Das Haus der Donna: Roman (German Edition)
wolltest es nicht. Aber gestern hast du selbst das Thema angeschnitten.«
»Ich hätte es nicht tun sollen.« Bei dem Gedanken daran verspürte Annie leise Panik. »Es ist vorbei und vergessen, eine alte Geschichte.«
»Aber es ist unsere Geschichte, Annie«, entgegnete Andrew sanft, weil er ihre Panik bemerkte.
»Laß sie ruhen.« Sie wandte sich von ihm ab und verschränkte abwehrend die Arme.
»In Ordnung.« Warum sollen wir alte Wunden aufreißen, dachte er, wenn es neue gab? »Bleiben wir im Leben von Andrew Jones. Im Moment warte ich darauf, daß die Polizei mir mitteilt, ob ich ins Gefängnis muß oder nicht.«
Er wollte wieder nach dem Whiskey greifen, aber sie kam ihm zuvor, nahm die Flasche, ging in die Küche und goß den Inhalt in den Abfluß.
»Verdammt, Annie!«
»Du brauchst keinen Whiskey, um dich elend zu fühlen, Andrew. Das schaffst du auch so. Deine Eltern haben dich nicht genug geliebt. Das ist schlimm.«
Eine Wut ergriff von ihr Besitz, wie sie sie noch nie verspürt hatte. »Meine haben mich geliebt, sehr sogar, und trotzdem sitze ich abends immer noch allein hier, mit meinen Erinnerungen und Selbstvorwürfen. Deine Frau hat dich auch nicht genug geliebt. Auch schlimm. Mein Mann hat sich einen Sechserpack Bier reingeschüttet und mich geliebt, ob ich wollte oder nicht.«
»Annie, um Gottes willen!« Das hatte er nicht gewußt. »Es tut mir leid.«
»Sag nicht, daß es dir leid tut«, schoß sie zurück. »Ich hab’s überstanden. Ich habe dich überstanden, und ich habe ihn überstanden, indem ich mir klarmachte, daß ich einen Fehler begangen habe und ihn ausbügeln muß.«
»Sag so was nicht.« Jetzt wurde auch Andrew wütend. Ein gefährliches Licht flackerte in seinen Augen, und erregt sprang er auf. »Vergleiche nicht das, was zwischen uns war, mit deiner Ehe!«
»Dann solltest du dasselbe auch nicht mit unserer Geschichte und Elises tun.«
»Das habe ich nie getan. Es ist nicht dasselbe.«
»Verdammt richtig, weil sie so schön und intelligent war.« Annie setzte ihm den Finger auf die Brust, und er wich einen Schritt zurück. »Und vielleicht hast du sie nicht genug geliebt. Wenn du sie nämlich genug geliebt hättest, wäre sie noch bei dir. Ich habe noch nie erlebt, daß du etwas nicht bekommen hast, was du wirklich wolltest. Du kämpfst vielleicht nicht um die Dinge, aber du bekommst sie letztendlich doch.«
»Sie wollte weg«, schrie er. »Man kann nicht erzwingen, daß einen jemand liebt.«
Annie lehnte sich an die Anrichte, schloß die Augen und begann zu seiner Überraschung zu lachen. »Nein, das kann man wirklich nicht.« Sie wischte sich die Tränen aus den Augen. »Du magst ja einen Universitätsabschluß haben, Dr. Jones, aber du bist dumm. Du bist ein dummer Mann, und ich bin müde. Ich gehe jetzt ins Bett. Du findest den Weg hinaus sicher allein.«
Sie stürmte an ihm vorbei, halb hoffend, daß sie ihn so wütend gemacht hatte, daß er sie packte. Aber er tat es nicht, und so lief sie allein in ihr Schlafzimmer. Als sie hörte, wie die Tür hinter ihm zuschlug, rollte sie sich auf ihrem Bett zusammen. Und dann kamen endlich die erlösenden Tränen.
10
Als Cook vor dreiundzwanzig Jahren Polizist geworden war, hatte er bald begriffen, daß ein Detective stundenlange Telefongespräche führen, endlosen Papierkram erledigen und zahllose Leute befragen mußte. Es war weder so aufregend wie im Kino noch so, wie er es sich in seinem jugendlichen Eifer vorgestellt hatte.
Cook hatte an diesem Sonntag nachmittag vorgehabt, in der Miracle Bay zu angeln, da das Wetter sich beruhigt hatte und die Temperaturen ein wenig gestiegen waren. Doch aus einer Laune heraus fuhr er bei der Polizeiwache vorbei. Er hatte sich angewöhnt, seinen Launen und plötzlichen Eingebungen zu folgen, da sie meistens in eine Spur mündeten.
Auf seinem Schreibtisch lag der computergeschriebene Bericht von Mary Chaney, der jungen, hübschen Polizeibeamtin.
Technologie hatte Cook schon immer fasziniert. Er wagte sich nur mit äußerster Vorsicht an den Computer, so wie sich ein Polizist in einer dunklen Straße einem Junkie nähert. Man mußte sich darauf einlassen, weil es ja schließlich zum Job gehörte, aber man wußte verdammt gut, daß es schiefgehen konnte, wenn man auch nur einen falschen Schritt machte.
Der Fall Jones war besonders wichtig, weil die Jones reich waren und der Gouverneur sie persönlich kannte. Cook hatte Mary deshalb gebeten, im Computer nachzuprüfen, welche
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