Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)
diese alberne Presseerklärung, die ich abgeben soll.«
Jonathan schüttelte gedankenvoll den Kopf. »Das glaube ich auch nicht. Er will etwas anderes von dir. Seine Drohungen und dieses Ultimatum sind nur Mittel, die er einsetzt, um deine Nerven zu ruinieren, damit du schwach und verletzlich bist, wenn er zum entscheidenden Schlag ausholt.«
»Und die Garagentür und das Video?«
»Um dir zu zeigen, daß er jederzeit an dich und die Menschen, die dir nahestehen, herankommen kann.«
Seine Worte hingen in der Luft wie eine bedrohliche schwarze Wolke, während sie beide über diese neue Entwicklung nachdachten. Der Risikofaktor war um etliches größer geworden, der Einsatz um vieles höher.
Unvermittelt stand Jonathan vom Schreibtisch auf und griff nach seiner Jacke.
»Wo willst du hin?«
»Mir meine Pistole wiederholen. Ich möchte, daß du sie nimmst.«
»Nein.«
»Verdammt, Charlotte …«
»Jonathan, du kennst mein Verhältnis zu Schußwaffen.«
»Dann möchte ich, daß du wegfährst, an irgendeinen sicheren Ort.«
»Das kann nicht dein Ernst sein. Ich muß hierbleiben.«
»Es geht um deine Sicherheit!« Er schlüpfte in einen Ärmel. » Ich kann hier weiterarbeiten. Solange mich niemand entdeckt, kann ich diesen Schweinehund innerhalb von …«
»Ich werde nicht gehen. Wenn ich überhaupt etwas mache, dann schlage ich zurück.«
Er ließ die Jacke an seinem Arm hängen und musterte Charlotte.
Sie stand mit bleichem Gesicht und zitternden Händen da, aber ihr Kinn war fest, und ihre Augen leuchteten klar. Sie hatte Angst, verlor dabei aber nicht die Beherrschung. Und sie wollte angreifen, jetzt, wo sie selbst verletzlich war.
Eine großartige Frau.
Er hängte seine Jacke wieder über den Stuhl. »Na schön. Vorläufig. Es gefällt mir zwar nicht, aber ich kann dich ja nicht zwingen.«
Charlotte schwieg.
»Jonathan«, begann sie nach einer Weile. »Hast du eigentlich jemals etwas über das Chalk-Hill-Massaker gehört? Die Demonstranten da draußen haben ein Bild, das mich zeigt, und zwar so, als ob ich an allem schuld wäre.«
Er nickte.
»Weißt du, daß ich nie verurteilt wurde? Man hat mich nicht einmal angeklagt.«
»Ich weiß, Charlotte. Ich weiß.«
»Aber jetzt werden sie von dieser Geschichte Gebrauch machen. Der ganze Alptraum wird wieder ans Licht gezerrt werden, und sie werden Chalk Hill dazu benutzen, mich und meine Firma ans Kreuz zu schlagen und andere unschuldige Menschen zu verletzen. Mein Gott, Jonathan, wie konnte es soweit kommen?«
Er streckte den Arm aus und massierte ihre Schulter, aber sie wich seiner Berührung hastig aus. »Bestimmt hat Großmutter hier irgendwo Tee aufbewahrt.« Sie öffnete die Schränke in der kleinen Kochnische, die zum Büro gehörte. Als sie eine Schublade aufzog, hielt sie inne, griff dann hinein und holte etwas heraus, das wie ein altes Buch aussah. Als sie es aufschlagen wollte, fiel eine Fotografie heraus.
Eine sehr alte Fotografie.
»Was zum Teufel geht hier vor?«
Charlotte und Jonathan fuhren herum. Der private Überwachungsmonitor zeigte den vom Regen gepeitschten Parkplatz. »Wieso hat die Polizei noch nichts unternommen?« dröhnte Adrian Barclay, der gerade aus einer weißen Stretch-Limousine stieg, wobei der Chauffeur einen Regenschirm über ihn hielt. Als ein langes, wohlgeformtes Bein vom Rücksitz der Limousine sichtbar wurde, ließ der Chauffeur Adrian Barclay sofort im Stich und beeilte sich, die dünne, sonnengebräunte Frau zu beschirmen, die jetzt in den Regen trat.
Jonathan stieß einen leisen Pfiff aus. »Wie ich sehe, hat Margo sich gut gehalten.«
Aber Charlotte, die das entdeckte Foto in der zitternden Hand hielt, starrte auf die beiden Neuankömmlinge und dachte: Nun geht der Ärger erst richtig los.
10
Sobald die Barclays aus dem Blickfeld der Kamera verschwunden waren, tippte Jonathan auf Tasten an der Schalttafel und holte das Ehepaar auf den Bildschirm zurück, als es durch die Eingangshalle des Hauptgebäudes ging. Beide in weißen Hosen und pastellfarbenen Hemden, braungebrannt und fit, sahen sie unverkennbar nach dem aus, was sie auch waren: Mitglieder der reichen Gesellschaft von Palm Springs, die mit pensionierten US-Präsidenten Golf spielten. Adrian Barclay, klein und stämmig gebaut, mit eisgrauem Haar, sprach in ein Handy, während seine Frau Margo, größer als er, das aschblonde Haar aus dem gelifteten Gesicht zurückgekämmt, den Sicherheitsdienst anfuhr, die Wachen am Haupteingang zu
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