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Das Haus Der Schwestern

Das Haus Der Schwestern

Titel: Das Haus Der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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das hatte Victoria zu verantworten. Frances ...«
    »Oh, ich weiß! Die heilige Frances. Sie hat ihre Schwester gehaßt, da kannst du sagen, was du willst, und das nur, weil Victoria ihr mal irgendwann den Mann weggenommen hat. Himmel! Der Bessere gewinnt! So ist das eben!«
    »Frances hat viel getan für ihre Schwester. Sie hat sie immer mit durchgeschleppt. Es war Frances, die ihnen beiden das Erbe der Eltern, das Haus und das Land erhalten hat. Victoria hätte doch alles verkommen lassen!«
    Marjorie lächelte boshaft. »Frances hat dich weiß Gott nicht immer gut behandelt, aber im Zweifelsfall schlägst du dich stets auf ihre Seite. Vor allem, wenn es gegen Victoria geht! Weißt du, was ich glaube? Du haßt Victoria bis heute. Schließlich bist du dann ja auch mit ihr wegen eines Mannes zusammengerasselt, damals bei Kriegsende, und ...«
    Laura wurde blaß. »Das ist sehr lange her!«
    Der Kessel pfiff. Mit einer heftigen Bewegung schüttete sie das kochende Wasser durch das Sieb in die Kanne. Ein paar glühendheiße Spritzer trafen sie an der Hand, aber sie unterdrückte jeden Schmerzenslaut. Sie wollte Marjorie nicht zeigen, wie durcheinander sie war.
    »Ich habe dir das alles nicht erzählt, damit du jetzt ständig deswegen über mich herziehen kannst!« sagte sie verletzt.
    Marjorie gähnte. »Nun, ich war jedenfalls heilfroh, als ich von dort wegkam. Ich hatte immerzu Heimweh. Ich wollte dort einfach nicht sein.«
    »Es war besser als die Bomben hier in London.«
    »Deine Ansicht. Ich hätte mich mit den Bomben eher abfinden können.«
    Laura rührte nervös in dem Sieb herum, das in der Kanne hing. »Weißt du«, sagte sie, »ich würde gern noch einmal versuchen, in Westhill anzurufen. Vielleicht gibt es ja wieder eine Telefonverbindung.«
    »Muß das sein? Denk nur daran, wie teuer so ein Gespräch bis nach da oben ist!« nörgelte Marjorie sofort.
    »Ich bezahle es dir, ja? Wahrscheinlich komme ich sowieso nicht durch.«
    Laura war schon im Flur, wo das Telefon auf einem nachgemachten Biedermeiertischchen stand. Sie wählte die Nummer und merkte, daß sie den Hörer so fest umklammert hielt, als wollte sie ihn zerdrücken. Sie versuchte, ihre Muskeln ein wenig zu entspannen.
    Wie seit zwei Tagen schon erklang das Besetztzeichen. Hätte Laura aus Radio und Zeitung nicht gewußt, daß es in Nordengland über weite Landstriche hin keine Telefonverbindung mehr gab, wäre sie in Panik geraten. Sie hätte aus dem andauernden Besetztzeichen auf eine Tragödie geschlossen, ohne genau zu wissen, worin sie bestand. So aber wußte sie, was los war, und legte resigniert wieder auf.
    »Ich werde nie verstehen, weshalb man sich wegen eines alten Hauses so verrückt machen kann«, sagte Marjorie, als Laura in die Küche zurückkam. »Was glaubst du denn, was passiert? Deine Mieter können es schließlich nicht auf den Rücken packen und davontragen, oder?«
    »Ich könnte es verlieren«, erwiderte Laura leise. Sie probierte von ihrem Tee; er war so heiß, daß sie zusammenzuckte. »Und es ist alles, was ich habe.«
    »Ist es wieder das Geld?« fragte Marjorie. »Also ehrlich, ich verstehe nicht, weshalb du damit nie hinkommst. Ich kann dir nicht schon wieder ...«
    »Ich weiß«, sagte Laura.
    Sie setzte sich an den Tisch und stützte den Kopf in beide Hände.

    Sie war am frühen Morgen aus schwerem, traumlosen Schlaf erwacht. Sie war aufgestanden und ans Fenster getreten. Draußen hüllte noch Dunkelheit die Landschaft ein, aber es war nicht mehr eine sturmdurchwehte Nacht voller Wolken und Schnee; es war ein klarer, vollkommen stiller Morgen, klirrend kalt und mit einem Himmel voller Sterne. Wenn die Sonne aufging, würde sie die weiten Schneefelder in überwältigender Schönheit erstrahlen lassen.
    Obwohl es so frostig im Zimmer war, daß sie zitterte, blieb Barbara eine ganze Weile am Fenster stehen und starrte hinaus, ohne wirklich etwas zu sehen.
    Mit schmerzhafter Deutlichkeit erinnerte sie sich an den Vorfall um Mitternacht, als Ralph sie in der Küche umarmt hatte. Sie hatte nicht gewußt, woher ihr jähes Schreckensgefühl gerührt hatte in diesem Moment; aber nun, in der unbestechlichen Klarheit dieses Wintermorgens begriff sie, daß die Intensität seiner Gefühle sie geängstigt hatte, die Erkenntnis, daß er sie um nichts weniger liebte als an ihrem ersten Tag und daß die Entscheidung, wie es weitergehen sollte zwischen ihnen, bei ihr lag.
    »Wenn ich nur wüßte, was ich wirklich will«, murmelte

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