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Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)

Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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zugeschaut, wie der Wind mit ihrem Haar spielte und die Sonne auf ihre glatte Haut schien. Charlottes Geheimversteck war ein kleiner Garten auf dem Dach der Villa ihrer Großmutter, wo jemand vor langer Zeit eine zierliche Laube errichtet hatte. Charlotte hatte sie mit Topfpflanzen und kleinen Bäumchen in einen Wald verwandelt und sogar ein Vogelbad aufgestellt, das sie regelmäßig auffüllte. Von dort oben konnte man die Golden-Gate-Brücke sehen, die Bucht, die Stadt und den Rand der Welt.
    Damals mit dreizehn, als Charlotte schüchtern gesagt hatte, »Möchtest du vielleicht mein Geheimversteck sehen?«, hatte Johnny die Geste unbeholfen erwidert, indem er ihr seinen privaten Zufluchtsort gezeigt hatte. Sie war der einzige Mensch, den er je dorthin gebracht hatte, und nie würde er ihren entsetzten Gesichtsausdruck vergessen, als sie sah, wohin er sich zurückzog.
    Genauso, dachte er jetzt düster, wie er einen anderen entsetzten Blick, sechzehn Jahre später, nie vergessen würde, damals in San Francisco, als sie sich zum letzten Mal begegnet waren. Er war in der Hoffnung gekommen, den Riß zu kitten, der sich sechs Jahre zuvor zwischen ihnen aufgetan hatte, nachdem er ein Jahr am MIT gewesen war. Das war 1981 gewesen, und seine Welt war zerbrochen, als sie am Telefon zu ihm sagte: »Ich brauche meine Freiheit.«
    In diesem schwarzen Jahr 1981 hatte er gedacht, sie würde ihn heiraten. Statt dessen wollte sie ihren eigenen Weg gehen. Darum war er sechs Jahre später nach San Francisco gekommen, weil er gehofft hatte, sie hätte es sich zwischenzeitlich anders überlegt und wollte doch bei ihm bleiben.
    Aber sie hatte ihn einfach sitzenlassen und war fortgegangen.
    »Jonathan?«
    Er blinzelte. Das italienische Restaurant und Charlottes entsetzter Blick verschwanden. Sie stand in ihrem Papieroverall, die Papierhaube auf dem Kopf, vor ihm und musterte ihn mit leichtem Stirnrunzeln. »Wie läuft es mit dem Speichern?« Es klang, als stelle sie die Frage schon zum zweiten Mal.
    »Informationen haben ihre eigene Geschwindigkeit«, antwortete er stockend, die Kehle von Erinnerungen zugeschnürt. Damals war er fast hinter ihr hergerannt, hätte ihr beinahe nachgerufen: »Sag mir, ich soll sie nicht heiraten, Charlie! Sag mir, daß du es bist, die ich heiraten muß!«
    »O mein Gott!« Charlotte zeigte plötzlich auf den Überwachungsmonitor. Jemand hatte das angrenzende Labor betreten. »Es ist Knight, und er kommt hierher!«
    Sofort schaltete Jonathan den Bildschirm aus und sprang auf.
    »Dort!« flüsterte Charlotte, und die beiden schlüpften in eine Abstellkammer, in der Besen, Schrubber und Eimer ihnen kaum Platz ließen. »Jetzt bete bloß, daß das System sich nicht einfallen läßt, mit einer Defragmentierung zu beginnen!« sagte Jonathan ganz leise. Sie starrten auf die Tür.
    »Wieso?«
    »Knight wird es hören und merken, daß der Computer läuft.«
    Durch den Türspalt sahen sie Knight eintreten. Sein Regenmantel tropfte, der kahle Kopf glänzte. Er blickte sich um. Einen Moment lang ruhten seine Augen auf dem dunklen Monitor.
    Charlotte schlug das Herz bis zum Hals. Konnte er das Summen des Computers unter dem Schreibtisch hören?
    Auch Jonathan folgte Knight mit besorgten Blicken, aber seine Gedanken waren anderswo. Charlotte stand so dicht neben ihm, daß sie ihn fast berührte, und erfüllte ihn mit dem Duft ihres Shampoos und ihrer Hautcreme – dem unaufdringlichen, feinen Parfüm der Schlüsselblumen-Serie von Harmony.
    »Jonathan!« zischte sie plötzlich und nickte zum Schreibtisch hinüber. Dort stand seine schwarze Tasche auf dem Boden neben dem Stuhl.
    »O Gott.« Er hatte sich nicht auf seine Arbeit konzentriert, sonst wäre ihm nie ein solcher Fehler unterlaufen.
    »Wenn er sie bemerkt …«
    Sie hielten den Atem an. Charlotte drängte sich dichter an Jonathan. Er legte den Arm um sie, und sie sahen, wie Knight langsam den Kontrollraum prüfte und die Augen über Schreibtische, Monitore, Schalttafeln wandern ließ. Als er vor die große Panzerglasscheibe trat, um sich die Fabrikationsanlage anzuschauen, wäre er mit dem linken Fuß beinahe gegen die Tasche gestoßen.
    Charlotte gab sich alle Mühe, ruhig zu bleiben. Sie sagte sich, daß die Firma schließlich ihr Eigentum war, daß sie das Recht hatte, sich hier aufzuhalten, daß es ihr freistand, einen außenstehenden Berater zu engagieren. Warum gab man ihr das Gefühl, eine Verbrecherin zu sein? Es war Knights Schuld. Einem anderen hätte

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