl aber kein typischer Einbrecher.«
»Vielleicht nicht – aber wenn er so clever ist, wie ich annehme, hat er die Regeln befolgt. Keine Waffen, kein Kontakt mit Menschen. Weder drinnen noch draußen. Wenn Ihre Schwester hier gewesen wäre, hätte er sie gemieden.«
»Sie kennen meine Schwester nicht.« Der Kaffee gab Andrew das Gefühl, langsam wieder ein Mensch zu werden.
»Eine starke Lady, Ihre Schwester?«
»Sie mußte immer schon stark sein. Aber sie ist vor kurzem überfallen worden, direkt vor unserem Haus. Der Kerl hatte ein Messer – sie hat schreckliche Angst vor Messern. Sie konnte nichts gegen ihn ausrichten.«
Cook schürzte die Lippen. »Wann war das?«
»Vor ein paar Wochen.« Andrew fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. »Er schlug sie nieder und stahl ihr die Handtasche und den Aktenkoffer.« Er schwieg und trank noch einen Schluck Kaffee. »Sie war ganz fertig: Wir waren beide fertig. Und wenn ich mir vorstelle, sie wäre hier gewesen, als der Kerl eingebrochen
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