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Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)

Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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nahm meinen Korb von der Schulter und stellte ihn auf den Boden. Der Tisch war klein und aus Marmor. Er hatte dünne Metallbeine. Die Stühle waren nicht besonders bequem. Vielleicht sollte man sich hier nicht aufhalten, sondern nur schnell sein Eis essen und dann neuen Kunden Platz machen.
    Mein Bruder betrachtete meinen Korb. »Wie gehen die Geschäfte?«
    »Das Glück ist mir wohlgesonnen«, erwiderte ich und zupfte verlegen an meinen ausgefransten Ärmeln.
    Er prüfte meine bescheidenen Waren: einfache Flaschen, dazwischen braune, mit Bindfaden verschnürte Päckchen und die ganz unterschiedlichen Marmeladengläser, in denen ich meinen neuen Balsam anbot. Er lächelte und sagte neckend: »Was Sie brauchen, ist gute Werbung.«
    Ich verstand nicht, was er meinte, aber er hatte eine lustige Art, es zu sagen … die Art, wie seine Stimme manchmal brach, das gelegentliche kleine Lachen. Ich lachte auch und bedeckte dann schnell meinen Mund mit der Hand.
    »Sie haben ein sehr nettes Lachen, Harmonie. Verstecken Sie es nicht.«
    Dann merkte ich, wie er mein Kleid musterte, die an manchen Stellen fadenscheinige Seide, die mit verschiedenfarbigem Garn reparierten Schlingenverschlüsse, den abgewetzten Mandarinkragen und den langärmligen Pullover mit den Löchern an den Ellbogen. »Sie sind sehr blaß. Bekommen Sie eigentlich genug zu essen?«
    »Mehr, als ich zu mir nehmen kann«, antwortete ich, obwohl ich gestern das letzte Mal gegessen hatte. »Ich muß die Reste verschenken, es ist zu viel.«
    Er winkte dem Kellner. »Dann warten Sie, bis Sie erst die heiße Schokoladensoße hier probiert haben. Sie geben Rosinen hinzu, das macht sie so besonders gut.«
    Mein Magen gab plötzlich ein lautes Geräusch von sich, und ich legte, peinlich berührt, rasch die Hand darauf. Gideon lachte. Dann sah er nach unten auf meine Hand, und das Lachen verstummte. Auch ich schaute nach unten. Tief beschämt erkannte ich, daß sich der Pulloverärmel hochgeschoben hatte und mein verbundenes Handgelenk sichtbar geworden war.
    »Haben Sie sich verletzt?«
    »Es ist nichts.« Er hielt mir die Hand hin. »Darf ich sehen?«
    Ich schob ihm vorsichtig die Hand hin und merkte dabei, wie mein Herz hämmerte und mein Gesicht brannte. Als seine Finger mich berührten, schoß die Hitze in mein Blut und raste durch meine Adern. Er ist mein Bruder, ermahnte ich mich. Wir haben denselben Vater. Er streifte den Ärmel zurück und sah die frischen Narben von Stichen und Verbrennungen. Sein Gesicht verfinsterte sich. »Was hat das zu bedeuten?«
    Ich berichtete ihm von meinem Balsam und wie ich prüfte, was wirkte und was nicht.
    »Guter Gott! Sie experimentieren an sich selbst herum?«
    »An wem sonst?«
    »Für eine verdammte Salbe?«
    Ich sah in Gideon Barclays Augen und hatte plötzlich den Wunsch, mein Herz auszuschütten. »Chinatown ist voll von Heilmitteln. Jeden Tag kaufen die Leute irgend etwas. Dabei wählen sie die Mittel, die ihnen am meisten versprechen. Aber was diese Arzneien versprechen, halten sie nicht. Sie leisten nicht das, was auf ihren Etiketten steht. Die Leute geben das Geld aus und gehen dann nach Hause, ohne daß sie geheilt werden. Die Mittel meiner Mutter können viele Beschwerden kurieren, aber wie kann ich die Menschen davon überzeugen, wenn sie an die Roter-Drache-Arzneien gewöhnt sind und ich neu in Chinatown und nur ein Mädchen bin?«
    Ich unterbrach mich, denn obwohl er mein Bruder war, war er mir doch fremd und außerdem ein Mann, und ich war es nicht gewöhnt, fremden Männern lange Reden zu halten. »Was ich will«, fügte ich bescheidener hinzu, »ist, ein Mittel zu finden, das sich jeder leisten kann und das allen nützt.«
    »Klingt ziemlich ehrgeizig.« Er sah wieder auf meinen Verband und runzelte die Stirn. »Trotzdem muß es einen besseren Weg als diese Selbstversuche geben. Wie kann Ihre Familie so etwas zulassen?«
    »Ich habe keine Familie.«
    Er starrte mich entsetzt an. »Lieber Gott, wollen Sie damit sagen, daß Sie ganz allein leben? Aber Sie können doch nicht älter sein als … wie alt sind Sie denn?«
    Sollte ich ihm die Wahrheit sagen – siebzehn? Oder, wie es in meinen Papieren stand, neunzehn?
    »Entschuldigung«, sagte er, bevor ich antworten konnte. »Ich hatte nicht das Recht, Sie zu fragen.« Er verstummte und betrachtete mich einen langen Augenblick, erst sehr ernsthaft, dann mit dem Ausdruck milder Ratlosigkeit. Ich merkte, wie meine eigene Miene von Schüchternheit zu Verwirrung

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