Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)
du gute Neuigkeiten hast. Sag mir, daß dieser Alptraum ein Ende haben wird.«
Er nahm den Ausdruck vom Tisch. »Drei Produktionsabschnitte von Goldlotus wurden ohne Ephedrin abgefüllt.«
»Bist du sicher?«
»Es gibt eine Lücke in den Datenaufzeichnungen. Jemand hat drei Produktionsprotokolle gelöscht.«
»Wie bist du darauf gekommen?«
»Als ich keine Dateien fand, in denen etwas von zu geringen Ephedrinanteilen stand, wurde mir klar, daß man sie nicht im System gelassen hatte – der Täter war nicht dumm. Ich ging also davon aus, daß er sie gelöscht hatte. Und offensichtlich war es auch so.«
»Und du konntest sie trotzdem wiederherstellen?«
»Nicht allein das, sondern ich habe dadurch auch etwas über unseren Saboteur erfahren. Die meisten Leute glauben, wenn man eine Datei löscht, ist sie damit endgültig verschwunden und hinterläßt auf der Festplatte eine leere Stelle. Aber so ist es nicht. Wenn man eine Datei löscht, geht eine Flagge hoch und meldet dem System, daß hier Platz für neue Daten ist. Aber die gelöschte Datei ist trotzdem noch vorhanden und bleibt es solange, bis sie mit neuen Daten überschrieben ist. Ich brauchte nur ein Hilfsprogramm einzusetzen und konnte so die Daten wieder abrufen.«
Charlotte runzelte die Stirn. »Wie hast du das gemeint – du hättest dadurch etwas über den Saboteuer gelernt?«
»Ich weiß jetzt, daß er kein echter Hexenmeister am Computer ist.«
Sie überflog den Ausdruck. »Drei Produktionseinheiten von Goldlotus blieben ohne Ephedrin. Das heißt, daß dieses Ephedrin drei Einheiten eines anderen Produktes, oder je einer Einheit von drei anderen Produkten, hinzugefügt wurde.« Sie warf das Blatt Papier hin. »GB4204 ist mein Lebensinhalt. Ich kann jetzt nicht alles aufgeben. Es war der Grund, weshalb ich meine Großmutter überhaupt überredet habe, eine biotechnische Firma zu kaufen: damit wir unsere Kräuterextrakte biochemisch untersuchen konnten. Ich war mir einfach sicher, daß ich unter den Arzneien meiner Urgroßmutter etwas finden würde, das auch gegen Krebs hilft.«
Sie brauchte Jonathan nicht davon zu überzeugen, wieviel ihr an Präparat GB4204 lag. Sie wollte damit einem Mann, den sie verehrt hatte, ein Denkmal setzen. Jonathan kannte die Geschichte vom tragischen Tod ihrer Mutter, die von einer Treppe gestürzt war. Sie war eine junge Witwe gewesen, deren Mann sein Leben bei einem Tauchunfall verloren hatte, noch bevor ihr Baby zur Welt gekommen war. Charlotte war allein zurückgeblieben und von ihrer Großmutter in einem großen Haus mit dunklen Möbeln und schweigendem Personal aufgezogen worden. Gideon Barclay war mehr als ein Onkel für sie gewesen.
Jonathan erinnerte sich, wie Gideon damals anstelle von Charlottes Großmutter auf dem Polizeirevier erschienen war, wie er gelächelt und die beiden Missetäter geneckt hatte, während sie darauf warteten, daß der Butler der Sutherlands kam und Jonathan auslöste, weil sein Vater verreist war. Am Ende waren die beiden für ihren Raubzug durch den Müllcontainer der Telefongesellschaft nicht einmal bestraft worden. Charlottes Onkel hatte sie statt dessen in ein Restaurant auf der Powell Street eingeladen und interessiert Jonathans begeisterten Ausführungen über Elektronik und Kommunikationstechnik zugehört. Er hatte sogar versprochen, Charlottes Großmutter nichts zu erzählen, und dieses Versprechen, soweit Jonathan wußte, auch gehalten.
Das Signal des Computers ertönte.
»Verrat mir Deine Pläne, Charlotte. Es bleiben Dir weniger als acht Stunden. Schreib mir unter RB @outlaw.com. PS . Hat Dir der kleine Braten gefallen?«
Sofort setzte sich Jonathan an den Computer, schloß das Datenbanksuchfenster und klickte das Internetsymbol an.
»Was hast du vor?« fragte Charlotte.
»Ich versuche, seinen Standort zu identifizieren. Bleib dran …«
»RB«, sagte Charlotte nachdenklich. »Soll das ein Insiderwitz sein?«
»Wieso?«
»RB – für Richard Barclay?«
Gleich darauf erschien die Adresse von » outlaw.com «. »Es ist ein Internet-Café in West Hollywood.«
»Dann ist er dort! Wir können ihn festnehmen lassen.«
»Vielleicht – vielleicht ist er aber auch nicht so dumm. Vielleicht ruft er nur seine Post von dort ab – per Fernabfrage.« Jonathan tippte weiter, holte die Adresse des Postversenders aus der Kopfzeile, setzte sie in das Fenster und schrieb:
»Dieser Teilnehmer bedroht und belästigt uns. Können Sie uns seine Identität
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