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Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)

Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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versetzte Jonathan nachdenklich, den Blick auf den Monitor geheftet. »So, so«, sagte er leise. »Desmond ist also immer noch in der Firma?«
    »Er ist Vorstandsmitglied.« Charlotte dachte an die erbitterte Rivalität, die zwischen Jonathan und ihrem Cousin geherrscht hatte. Wie oft mußte sie damals Frieden stiften!
    »Gibt es eine Möglichkeit, diese Briefe zurückzuverfolgen?« fragte sie.
    »Nein. Sie sind über einen anonymen Provider gekommen. Es ist so gut wie unmöglich, ihren Weg zum Absender zurückzuverfolgen.« Er sah sich im Büro um. »Wer könnte hier hereinkommen und deinen Computer anstellen?«
    »Praktisch jeder. Er braucht nur zu wissen, wo die Schlüssel liegen.«
    »Wer kennt dein Paßwort?«
    »Keiner außer mir, und es gibt keine Möglichkeit es herauszufinden. Ich habe es nirgends aufgeschrieben.«
    Sie bemerkte, wie Jonathan aufmerksam ihr Büro musterte, als suche er nach Hinweisen und Antworten. Sie erinnerte sich daran, daß er schon immer so gewesen war und in seiner Umgebung nach Antworten gesucht hatte, die am Ende meist aus seinem eigenen Inneren kamen. Sie bemerkte, daß seine Augen auf dem geöffneten Wandsafe ruhten, worin der in Leder gebundene Gedichtband zu erkennen war. Und in seinem Blick flackerte etwas auf, was Charlotte für einen Moment erschrecken ließ: es schien ihr, als sei es tiefer Schmerz. Aber das konnte nicht sein. Sie war diejenige gewesen, der man weh getan hatte.
    Sie beobachtete ihn, wie er sich mit langen, eleganten Fingern das nasse Haar zurückstrich, und dachte an den unschuldigen Anfang ihrer Liebe, damals, als sie unzertrennlich gewesen waren, zwei Kinder, die gemeinsam vom Sprungbrett hüpften oder einander umarmten, atemlos vor Lachen, Jonathans Finger um ihr Handgelenk, als er sie endlich an seinen erstaunlichen und geheimen Ort führte. Damals waren sie dreizehn gewesen, vierzehn, fünfzehn.
    Für einen Augenblick wäre Charlotte an diesem stürmischen, alptraumhaften Abend, an dem das Licht flackerte und es überall nur so von Bundesagenten wimmelte, am liebsten in den Schatten der Golden-Gate-Brücke zurückgekehrt, um dort zu sitzen und die Schiffe zu zählen, während Jonathan ihr ein Armband aus Gras flocht. Aber als sie sah, wie er gekleidet war – der maßgeschneiderte Anzug aus London, das Hemd mit den französischen Manschetten und die perfekt geknotete Seidenkrawatte –, wurde sie in die schmerzhafte Wirklichkeit zurückgeholt. Was hatte sie denn erwartet – zerrissene Jeans und ein Grateful-Dead -T-Shirt? Den Jonathan gab es nicht mehr. Dieser Jonathan jetzt, wohlhabend und erfolgreich, war ein Fremder. Es würde kein Zurück mehr geben.
    Er drehte sich um und wollte etwas sagen. Doch als er innehielt und sie mit ernsten Augen ansah, wußte Charlotte, daß auch er an die Vergangenheit dachte.
    Er streckte den Arm aus und berührte den Anhänger ihrer Kette, der auf ihrer Brust lag. »Du trägst ihn immer noch.«
    »Damit ich mich immer daran erinnere.« Jonathan war der einzige Mensch, der die Wahrheit über ihr Verschwinden in jenem Sommer kannte, damals, als sie fünfzehn gewesen war. Er war auch der einzige, der wußte, was das Medaillon enthielt.
    Er ließ den silbernen Bernsteinanhänger los und sagte: »Harmony Biotec.«
    Sie wußte, was er meinte. Sie hatte den Namen geändert, als sie die Firma nach dem Tod ihrer Großmutter übernahm. »Es war an der Zeit moderner zu werden«, erwiderte sie ein wenig abwehrend. »Kräuter allein genügen nicht. Die Menschen brauchen auch echte Arzneien.«
    »Die wichtigste Medizin, die deine Großmutter zu bieten hatte, kam nicht aus einer Flasche«, sagte Jonathan leise, und in seinen dunkelbraunen Augen schienen sich Erinnerungen zu spiegeln. »Ihr wirkungsvollstes Heilmittel war ihr Mitgefühl. Sie hatte begriffen, daß Zuwendung von großer Bedeutung für einen Heilungsprozeß ist«.
    »Zuwendung heilt keinen Krebs. Harmony steht kurz davor, ein neues Mittel herauszubringen, das ihn bekämpfen kann. Klinische Tests von GB4204 an freiwilligen Probanden haben erwiesen, daß die Überlebensrate um fast fünfzig Prozent zu steigern ist. Denk doch nur – fünfzig Prozent!«
    Er lächelte. »Nach so vielen Jahren erfüllt sich endlich dein Traum.«
    Ihre Miene verfinsterte sich. »Oder zerspringt in tausend Scherben.«
    Wieder blickte er auf den Monitor und las erneut die letzte bedrohliche E-Mail. »Vielleicht findet sich hier auch das Motiv unseres Freundes. Denn schließlich würde

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